Delta Junction – Moose Patrol

07.07. – 10.07.2014

An dem Morgen als wir in Fairbanks abfuhren, hatte ich noch kurz meine E-Mails gecheckt und dabei glücklicherweise gerade noch rechtzeitig die Nachricht von Gail aus Anchorage erhalten. Sie fragte uns, ob wir durch die Stadt Delta Junction kommen, sie haben dort Freunde, die sie nach einem Unterschlupf für uns fragen könnten. Da unsere Route dies vorsah, sagten wir gerne zu. Gail übermittelte uns noch schnell die Kontaktdaten mit dem Hinweis dass wir innerhalb der nächsten Woche einfach vorbeifahren könnten. Vielen Dank noch mal Gail für diese ausgezeichnete Idee und die Vermittlung zu Cheryl & Gary!

Der Richardson Highway von Paxson nach Delta Junction war uns vertraut. Hier sind wir schon einmal auf dem Weg nach Fairbanks vom Wrangell St. Elias NP entlanggefahren. Diese etwas eigenartige Streckenführung durch Alaska ergab sich aus der damals schlechten Wetterprognose für den Denali NP. Für den Besuch des Denali war es die richtige Entscheidung.

In Delta Junction angekommen suchen wir die Straße, in der Cheryl & Gary wohnen. Unser Navigationssystem hat die Adresse jedenfalls nicht. Das Nachfragen in zwei Tankstellen ergab auch nicht mehr als „irgendwo in diese Richtung“. Wir waren kurz davor einfach umherzufahren und die Straße zu suchen. In einer 3000 Einwohner Stadt kann das ja nicht so schwer sein. Wir kannten Delta Junction noch nicht. Das Straßensystem des Ortes verteilt sich über ein Gebiet von mindestens 20 mal 20 Meilen. Da kann man mit der Methodik „Umherfahren und hoffen“ lange unterwegs sein. Zum Glück hatte Stephan doch noch Offline-Kartenmaterial auf dem Handy gefunden, wo wir durch umherschieben und zoomen die Straße fanden. Nach 16 Kilometern waren wir da. Welches ist nun das richtige Haus? Die Hausnummern sind vierstellig und folgen keiner Logik. Also fahren wir die Schotterpiste hoch und runter und können uns schließlich zum richtigen Haus durchfragen.

Cheryl und Gary hießen uns herzlich Willkommen und boten uns einen Schlafplatz in ihrem Gästeraum an. Da es schon recht spät war, verschoben wir das kennenlernen auf den nächsten Tag. Cheryl zauberte ein ausgezeichnetes Rührei mit Wurst und dazu gab es selbst gemachtes „Monkey Bread“, eine Art Kuchen mit Zimt und viel Zuckerguss – genau das richtige für zwei ausgehungerte Reisende. Die beiden boten uns an, doch noch einen Tag zu bleiben, damit wir uns die Umgebung anschauen können. Das Angebot nehmen wir gerne an und entscheiden uns für eine Wanderung am Quartz Lake. Wir fahren gemeinsam auf einem Motorrad die 20 Meilen bis dort hin, so können wir etwas Sprit sparen.

