You have to think like a cow – Teil 1

Unsere Zeit auf einer Ranch in Montana
 
Tag 1 – Do, 28.08.2014
 
Wir fahren über den Beartooth Pass aus dem Yellowstone Nationalpark heraus und befinden uns hinter den Bergen plötzlich im Ranch- und Weideland Montanas. Rinderherden grasen auf großen Weideflächen und ab und an erblickt man zwischen ihnen einige Pferde. Wir fahren vorbei an rustikalen Farmhäusern und Ranch-Einfahrten, die eine gewisse Cowboy-Romantik entstehen lassen. Hier werden wir uns eine Weile aufhalten: Gail, unsere erste SERVAS Gastgeberin aus Anchorage, hatte uns den Kontakt zu ihrem Bruder vermittelt, welcher hier mit seiner Familie eine Ranch betreibt.
 
In der Abendsonne suchen wir nun die richtige Hausnummer auf der langen kurvenreichen Straße. Das Hausnummernsystem in den ländlichen Gebieten der USA folgt seiner eigenen Logik, die wir noch nicht erkannt haben und das Navigationssystem sowieso nicht. So fahren wir zum Teil im Schritttempo an den einsamen Briefkästen vorbei, um nach der richtigen Nummer zu suchen. Hoffentlich schaffen wir es noch vor Sonnenuntergang, denn im Land der bewaffneten Selbstverteidigungsexperten möchten wir nicht im Dunkeln aus Versehen auf den falschen Hof fahren. Nach einigen Meilen auf dieser Straße werden wir fündig. Wir biegen auf die Schottereinfahrt ab, die Gatter sind offen, die Stangen des „cattle stops“ (im Boden eingelassenes Gitter, welches Vieh nicht übersteigen würde) klappern unter unseren Reifen. Wir befinden uns nun zwischen verschiedenen Landmaschinen und Scheunen und suchen das Haupthaus. Wir entdecken es hinter dem Creek (Fluss) und überfahren die einspurige Brücke. Es ist niemand da. Plötzlich ertönt Hundegebell: zwei Hunde rennen auf uns zu. Sie scheinen uns als harmlos eingestuft zu haben, denn sie schmeißen sich vor uns auf den Boden und wollen gekrault werden. Wir wandern auf dem Hof herum und warten. Dann biegen zwei Pick Up Trucks mit großen Anhängern in die Einfahrt.
 
„Ooly?“, „Steven?“ Roger springt aus dem Truck und begrüßt uns lachend – ok, wir haben die richtige Ranch erwischt. Wir schütteln kurz die Hände und dann helfen wir Roger, die Viehgatter vom Trailer zu heben. Nun geht es gleich zur Sache: die nächsten Kühe müssen mit ihren Kälbern für den Transport zu einer saftigeren Weide in den Trailer verladen werden. Die Kälber müssen vor dem Winter möglichst viel Gewicht gewinnen. Im Gatterlabyrinth sortieren wir sie vor und leiten sie durch taktisches auf öffnen und schließen der Tore in den Trailer. „You have to think like a cow“ ruft Roger zu uns rüber, „then you know how to work with them“. Eine Kuh mag natürlich nicht freiwillig in einen dunklen engen Anhänger gehen. Am Ende müssen wir sie mit abgerundeten Plastikstöcken in den Hintern stupsen. Für hartnäckige Fälle gibt es auch Stöcke mit Elektronenfluss, von denen man aber nur selten Gebrauch macht. Bis in die Nacht sind wir mit Roger und seiner Frau Janet beim „Cow-Hauling“ (Kuhtransport) beschäftigt und versuchen uns nützlich zu machen. Ich fahre mit Janet im Ford F350, Stephan fährt mit Roger im Ford F450 (beide Fahrzeuge haben jeweils einen 6.3 Liter Dieselmotor) und so erfahren wir jeweils Interessantes über das Farmleben und lernen unsere Gastgeber ein wenig kennen.
 
Auf der letzten Rückfahrt rennt im Dunkeln ein Hirsch vor den Truck von Roger und Stephan und prallt gegen die Front. Es hat wohl mehrmals gerumpelt, doch am angebauten Stahl-Stoßfänger war später nicht einmal eine Schramme zu sehen. Ein „normales“ Auto hätte bei solch einem Zusammenstoß einen Totalschaden gehabt. Im Dunklen leuchten hier in der Gegend viele Augen im Scheinwerferlicht auf, weswegen wir Fahrten in der Dämmerung und bei Nacht mit den Motorrädern vermeiden. Es gibt ein spätes Abendessen: Rindfleisch, Kartoffelbrei und Möhrengemüse. Es schmeckt lecker und tut gut. Ein aufziehender Sturm bringt ein Blitzlichtgewitter mit sich, doch nach diesem erlebnisreichen Tag schlafen wir schnell ein, obwohl wir gern noch die Blitze fotografiert hätten.
 
