„More Than Compassion“

07. / 08. April 2015
 
In Huehuetenango, einer Stadt in den Bergen im Norden Guatemalas, besuchten wir den Einheimischen Carlos, den wir über die Online-Platform Couchsurfing kennengelernt hatten. Er erzählt uns nach einiger Zeit, dass er gelegentlich bei einem Waisenhaus aushilft. Auf unsere Nachfrage hin willigte er ein, mit uns gemeinsam dem Haus einen Besuch abzustatten. So fuhren wir mit unseren Motorrädern zum Waisenhaus „Fundación Salvación“ und lernten für kurze Zeit das Innenleben dieser Einrichtung kennen. Rings um einen großen Innenhof mit Spiel- und Sportplatz sind die Gebäude zur Beherbergung der derzeit 107 Kinder im Alter von wenigen Monaten bis zu 18 Jahren angeordnet. Dazu zählen die verschiedenen Schlafsäle für Jungen und Mädchen, eine Küche mit Essraum, ein Büro und Aufenthaltsräume. Nach außen hin ist durch Mauern und ein großes Tor alles abgeschottet. Trotz den Bemalungen an den Wänden wirkt der Ort trist und ein wenig wie ein Gefängnis, wenn man bedenkt, dass sich die Kinder hier den größten Teil ihres Lebens aufhalten und nur für den Schulbesuch und nur für wenige andere Gelegenheiten Ausgang haben.
 
Carlos erzählt uns, dass es sehr schwierig ist, den Kindern Verhaltensregeln und respektvollen Umgang miteinander, sowie gegenüber Erwachsenen beizubringen. Die einzigen Autoritätspersonen die sie haben, sind die Lehrer und Aufsichtspersonen. Ziemlich schnell merken die Kinder, dass sie von diesen Personen keine schlimmen Strafen zu befürchten haben und tanzen daher den Lehrern auf der Nase herum. Ohne eine emotionale Bindung, wie sie Kinder normalerweise zu Eltern haben und daher aus Angst vor „Liebesentzug“ gehorsam sind, ist es schwierig, Kinder zu erziehen.
 
Die Kinder sind zunächst schüchtern als sie uns mit den Bikes erblicken und betrachten uns aus sicherer Entfernung. Nach einiger Zeit bricht jedoch das Eis und die Kinder klettern die Bikes rauf und runter. Kein Knopf oder Schalter ist mehr sicher und sämtliche Funktionen müssen überprüft werden. Sie grinsen uns mit ihren verschmitzten Gesichtern an und machen allerlei Faxen.
 
Wir entschließen uns dazu das Projekt in die Datenbank der Stiftung für Helfer aufnehmen zu lassen und einen Teil unser bisher gesammelten Spendengelder hier abzuzweigen. Es mangelt sowohl an einfachen Dingen wie Zutaten für eine ausgewogene Ernährung, aber auch an Möglichkeiten um den Kindern Abwechslung oder Aktivitäten anbieten zu können. Für das Problem mit der ausgewogenen Ernährung muss eine dauerhafte Lösung gefunden werden, unser Beitrag wäre hier nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Daher entscheiden wir uns für eine nachhaltige Sachspende, um den Kindern Aktivitäten außerhalb ihres tristen Alltags zu ermöglichen: Es gibt einige kaputte Fahrräder die nicht mehr genutzt werden können, weil die erforderlichen Ersatzteile fehlen. Im lokalen Fahrradgeschäft kaufen wir mit Carlos verschiedene Teile, um sie wieder fahrtüchtig zu machen: Pedale, Bremsklötze, Schläuche, Mäntel, Ketten, Felge, Flickzeug usw. Einem Fahrradausflug zum Schwimmbad steht somit nichts mehr im Weg.
 
An einem andern Tag besuchen wir die Grundschule „Colegio Bilingüe Esperanza“, in der die Waisenkinder bilingual unterrichtet werden. Die Schule steht ebenso wie das Waisenhaus unter dem Dach der Non-Profitorganisation „More than Compassion“, was so viel bedeutet wie „mehr als nur Mitleid“. Die Gründer der Organisation sind davon überzeugt, dass einer zerstörten Welt nur geholfen werden kann, wenn dem Mitleid auch Taten folgen.
 
In der Englischstunde in der 2. Klasse halten wir eine kleine Präsentation über unsere bisherige Reise ab. Am Globus zeigen wir die bereisten Länder und unser Heimatland und einige der Kinder können uns auf der Weltkugel sogar zeigen, wo ihr Heimatland Guatemala liegt. Den Kindern fällt es sichtlich schwer still zu sitzen. Die US-amerikanische Lehrerin muss immer wieder zu Ruhe und Ordnung ermahnen und leider zwischendurch auch ein Kind aus dem Klassenzimmer schicken. Der Alltag für die Lehrer hier ist extrem anstrengend und nervenaufreibend. Sie sind hier aus Überzeugung, doch hätten auch sie sich die Arbeit im Vorhinein nicht so hart vorgestellt, wie sie tatsächlich ist.
 
Nach dem Schulbesuch gehen wir zurück zum Waisenhaus und erleben das Geschehen im Speisesaal zum Mittagessen mit: Es gibt Reis mit ein paar wenigen, undefinierbaren Stückchen Fleisch, etwas Sauce und dazu trockenen grünen Salat mit zwei Gurkenscheibchen. Laut Carlos wird die Kost nicht sonderlich abwechslungsreicher. Die Kinder erkennen uns wieder und machen mal wieder Späße und Unsinn während des Essens.
 
Dann ist es Zeit sich zu verabschieden und wir verlassen einen dieser Orte, die es eigentlich auf unserer Welt nicht geben sollte. Über die Schicksale der einzelnen Kinder haben wir nicht viel erfahren können, doch es ist klar, dass jedes von ihnen aus einem traurigen Anlass heraus hier ist. Wir stimmen wir dem Grundsatz von „More than Compassion“ zu: nur Mitleid zu haben hilft nicht, wir müssen auch aktiv etwas dafür tun, um die Situation zu verbessern.
 
Mehr Informationen und Links zur Webseite der Organisation „More Than Compassion“:
http://morethancompassion.org/fundacion-salvacion
http://www.fundacionsalvacion.org
https://www.facebook.com/fundacionsalvacion
https://www.stiftung-fuer-helfer.de/projekt/compassion-fundacion-salvacion/
 
Wer uns ermöglichen möchte, weitere solcher Projekte während unserer Reise zu unterstützen, findet das Spendenkonto und weitere Informationen unter diesem Link:
http://www.krad-wanderer.de/hilfsprojekte/
 


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