Auf dem Seeweg
13.-15.06.2014
Nach 5 Tagen umhertouren auf der Kenai Halbinsel bleiben die Bikes wieder für ein paar Tage in der Garage stehen. Der Asphalt soll vorerst durch Wasser abgelöst werden – unsere Gastfamilie nimmt uns mit auf einen 2-tägigen Segelboottrip. Den ersten Abend auf dem Boot verbringen wir noch im Hafen von Whittier. Whittier ist eine kleine Hafenstadt in Prince William Sound, deren Einwohner alle in einem einzigen Hochhaus wohnen. Es gibt also einen Hafen und ein Hochhaus, in dem sich neben den Wohnungen auch alle Geschäfte, Schule, Post usw. befinden.
Am folgenden Samstagmorgen ist es regnerisch und windig. Zum Glück haben wir die Motorradregenkombis mitgenommen, welche als „Ölzeug“ gut zu gebrauchen waren. Mit Motorkraft fahren wir zunächst in ruhigeres Gewässer. Wir steuern eine Steilklippe an, an der hunderte Seemöwen zwischen zwei Wasserfällen ungestört brüten und unter lautem Geschrei umherfliegen. Weiter geht es vorbei an Gletschern, welche leider nicht mehr direkt ins Meer kalben, da sie schon seit Jahrzehnten abschmelzen und sich auf das Land zurückziehen. Sie schimmern blau, was ein Zeichen für die hohe Dichte des Eises ist. Die kurzwelligen blauen Strahlen sind die einzigen, welche vom Eis reflektiert werden, alle anderen Farben werden vom dichten Eis absorbiert.
Nach einer Weile ist die See ruhig genug um die Segel auszufahren. Als der Motor aus ist, gleiten wir über das Wasser. Nach einer Weile holen wir das Segel jedoch aufgrund von Windmangel wieder ein und tuckern mit dem 25PS Motor weiter. Ich stelle mich vorne an den Bug und genieße die seichten Wogen und die sich langsam verändernde Landschaft. Wir halten Ausschau nach Buckelwalen und Orcas welche sich im Sommer hier aufhalten. Doch heute sind sie hier nicht anzutreffen. Dafür entdecken wir einige Seeotter. In ihrer Ausruhposition liegen sie im Wasser auf dem Rücken. Mit auf den Bauch gelegten Vorderbeinen und aus dem Wasser ragenden Füßen betrachten sie interessiert die Umgebung und unser näher kommendes Boot. Das sieht wirklich sehr putzig aus. Ab und an schaut auch ein Seelöwe neugierig aber schüchtern aus dem Wasser. Sobald man sie erspäht hat, tauchen sie auch schon wieder ab.
Nach ca. 3 Stunden Wasserfahrt erreichen wir die Hummer Bay. Das Ufer sieht aus wie in einem Märchenbuch. Wild aussehende Bäume, deren Wurzeln sich in skurrilen Formen die kleinen Steilufer herunterschlängeln, säumen den Rand der Bucht. Kleine Riffe, welche zahlreiche Muscheln und Meerespflanzen beherbergen, sind durch den niedrigen Wasserstand sichtbar. Im Hintergrund erstreckt sich der Märchenwald bis auf zwei Berge hinauf. Zwischen ihnen wird ab und an ein von weißen Wolken verhangener schneebedeckter Gipfel sichtbar. Blickt man zurück, sieht man den Ozean, welcher wiederum von weißen Bergen in der Ferne umsäumt ist. Es ist weit und breit kein Zeichen menschlicher Zivilisation sichtbar. Was für ein beeindruckender Ort.
Am morastigen, grasbewachsenen Ufer bauen wir später das Kajak auf. Gail hatte in der Woche zuvor extra noch ein paar Teile reparieren lassen. Nachdem Stephan und ich den wackeligen Einstieg geschafft haben, gleiten wir nun im Gleichtakt paddelnd übers Wasser. Das Ufer lässt sich nun noch viel besser aus nächster Näher begutachten. Möchte man dem Ganzen noch näher sein, müsste man schon schwimmen. Gail, Ann, Tim und Jack kommen mit dem kleinen Dinkey bzw. Schlauchboot hinterhergefahren und versorgen uns mit Trinkwasser und Müsliriegeln. Was für ein Service, sie meinen es wirklich zu gut mit uns. Wir paddeln hinaus auf die See, welche zum Glück recht ruhig ist und treffen uns an einem verlassenen Strand. Dort schlendern wir umher und begutachten das Strandgut. Der Abend klingt gemütlich auf dem Segelboot aus. Zu fünft (und Jack, der Hund), schlafen wir im Boot in der gut geschützten Bucht. Das Boot bewegt sich kaum und so wird auch niemand seekrank.
Nach Tims köstlichen Blaubeer Pancakes zum Frühstück fahre ich mit Ann nochmal mit dem Kajak raus. Wir entdecken Seesterne in unterschiedlichsten Größen, Farben und Formen mit 5 bis 15 Armen. Der größte hatte einen Durchmesser von ca. 30cm. Mit Tim unternehmen wir anschließend noch eine kleine Wanderung ins Hinterland. Es gibt hier keine Trails, also schlagen wir uns durch den Busch. Ab und an finden wir „Bear Poop“, welcher nicht all zu alt aussieht. Tim führt uns zu zwei kleinen Seen, welche wieder von diesem einzigartigen Märchenwald umgeben sind. Biber haben an dem abgehenden Fluss schon mehrere Staustufen angelegt. Solch riesige Biberdämme habe ich noch nie zuvor gesehen.
Alles in allem war es ein grandioser Bootsausflug in Landschaften, von denen ich noch oft träumen werde. Danke Gail, Ann, Tim und Jack, für diese wunderbare Zeit.
Posted in Alaska by Ulli