 
Tag 2 – Fr, 29.08.2014
 
Wir beginnen den Tag damit Kühe zu sortieren, denn noch sind nicht alle Kühe auf der neuen Weide. Roger sucht jeweils ein Paar, Kuh und Kalb, heraus und versucht sie von der Herde zu trennen. Unsere Aufgabe ist dann diese am Zurückkehren zur Herde zu hindern, durchs Gatter zu treiben und die anderen Kühe daran zu hindern nachzukommen. Nr. 501, ein Jungbulle, war besonders hartnäckig und ließ sich nicht so schnell vertreiben. Im nächsten Arbeitsschritt trennen wir die Kühe von den Kälbern. Dann werden die Kühe in den größeren Trailer geladen, die Kälber in den kleineren und gemeinsam zur anderen Weide gefahren. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass das Kalb immer mit seiner Mutter, von der es noch gesäugt wird, auf der gleichen Weide ist. Es gibt ein paar Unterbrechungen an diesem Tag: der F450 Diesel ist trocken gefahren: der Kraftstofffilter muss gewechselt werden. Dieser liegt natürlich zu Hause, also müssen wir in einem Truck zurück fahren.
 
Zum Mittagessen werden wir von Roger und Janet in ein liebevoll im Cowboy-Stil eingerichteten Cafe in dem kleinen Ort Roberts eingeladen. Nach einem Cheeseburger mit Pommes und Tator Tots (Kartoffelecken) geht die Arbeit weiter. Wieder zurück auf der Ranch entdecken wir, dass einige Kühe einen Zaun überrannt haben. Bevor noch mehr Kühe ausbrechen, wollen wir sie zurücktreiben und in ein anderes Gatter sperren. Wir versuchen also gemeinsam mit Roger die Kühe einzukreisen und zurück zum Hof zu leiten. Beim ersten Versuch rennen sie an uns vorbei zur anderen Seite des Feldes. Also machen wir uns auf den Weg zur anderen Seite. Da die Tiere bereits in höchster Aufmerksamkeitsstufe sind, gefällt ihnen auch diese Annäherung nicht. Sie laufen weiter den Berg hinab. Um sie dort abzufangen bewegen wir uns eiligen Schrittes dorthin. Das war zu viel. Die kleine Herde verfällt in Panik und die ersten Tiere beginnen einen schon etwas durchhängenden Stacheldrahtzaun zu überspringen. Von weitem beobachten wir beschämt unser eigens angerichtetes Desaster. Schnell laufen sie auf das Nachbarfeld und sind bald hinterm Hügel verschwunden. Wir fühlen uns wie die letzten Großstadttrottel und gehen mit gesenktem Kopf zurück. Wir haben eben nicht wie Kühe gedacht. Roger und Janet satteln schon die Pferde. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen sie endlich wieder hinterm Berg hervor und die Kühe trotten zurück in den Verschlag. Weiter geht es mit dem Kuhtransport. Hoffentlich können wir nun wieder mehr helfen als Schaden anzurichten.
 
Als wir abends alle zurück zum Haus kommen, warten bereits die beiden Hunde Tom und Jerry auf uns. Im Küchenlicht erblicken wir das Übel: Jerry hat in ein Stachelschwein gebissen und schaut beschämt zu uns rüber. Seine Schnauze ist voller Stacheln. Es sieht zunächst lustig aus, doch die darauf folgende Prozedur ist alles andere als das. Während Roger und Stephan den Hund festhalten, versuche ich mit einer Zange die Stacheln zu greifen und aus dem empfindlichen Maul zu ziehen, Stachel für Stachel, circa 15-20 Stück. Ich habe noch nie einen Hund so vor Schmerz und Angst jaulen hören und zittern sehen. Es wird zur Tortur, denn Jerry windet sich mit allen Kräften und es fällt immer schwerer ihn festzuhalten und die Stacheln zu greifen. Nun kommt auch noch Janet zu Hilfe, sodass wir zu viert damit beschäftigt sind, den Hund von den fiesen Dingern mit den kleinen Widerhaken zu befreien. Tom versucht seinem Bruder beizustehen. Er weiß genau was los ist, hat er doch selbst schon Bekanntschaft mit einem Stachelschwein gemacht. Nach diesem aufwühlenden Erlebnis zaubert uns Janet wieder ein reichhaltiges Abendbrot und dann geht es ab ins Bett.
 
 
Tag 3 – Sa, 30.08.2014
 
Nach dem letzten Kuhtransport machen wir uns an den Reifenwechsel. Die Heidenau K60 Scout Hinterradreifen sind nach 12.000km nun doch recht abgenutzt und so haben wir uns über das Internet neue Reifen bestellt. Im alten Pferdestall geht es zur Sache: mit Hilfe von C-Clamps (Schraubzwingen) zwingen wir die alten Reifen von der Felge, wobei uns Roger wie selbstverständlich tatkräftig unterstützt. Diesmal klappt alles und wir freuen uns über zwei Motorräder, die wieder etwas mehr Profil auf dem Hinterradreifen haben. Am Abend zeigt uns Roger einen seiner Lieblingsfilme: „The Sound of Music“. So sitzen wir also in Montana neben einem echten Cowboy auf dem Sofa und schauen uns ein Filmmusical aus den 50ern an, welches in den österreichischen Alpen spielt. Dies gehört auch zu den Momenten, die wir so schnell nicht vergessen werden.
 
