Dinosaurier – 75 Millionen Jahre vor unserer Zeit

08. bis 10. August

Bevor wir in die USA fahren haben wir noch ein Pflichtprogramm vor uns. Stephan ist quasi „im“ Dinosaurierpark von Kleinwelka aufgewachsen. Jeder der in Sachsen zur Schule gegangen ist, war mal in dem kleinen Ort (auch die kleine Ulli), in dem Franz Gruß zu DDR Zeiten aus eigener Hand lebensgroße Dinosauriermodelle geschaffen hat. In Drumheller gibt es nun einen „echten“ Dinosaurier Park. In dieser Region wurden so viele gut erhaltene Dinosaurier Skelette und Fossilien gefunden, wie an kaum einem anderen Ort auf der Welt. Das Royal Tyrrell Museum stellt eindrucksvoll die größte Sammlung vollständiger Skelette dieser Urzeitriesen zur Schau. Mehr als 70% der ausgestellten Knochen sind echt, der Rest sind exakte Replikate der Originale oder vereinzelt Rekonstruktionen. Wir verbringen mehr als 3 Stunden in der Ausstellung und begutachten Tyrannosaurus Rex, Elasmosaurus, Albertosaurus, Camarasaurus und viele weitere Wesen aus einem Land vor unserer Zeit. Rund 150 Kilometersüdöstlich befindet sich der Dinosaur Provincial Park, der Hauptausgrabungsort der 75 Millionen Jahre alten Überreste. Die Mitnahme von Fossilienfunden ist natürlich strengstens verboten. Zu schade, hätte ich mir doch gerne den Schädel eines Triceratops vors Motorrad geschnallt. Die Badlands, wie man diese lebensfeindlich aussehende Gegend auch nennt, bieten uns eine Art Landschaft, die wir vorher so noch nicht mit eigenen Augen gesehen haben.

Der Süden Albertas ist flach soweit das Auge reicht. Stürme ziehen hier so schnell auf, wie sie wieder verschwinden. Wir fahren gerade aus dem Dinosaur Provincial Park heraus, als wir am Horizont die dunklen Wolken bemerken. Es führt nur eine Straße aus dem Park, welche genau in diese Richtung führt. Wir machen uns schnellstmöglich auf die Suche nach einem Platz für unser Zelt, schließlich wollen wir es nicht im Regen aufbauen. Die Wolken kommen überraschend schnell näher, ebenso wie das Blitzlichtgewitter. Der Wind wird bald so stark, dass wir kaum die Spur halten können. Wir fahren inzwischen in Schräglage gerade aus. Die Situation wird ernst – das ist kein normaler Sturm. Unser Problem ist, dass wir nirgendwo abbiegen können, um dem Ungestüm auszuweichen. Ich spiele schon mit dem Gedanken zurück zum Park zu fahren, damit wir zumindest in der Rangerstation Unterschlupf finden, bis das Schlimmste vorbei ist. Die Windböen werden immer heftiger und der Himmel sieht aus als würden wir gleich vom schwarzen Loch verschluckt. Es ist kein guter Zeitpunkt, um auf dem Motorrad zu sitzen. Vielleicht schaffen wir es bis zum ersten Haus. Endlich – ein Farmhaus. Ich biege links ab und muss dafür nicht viel tun – der Wind drückt mich in die Einfahrt.

Wir stehen im Wohnzimmer der Familie und beobachten, wie der Hagelsturm über Haus und Hof niederprasselt. Die Hagelkörner haben einen Durchmesser von 1-2 Zentimetern. Später erfahren wir, dass im Nachbarort Fensterscheiben durchschlagen worden sind und Teile der Ernte auf den Feldern zerstört wurden. Krista, die seit ihrer Kindheit hier lebt, meint sie hätte hier noch nie einen solchen Sturm miterlebt. Wie damals in Fairbanks (regenreichster Sommer seit Wetteraufzeichnung) sind wir mal wieder Zeugen lokaler Wetterkuriositäten geworden.

Die Familie lädt uns zum Abendessen ein – John hat heute Geburtstag und so sind wir plötzlich Teil der kleinen Geburtstagsfeier. Wir kommen in den Genuss eines köstlichen hausgemachten Pellkartoffelsalat, dazu stellt sich jeder seinen Burger zusammen. Zum krönenden Abschluss gibt es frische Maiskolben aus Südkanada mit Butter und Salz, nicht zu vergessen die köstliche Eistorte. Die Gastfreundschaft ist außergewöhnlich – wir erzählen von unserer Reise und machen somit Kathy auf das SERVAS Programm aufmerksam. Prompt erklärt sie, dass sie gerne SERVAS Gastgeber werden möchte und wir geben ihr ein paar Informationen. Wir dürfen für zwei Nächte im Gästezimmer übernachten (Kathy hat uns quasi „verboten“ das Zelt aufzustellen). Die Familie hatte für den nächsten Tag schon einen Zooausflug nach Calgary geplant, daher haben wir sie erst leider spät am Abend wieder gesehen. Wir haben uns den Tag mit Wandern im Dinosaur Provincial Park vertrieben und waren im Anschluss noch im Saloon des Ortes Patricia (nennen wir es Dorfkneipe) eine Cola mit Eis schlürfen. Johns Vater ist wohl vor langer Zeit mal mit dem Pferd durch die Eingangstür geritten und außerdem ist es der Ort an dem sich Kathy und John vor circa 30 Jahren kennengelernt hatten. Solchen Geschichten lauschen wir natürlich gern.

Die Fahrt in Richtung Süden erscheint zunächst langweilig, da es über Flachland lange Strecken geradeaus geht. Doch bald fühlt es sich an wie im Sattel durch die Landschaft zu fliegen. Es gibt nicht viele Dinge auf die man achten muss. Gegenverkehr und Hindernisse sind selten und man sieht alles schon von weitem. Der Fahrtwind kühlt angenehm im Gesicht und langsam ziehen Seen, Felder und Kühe an uns vorbei. Der Blick in die weite Ferne hat eine beruhigende Wirkung.


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