 
Tag 4 – So, 31.08.2014
 
Nach dem Motorölwechsel an unseren Bikes, den wir wieder im Pferdestall durchführen, instruiert uns Roger im Heuballen-Transport. Sein F450 hat eine spezielle hydraulische Vorrichtung mit der man zwei Heuballen (je ca. 600kg) verladen kann. So sammeln wir die nächsten Tage viele davon vom Feld und legen sie in langen Reihen ab. Die Hunde rennen ab und zu neben dem Truck her und wir hören nebenbei einem Radiosender zu, der amerikanische Musik aus den 70ern und 80ern spielt. Die Sonne zaubert hinter den Regenwolken einen Regenbogen in den Himmel und wir freuen uns schon auf die Meatballs zum Abendbrot.
 
 
Tag 5 – Mo, 01.09.2014
 
Wir sammeln wieder Heuballen ein bis es zum 11 Uhr Imbiss Ice Cream mit Schokoladensauce gibt. Danach machen wir uns daran die Pferde zu satteln. Gemeinsam mit Roger machen wir unseren ersten Ausritt. Es ist so lange her, dass ich mal auf einem Pferd saß und für Stephan war es abseits einer Ponyrunde das erste Mal. Die Pferde werden normalerweise zum Kühe treiben genutzt und sind es daher gewohnt, sobald sie auf das Feld kommen, los zu galoppieren. Um zu vermeiden, dass sie mit uns beiden unerfahrenen Reitern durchgehen, hält sie Roger von seinem Pferd aus zunächst am langen Seil. Die Westernsattel sitzen sich angenehm, schließlich sitzen die Cowboys stundenlang auf dem Pferd und müssen damit arbeiten. Wir reiten über das Feld und später zweimal durch den Creek (Fluss). Das Wasser steht den Pferden bis zum Bauch, sie stolpern etwas hinein und ich sehe uns schon fast schwimmen, doch sie finden ihren Weg. Mit dem Motorrad wäre das schon schwieriger geworden. Zurück an der Scheune, frage ich ob wir innerhalb des Zaunes noch etwas reiten dürfen (ohne Leine) – ich möchte ausprobieren wie ich das Pferd lenken kann und zumindest mal in den zweiten Gang (Trab) schalten. Später nimmt mich Roger nochmal mit aufs Feld und wir probieren den 3. Gang aus. Ich habe vergessen wir anstrengend es ist, sich beim Galopp im Sattel zu halten, besonders wenn man nicht geübt darin ist. Anfangs plumpse ich nur so in den Sattel zurück – was nicht gut ist für Rücken von Pferd und Reiter – später bessert es sich etwas, doch es ist immer noch etwas krampfig. Eine Pferdestärke unterm Hintern unter Kontrolle zu halten ist schwieriger als unsere gewohnten 48 auf zwei Rädern. Auch gibt es keine Kupplung um den Kraftfluss zu trennen, geschweige denn einen Not-Aus-Schalter.
 
Nach dem Reitausflug geht’s zurück aufs Feld zum Traktor fahren. Nach einer kurzen Einweisung im Fahrerhaus, einschließlich der Bedienung des angehangenen Rechens, springt Roger aus dem Traktor und ruft noch zu mir rüber „don’t panic“ – ich verstehe aufgrund der lauten Motorengeräusche sowas wie „don’t pin it“ – was auch Sinn macht, denn mit dem Rechen kann man nicht zu eng um die Kurve fahren, da er sich sonst verkeilen würde. Für jede Wendung muss ich den Rechen hochfahren. Mit der Aufgabe, das geschnittene Heu auf dem Feld von zwei Reihen zu einer zusammenzuführen und dabei den Rechen nicht in den Boden zu „pinnen“, zuckle ich in immer enger werdenden Rechtecken übers Feld. Die Heuballenmaschine hat es dann später einfacher zum Aufsammeln. Roger produziert mit der Heuballenmaschine immer mehr Heuballen und Stephan sammelt diese dann mit dem F450 ein. Es macht Spaß in so einer großen Maschine übers Feld zu ackern, doch wer weiß wie lange es dauern würde, bis einem das über ist. Nach getaner Arbeit ist die Sonne fast weg, wir reiten noch ein kleines Stück und satteln danach die Pferde ab.
 
 


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Head-Smashed-In Buffalo Jump

10. August

Head-Smashed-In Buffalo Jump ist ein Ort, welcher Jahrtausende lang ein Schauplatz gewaltiger Ereignisse war: Die Plain Indians nutzten diese Klippe, um ganze Bisonherden hinunterzustürzen und sich somit Nahrung zur Überwinterung und Material für Tipis und Gebrauchsgegenstände zu sichern.
Heute ist es ein Weltkulturerbe mit integriertem Museum, welches die Lebensweise der Indianer und den Ablauf der großen Bisonjagden näher bringt (Bison = engl. bison / buffalo). Die Klippe selbst sieht nicht besonders spektakulär aus, doch die eigene Fantasie führt zu Vorstellungen, die einem den Schauer über den Rücken laufen lassen. Es ist bemerkenswert, mit welch ausgefeilter Taktik die Ureinwohner Amerikas vorgegangen sind. Sie nutzen den Schutzinstinkt und den Herdentrieb der Tiere: Sobald ein Kalb von der Herde getrennt und von Raubtieren bedroht wird, rennt die Herde los und umzingelt das Kalb zu dessen Schutze. Ein besonders mutiger Indianer, tarnt sich mit einem Bisonfell und imitiert ein „verlorenes Kalb“. Indianer im Wolfspelz drohen das „Kalb“ anzugreifen. Die Herde setzt sich in Bewegung und rennt auf das Kalb zu. Der Kalb-Indianer läuft nun quasi um sein Leben in Richtung Klippe. Die Herde rennt hinterher und wird von Leitbahnen, die aus Felsen und Astwerk in tagelanger Vorbereitung gesteckt wurden, in Richtung Klippe geleitet, weiter getrieben durch die „Wölfe“. Erst kurz vor Erreichen des Abgrundes springt der Kalbs-Indianer zur Seite, doch für die massigen Tiere gibt es kein Halten mehr. Zu Hunderten stürzen sie hinunter. Am Fuße des Abgrundes warten auf überlebende Tiere die tödlichen Pfeile und Axthiebe weiterer Indianer. Es bleibt nicht viel Zeit um den Jagderfolg zu feiern. Um das Fleisch nicht verkommen zu lassen, werden die Tiere direkt im Camp vor Ort gehäutet, ausgenommen und verarbeitet. Diese Szenerie des Massenschlachtens muss schauderhaft gewesen sein, für damalige Menschen in dieser Region war es jedoch ein überlebenswichtiges Ereignis. Die Körper der Bisons wurden bis zum letzten Teil verwertet. Neben dem Fleisch hat man über 80 weitere Verwendungen der Körperteile gefunden: aus dem Huf gewann man Leim, das Horn wurde zu Trinkgefäßen und Werkzeugen verarbeitet, die Blase diente als Wassersack, mehrere Häute wurden zu einer Tipiwand zusammengenäht, das Fell wurde zu Kleidung usw.. Von keiner zweiten Jagdkultur der Erde ist bekannt, soviel „Beute“ auf einmal gemacht haben zu können und soviel Nutzen aus dieser zu ziehen.

Der Legende nach wollte ein junger Indianer sich das Schauspiel ganz aus der Nähe ansehen und stellte sich unter den Vorsprung der Klippe. Dabei wurde er von einem herabstürzenden Tier erfasst und sein Kopf wurde zerschmettert. Daher kommt der Name „Head-Smashed-In“ Buffalo Jump. Es gibt noch viele weitere durch Knochenfunde nachgewiesene Buffalo Jumps, doch dieser ist der bekannteste.

Im 19. Jahrhundert wurden aus purem Spaß am Töten, zur Nutzung der Bisonknochen zur Herstellung von Dünger und Schießpulver (für den ersten Weltkrieg), Millionen von Bisons abgeschlachtet. Damit wurde gleichzeitig den Indianern eine der wichtigsten Lebensgrundlagen genommen, was die Neueroberer als positiven Nebeneffekt empfanden. Die Indianer waren ohnehin lästig, wenn es um Vereinnahmung von Land und Bodenschätzen ging und so konnte man sie tiefgreifend ihrer Lebenskultur berauben. Innerhalb von zehn Jahren, hat es „der Weiße Mann“ geschafft, den Artbestand von circa 50 Millionen Tieren auf unter 1000 (eintausend!) Individuen zu reduzieren. Heute leben wieder einige hunderttausend Tiere, die alle von diesen Überlebenden abstammen, aber teilweise domestiziert oder mit Rind gemischt worden sind.

In der Abendsonne machen wir uns auf die Suche nach einem Platz für unser Zelt und stehen wieder vor dem Problem von Privateigentum umgeben zu sein. Wir biegen in der Nähe des Buffalo Jumps in eine Einfahrt und fragen einfach mal nach, ob wir auf der Wiese das Zelt aufstellen dürfen. Wir haben Glück. Die Junge Familie lädt uns gleich zu einem erfrischendem Kaltgetränk und einem saftigen Rindersteak ein. Sie haben gerade Besuch von zwei Freunden aus der Umgebung und so verbringen wir einen gemütlichen Abend. Die beiden Kinder und die vier Hunde sorgen für Spaß und Abwechslung. Am nächsten Morgen rücken wir Stephan mit der Haarschneidemaschine zu Leibe, da ihm langsam unter der Matte etwas zu warm wird.


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Dinosaurier – 75 Millionen Jahre vor unserer Zeit

08. bis 10. August

Bevor wir in die USA fahren haben wir noch ein Pflichtprogramm vor uns. Stephan ist quasi „im“ Dinosaurierpark von Kleinwelka aufgewachsen. Jeder der in Sachsen zur Schule gegangen ist, war mal in dem kleinen Ort (auch die kleine Ulli), in dem Franz Gruß zu DDR Zeiten aus eigener Hand lebensgroße Dinosauriermodelle geschaffen hat. In Drumheller gibt es nun einen „echten“ Dinosaurier Park. In dieser Region wurden so viele gut erhaltene Dinosaurier Skelette und Fossilien gefunden, wie an kaum einem anderen Ort auf der Welt. Das Royal Tyrrell Museum stellt eindrucksvoll die größte Sammlung vollständiger Skelette dieser Urzeitriesen zur Schau. Mehr als 70% der ausgestellten Knochen sind echt, der Rest sind exakte Replikate der Originale oder vereinzelt Rekonstruktionen. Wir verbringen mehr als 3 Stunden in der Ausstellung und begutachten Tyrannosaurus Rex, Elasmosaurus, Albertosaurus, Camarasaurus und viele weitere Wesen aus einem Land vor unserer Zeit. Rund 150 Kilometersüdöstlich befindet sich der Dinosaur Provincial Park, der Hauptausgrabungsort der 75 Millionen Jahre alten Überreste. Die Mitnahme von Fossilienfunden ist natürlich strengstens verboten. Zu schade, hätte ich mir doch gerne den Schädel eines Triceratops vors Motorrad geschnallt. Die Badlands, wie man diese lebensfeindlich aussehende Gegend auch nennt, bieten uns eine Art Landschaft, die wir vorher so noch nicht mit eigenen Augen gesehen haben.

Der Süden Albertas ist flach soweit das Auge reicht. Stürme ziehen hier so schnell auf, wie sie wieder verschwinden. Wir fahren gerade aus dem Dinosaur Provincial Park heraus, als wir am Horizont die dunklen Wolken bemerken. Es führt nur eine Straße aus dem Park, welche genau in diese Richtung führt. Wir machen uns schnellstmöglich auf die Suche nach einem Platz für unser Zelt, schließlich wollen wir es nicht im Regen aufbauen. Die Wolken kommen überraschend schnell näher, ebenso wie das Blitzlichtgewitter. Der Wind wird bald so stark, dass wir kaum die Spur halten können. Wir fahren inzwischen in Schräglage gerade aus. Die Situation wird ernst – das ist kein normaler Sturm. Unser Problem ist, dass wir nirgendwo abbiegen können, um dem Ungestüm auszuweichen. Ich spiele schon mit dem Gedanken zurück zum Park zu fahren, damit wir zumindest in der Rangerstation Unterschlupf finden, bis das Schlimmste vorbei ist. Die Windböen werden immer heftiger und der Himmel sieht aus als würden wir gleich vom schwarzen Loch verschluckt. Es ist kein guter Zeitpunkt, um auf dem Motorrad zu sitzen. Vielleicht schaffen wir es bis zum ersten Haus. Endlich – ein Farmhaus. Ich biege links ab und muss dafür nicht viel tun – der Wind drückt mich in die Einfahrt.

Wir stehen im Wohnzimmer der Familie und beobachten, wie der Hagelsturm über Haus und Hof niederprasselt. Die Hagelkörner haben einen Durchmesser von 1-2 Zentimetern. Später erfahren wir, dass im Nachbarort Fensterscheiben durchschlagen worden sind und Teile der Ernte auf den Feldern zerstört wurden. Krista, die seit ihrer Kindheit hier lebt, meint sie hätte hier noch nie einen solchen Sturm miterlebt. Wie damals in Fairbanks (regenreichster Sommer seit Wetteraufzeichnung) sind wir mal wieder Zeugen lokaler Wetterkuriositäten geworden.

Die Familie lädt uns zum Abendessen ein – John hat heute Geburtstag und so sind wir plötzlich Teil der kleinen Geburtstagsfeier. Wir kommen in den Genuss eines köstlichen hausgemachten Pellkartoffelsalat, dazu stellt sich jeder seinen Burger zusammen. Zum krönenden Abschluss gibt es frische Maiskolben aus Südkanada mit Butter und Salz, nicht zu vergessen die köstliche Eistorte. Die Gastfreundschaft ist außergewöhnlich – wir erzählen von unserer Reise und machen somit Kathy auf das SERVAS Programm aufmerksam. Prompt erklärt sie, dass sie gerne SERVAS Gastgeber werden möchte und wir geben ihr ein paar Informationen. Wir dürfen für zwei Nächte im Gästezimmer übernachten (Kathy hat uns quasi „verboten“ das Zelt aufzustellen). Die Familie hatte für den nächsten Tag schon einen Zooausflug nach Calgary geplant, daher haben wir sie erst leider spät am Abend wieder gesehen. Wir haben uns den Tag mit Wandern im Dinosaur Provincial Park vertrieben und waren im Anschluss noch im Saloon des Ortes Patricia (nennen wir es Dorfkneipe) eine Cola mit Eis schlürfen. Johns Vater ist wohl vor langer Zeit mal mit dem Pferd durch die Eingangstür geritten und außerdem ist es der Ort an dem sich Kathy und John vor circa 30 Jahren kennengelernt hatten. Solchen Geschichten lauschen wir natürlich gern.

Die Fahrt in Richtung Süden erscheint zunächst langweilig, da es über Flachland lange Strecken geradeaus geht. Doch bald fühlt es sich an wie im Sattel durch die Landschaft zu fliegen. Es gibt nicht viele Dinge auf die man achten muss. Gegenverkehr und Hindernisse sind selten und man sieht alles schon von weitem. Der Fahrtwind kühlt angenehm im Gesicht und langsam ziehen Seen, Felder und Kühe an uns vorbei. Der Blick in die weite Ferne hat eine beruhigende Wirkung.


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Kananaskis Country – von der letzten Wildnis in die Millionenstadt

02. bis 05. August

Irgendwo in Banff NP waren wir mit einem älteren Ehepaar aus England ins Gespräch gekommen. Sie gaben uns den Tipp ins Kananaskis Country zu fahren. Diese Region der Rocky Mountains liegt südlich von Banff, ist ähnlich schön und gebührenfrei. Wir fahren von Canmore aus eine Bergstraße hoch und bald geht die Asphaltstraße in eine Gravelroad (Schotterpiste) über. Es ist schonfast 18:00 Uhr und irgendwie haben wir beide keine so rechte Lust auf Schotter, zumal dieser hier recht tief war und sich sehr schwammig fahren ließ. Nach einigen Meilen stoppen wir und entscheiden uns zurück zu fahren. Es war wohl eine psychologische Sache, denn wir sind sonst solche Strecken ohne größere Probleme gefahren. Wir fühlten uns einfach unsicher, vielleicht aus Müdigkeit oder weil wir nicht darauf eingestellt waren und einfach nur unser Lager aufschlagen wollten. Es wird immer später und später und überall sind Schilder mit „Campen verboten“. Wir landen in einem kleinen Kaff und fragen den einzigen Menschen den wir dort antreffen, ob wir hinter seinem Haus unser Zelt aufschlagen dürfen. Er hat nichts dagegen, die Wiese gehört ohnehin zur Schule des Ortes. Zum Glück ist Samstag. Erleichtert fallen wir in die Schlafsäcke.

Morgens geht es wieder zurück ins Kananaskis Country. Wir fahren an verschiedenen Bergen mit interessanten Felsformationen vorbei und halten dabei nach geeigneten Plätzen für das Zelt Ausschau. An der einzigen Straße gibt es keine Möglichkeiten, denn an den Rest Areas stehen wieder überall Verbotsschilder und die Campingplätze sind voll, da wir in Kanada ein langes Wochenende mit Feiertag haben. Schließlich finden wir eine kleine Einfahrt in den Wald, kurz vor dem „Mist Creek“. Die kleine Einfahrt ist gerade lang genug, sodass man unser Zelt von der Straße aus kaum sehen kann. Es erscheint uns zunächst nicht als idealer Zeltplatz, da auch der nächste Fluss recht weit weg ist, doch am Ende bleiben wir dort für 3 Nächte. Am zweiten Tag unternehmen wir eine Wanderung entlang des „Mist Creek Trails“. Wir wandern 3 Stunden durch den dichten Wald, bis wir endlich wieder die Berge sehen. Am Ende folgt ein steiler Anstieg und wir werden mit einem herrlichen Ausblick belohnt. Da schmecken auch das gekochte Ei, der Apfel und der Nuss-Fruchtmix hervorragend. Gerade liegen wir 10 Minuten auf der Höhenwiese, als eine dunkle Wolkendecke über den Bergkamm zu uns hinüber zieht und die ersten Blitze hervorbringt. Daher ist es wohl besser den Rückzug anzutreten. Wir laufen also wieder 3 Stunden durch den Wald zurück. Zuerst hatten wir uns etwas geärgert, dass der Weg nur durch Wald führt und wir kaum etwas von der Landschaft ringsherum sehen konnten. Doch hatte die Wanderung durch den Wald auch etwas Meditatives: man musste nicht ständig neue Eindrücke verarbeiten und konnte sich in seinen Gedanken verlieren. Die 26 km lange Tour war außerdem eine wilkommene Abwechslung zur einseitigen Haltung auf dem Motorrad. Eine Besonderheit hatte das Kananaskis Country noch: immer wenn wir abends kochen wollten, fing es an zu regnen. Davon hatten wir dann nach drei Tagen doch genug – Zeit um weiterzuziehen.

Wir verlassen das Kananaskis Country in Richtung Süden. Die Landschaft wechselt von schroffen Felsen der Rockies in hügelige Weidelandschaften mit Rindern, Pferden und Ranches. Die Vegetation erinnert uns plötzlich an die australisches Atherton Tablelands. Es ist nicht mehr weit bis nach Calgary. Im Vorfeld hatten wir etliche SERVAS und Couchsurfing Kontakte angeschrieben, um in der Großstadt unterzukommen. Leider ohne Erfolg. Einziger Hoffnungsschimmer war John, der kurzfristig andere Gäste bekommen hat, uns aber vielleicht das Zelt in den Hinterhof aufstellen lässt. Optimistisch fahren wir in Richtung Stadt. Plötzlich finden wir uns auf einem dreispurigen Highway mit hohem Verkehrsaufkommen wieder. Wo kommen plötzlich all die Autos her? Es fühlt sich an als würden wir in eine große Millionenstadt einfahren. Calgary und Umgebung haben zumindest eine Million Einwohner. John und seine Familie begrüßen uns herzlich. Wir fahren zum Farmers Market, wo John und Coleen einige frische Sachen für das Abendbrot einkaufen, darunter saftige Kirschen aus B.C., Hamburger Buns, Olivenbrot und einiges mehr. Wir können uns zumindest ein wenig mit einer 10 Dollar Familienpackung Popcorn revanchieren. Am Mittwoch nehmen wir uns Zeit für Calgary Downtown. Wir laufen die Fußgängerzone entlang und verweilen bei einem kleinen Open Air Konzert. Wir lauschen einer australischen Sängerin (Emaline Delapaix), die seit ein paar Jahren in Mecklemburg Vorpommern in einem Wohnwagen lebt und nun mit ihrem Musikpartner durch Kanada tourt. Ihre Stimme und die ausdrucksstarken Texte ziehen uns in ihren Bann. Es ist schön, mal wieder aktiv Musik zu hören. John hat uns einen Hot Dog Laden etwas außerhalb des City Centers empfohlen, welchen wir nach 45 Minuten Fußmarsch erreichen. Der Hotdog mit Spezialsauce und hausgemachten Kartoffelchips on top stärkt uns für die weitere Stadtbegehung. Am Ende des Tages wissen wir, dass größere Städte gar nicht von so großem Interesse für uns sind. Betonklötzer gleichen sich in der westlichen Welt und den Straßenlärm brauchen wir auch nicht. Einkaufen können wir sowieso nichts, da wir ohnehin wenig Platz auf den Motorrädern haben und wir brauchen momentan auch nichts. Die Hektik in der Stadt erinnert uns ein weinig an den deutschen Alltag.

Am Abend treffen weitere SERVAS Gäste ein – zwei junge Mädels aus Süddeutschland – und so steht es an diesem Abend in unserer Runde Kanada-Deutschland 4:4. Wir feiern dies gemeinsam mit Pecanuss Kuchen und Geschichten über Bären und Reisen. Am nächsten Morgen heißt es mal wieder Abschied nehmen. Wir verlassen Calgary in Richtung Osten und schnell wird uns klar: die Wildnis des Nordens haben wir nun endgültig hinter uns gelassen. Hier befinden wir uns im Farm und Ranch Land: Zäune, Felder, Rinder, Kleinstädte und Ölpumpen bilden einen scharfen Kontrast zum wald- und gebirgsreichen Norden.


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Jasper & Banff – Paradies und Touristenhölle

29.Juni bis 01.August

Wir wollen uns die beiden Vorzeige-Nationalparks Kanadas anschauen, versprechen sie doch atemberaubende Landschaften vor den Kulissen der Rocky Mountains. Die Nationalparks sind groß, kosten Eintritt und wild campen in Straßennähe ist verboten. Ein Tageseintritt für zwei Personen kostet $19,60 und ist bis zum nächsten Tag 16:00 Uhr gültig. Daraus erwächst ein innerer Konflikt: einerseits möchten wir die schöne Natur genießen, andererseits haben wir die Zeit im Nacken, denn Zeit ist in diesem Falle Geld. Es ist unmöglich Jasper und Banff in einem Tag zu durchfahren, wenn man auch etwas sehen will. Also heißt es im Voraus die zur Verfügung stehende Zeit zu planen, um möglichst viel sehen zu können. Das Motto „Weniger ist manchmal Mehr“ können wir uns hier nicht so richtig zu Herzen nehmen. Wir suchen uns also kurz vor den Toren Jaspers einen Platz für das Zelt, damit wir am nächsten Morgen zeitig reinfahren können, um für die wertvolle Zeit im Nationalpark, für die wir bezahlen müssen, bestmöglich auszunutzen. Wir frühstücken am Pyramid Lake unser Brot mit Erdnussbutter und Cranberries. Schon geht es weiter zum Maligne Canon. Es ist sehr heiß und wir wollen nicht bei jedem Halt unsere Sachen wechseln, da dies einfach zu lange dauert. Dieses Problem zieht sich durch die ganze Zeit, die wir im Park verbringen. Sobald man stehen bleibt, um auch nur ein Foto zu machen, wird es einem ungemütlich warm. Hinzu kommt, dass uns am Visitor Center gesagt wurde, dass sich die Campingplätze schon gegen 11 Uhr füllen, also müssen uns ranhalten, damit wir noch einen Platz bekommen. Es ist zu weit, um mal eben zum Übernachten aus dem Park herauszufahren. So fahren wir zügig weiter, machen noch Halt an den Athabasca Falls und kehren dann am Mt. Kerkeslin Campground ein. Das Zelt steht nun und wir machen uns ohne Gepäck wieder mit den Motorrädern auf den Weg, um die Umgebung zu erkunden.

So landen wir am Columbia Icefield – einer der Hauptattraktion des Jasper NP. Vor uns breitet sich eindrucksvoll der Athabascan Glacier aus. Wir laufen zu dessen Fuße, wo sich bereits viele Leute tummeln. Auch wir wollen „auf“ dem Gletscher stehen und betreten das Eis. Schnell sehen wir, dass man immer weiter gehen kann. Wir bewegen uns also von den Massen weg und plötzlich befinden wir uns in der Eiswüste. Von den Gletscherforschern in Fairbanks haben wir gelernt, dass man direkt auf dem Eis gefahrlos gehen kann, da man eventuelle Spalten besser sehen kann. Gefährlich ist es, wenn man auf Schnee läuft und nicht sieht was sich darunter befindet. Da hier kein Schnee liegt und wir den Anstieg auch ohne Spikes schaffen, gehen wir immer weiter über die wellige und rutschige Oberfläche. Der kalte Wind macht uns zu schaffen. Diesmal sind wir froh, die Motorradsachen dabei zu haben. Die Sturmhaube ist ebenso recht hilfreich. Auf dem Gletscher zu stehen ist ein außergewöhnliches Gefühl und die Berge und weitere Gletscher ringsherum runden dies zu einem schönen Erlebnis ab. Am Rande des Gletschers führt eine Schotterpiste entlang. Bald bemerken wir die Trucks, die sich den Weg bergauf quälen. Es sind diese Ice Exploring Busse, welche ganze Touristenscharen auf einen höher gelegeneren Punkt des Gletschers fahren. Wir beschließen bis oben hin zu laufen und müssen dafür über ein paar Wasserläufe klettern. Oben angekommen befinden wir uns wieder unter den Menschenmassen. Die Touris haben circa 15 Minuten Zeit um ihre Fotos zu machen. Die Trucks, welche speziell zum Befahren der Gletscher gebaut wurden, sehen aufgrund ihrer riesigen Reifen imposant aus. Wir gesellen uns zu einem Bus voller chinesischer Touristen hinzu, die uns mit zurück ins Tal fahren lassen (Eisfelder bergab zu laufen macht nicht soviel Spaß wie bergauf). Unten angekommen, sehen wir dann, was solch eine Bustour auf den Gletscher kostet: $50! Pro Person! Das ist pure Abzocke. Ebenso lachen uns über den Glacier Skywalk, einer gläsernen Aussichtsplattform, kaputt. Mir ist bis jetzt noch rätselhaft, warum man diese mehrere Kilometer entfernt vom Columbia Icefield errichtet hat und dann mit einem phänomenalen Gletschererlebnis wirbt. Der Skywalk befindet sich direkt an der Straße, auf der jeder entlangfahren kann und dabei nichts für den Blick bezahlt. Das einzig besondere an der Plattform ist der gläserne Boden, durch den man in die Tiefe schauen kann (aber auch da befindet sich kein Gletscher). Man verspricht den Touristen ein atemberaubendes Erlebnis, führt sie entlang einem Gatter zu der Plattform und verlangt dafür $25 Eintritt. Wir sparen uns das natürlich, auch wenn mich mal interessiert hätte, ob es dort doch noch etwas gibt, wofür sich der horrende Eintrittspreis lohnt. Es ist schon traurig, wie die Touristen hier ausgenommen werden, für Dinge, die sie auch gratis haben könnten. Immerhin gibt es ein Kombi Paket, bei dem man für $65 die Gletschertour und den Skywalk erleben kann (haha). Aber es scheint zu funktionieren, die Massen kommen und sind begeistert.
Auf dem Campingplatz kommen wir mit Rajeeva ins Gespräch, ein Freude ausstrahlender Mensch aus Indien, welcher eine Fahrradtour von Kanada nach Südamerika macht. Ebenso treffen wir Susan aus San Diego, welche uns nachts im Schein ihrer Campinglampe wertvolle Tipps für Mexiko und Californien mitgibt, die wir uns eifrig notieren. Vielleicht haben wir eine Chance sie in San Diego wiederzusehen.

Am nächsten Tag fahren wir Stop-and-Go Rhytmus weiter. Wir stecken wieder in unserem Zeitproblem: Campingplatz finden bevor alle vergeben sind, aber dennoch wollen wir nicht überall nur vorbeifahren. Vom weltbekannten und hochgelobten Lake Louise waren wir nicht besonders angetan. Dieser Ort war eher zu vergleichen mit dem überfüllten Rheinufer in der Kölner Altstadt an einem sonnigen Wochenende. Es ist eigenartig, eine eigentlich schöne Szenerie wird für uns weniger schön, wenn zu viele Menschen dort sind. Wahrscheinlich ist die Erwartungshaltung, welche indirekt durch Werbung usw. geschürt wird auch zu groß. Würde man mehrere Stunden wandern und unvorbereitet vor diesem See mit den Bergen im Hintergrund stehen, von der Zivilisation unberührt und allein, wäre man mit Sicherheit überwältigt. So haben sich wohl die ersten Entdecker gefühlt. Aber hier und heute wo alles mit Infrastruktur erschlossen ist, mit einem riesigen Parkplatz und dem Superhotel direkt am Ufer, verliert die Szenerie an Schönheit.

Fazit: Beide Parks bieten schöne Natur, wobei Banff auf den ersten Eindruck imposanter wirkt. Man braucht jedoch mehr Zeit, wenn man nicht nur auf der Hauptstraße unterwegs sein will. Es sind unendlich viele Touristen unterwegs, die es irgendwie immer eilig haben und überholen wollen, auch oberhalb des Speedlimits und dies am besten noch mit riesigen Wohnwagen hinten dran. Im Vergleich zum Jahrespass der USA, für den wir nur $80 zu zweit bezahlt haben und mit dem wir eine vielfache Anzahl an Nationalparks sowie auch National Monuments besichtigen können, empfanden wir die Eintrittskosten für die Parks recht teuer. Ausgedehnte Wanderungen haben wir uns also gespart, da wir dazu in den US Parks mehr Zeit haben werden. Das hohe Touristenaufkommen schmälert etwas den Spaß an der Natur. Die Ruhe, welche man in der Natur sonst erfahren kann, hat man hier nicht. Es fühlt sich eher wie Sightseeing in einer größeren Stadt an. Bei einem nächsten Besuch würde ich mich eher von diesen Brennpunkten fernhalten und mehr Wanderungen unternehmen.


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