Wir wurden gewarnt: der erste Teil des Weges wird von wilden blutrünstigen Bestien belagert. So war es dann auch. Bloß nicht anhalten, sonst dient man sofort als Selbstbedienungs-Getränkestation für die Moskito Schwärme. So sozial sind wir aber nicht. Jeder Versuch gratis unseren kostbaren Lebenssaft zu schlürfen, wird mit dem Tod durch Erschlagen bestraft. Nach einem steilen Anstieg stehen wir am Bluff Point – ich weiß nicht woher der Name kommt, aber man ist tatsächlich etwas verblüfft von der grandiosen Aussicht. Eine Gebirgskette erstreckt sich fernab über den gesamten Horizont. Über uns scheint die Sonne und in der Ferne können wir lokale Niederschläge beobachten, die von Süd nach Nord ziehen. Unter unseren Füßen befinden sich zwei kleinere Seen die zu großen Teilen von Seerosenblättern bedeckt sind. Die freien Wasseroberflächen glitzern in der Sonne. Am anderen Ufer wächst saftiges grünes Gras. Vom Ufer bis zu den Bergen erstreckt sich eine riesige waldbewachsene Ebene in einem Mix aus verschiedenen Grüntönen. Wir setzen uns auf die einzige vorhandene Bank und starren abwechselnd in die Ferne und auf die Seen. So verbringen wir fast anderthalb Stunden. In der Zeit werden wir von Libellen und Grashüpfern umzingelt. Das ist gut so, denn sie sind die natürlichen Feinde von Moskitos. Stephans Hemd dient dabei gelegentlich als Landestation für besonders große Libellen. Auf der ausgedruckten Wanderwegbeschreibung, die uns Gary mitgegeben hatte, stand sogar der Name des kleinen Sees vor uns: „Moose Pond“, was soviel heißt wie „Elch Teich“. Nun wäre es mal Zeit, einen Elch zu sehen, denke ich mir. Keine 3 Minuten später entdecken wir entfernt eine Elchkuh mit ihrem Kalb, die ganz in der Nähe eines Biberbaus grasen. Nach kurzer Weile taucht die nächste Elch-Dame am Ufer auf und nimmt vor unseren Augen ein halbstündiges Bad. Nur noch die lange Schnauze und die wackelnden Ohren schauen heraus. Wenig später höre ich ein lautes Platschen. Nee, oder? Ich gehe einen kleinen Pfad weiter um die Ecke und beobachte einen Elchbullen mit ordentlichem Geweih, wie er sich im benachbarten Gewässer vergnügt. Dahinter erblicke ich zu meinem Erstaunen noch ein Mutter-Kind Paar am Waldrand und als sei dies nicht genug, erspähen wir irgendwo dazwischen noch eine weitere Elchkuh mit Kalb. Nein, es sind nicht die gleichen wie von eben – wir sehen zum Gleichen Zeitpunkt acht Elche. Ein neuer Rekord – das entspricht der gleichen Anzahl an Toren die an diesem Tag in dem Fussball-Halbfinalspiel zwischen Deutschland und Brasilien gefallen sind. Für uns ist dieser Anblick jedenfalls ebenfalls ein Wunder.
Am Abend nimmt uns Gary noch mit auf „Moose Patrol“ (Elch Patrouille). Wir gleiten im Kanu durch die Abendsonne und erspähen immerhin noch zwei Elche im Wasser und am wilden Ufer. Es ist ein schöner Ausklang dieses ereignisreichen Tages.

Am nächsten Morgen packen wir unsere Sachen und wollen zur Weiterreise aufsatteln. Irgendwie sieht mein Hinterradreifen komisch aus. Das kann doch nicht wahr sein: schon wieder ein Platten. Wir sagen Gary und Cheryl schon mal Bescheid, dass sie uns innerhalb der nächsten 2 Stunden nicht loswerden. Na gut, es gibt schlimmere Orte, wo einem das passieren kann, als bei netten Leuten mit Garage und Kompressor. Also ran an den Gummi. Schon wieder dieser dämliche alte Flicken. Die Luftblase hat sich weitergearbeitet und auch den Rand des zweiten Flickens erreicht. Unsere Reparatur bei Denali war also nichts mehr als ein paar billig erkaufte Kilometer. Diesmal machen wir es richtig: alle Flicken sorgfältig abgeschabt und einen großen neuen Flicken drauf. Es sieht perfekt aus. Wir pumpen den Schlauch auf und wollen ihn gerade montieren, als wir bemerken, dass der Schlauch immer noch Luft verliert. Trotz ausreichender Trockenzeit der Vulkanisierpaste und Anpressen des Pads, lässt es sich wie ein aufgeweichtes Pflaster ablösen. Was nun, mit der gleichen Methode werden wir wohl keinen Erfolg haben. Wir kramen den Ersatzschlauch raus, um diesen zu montieren. Wir trauen unseren Ohren nicht, als wir nach der Montage ein Zischen im Reifen hören. Das kann doch nicht wahr sein. Schon wieder müssen wir den f* Reifen von der f* Felge runterholen und den f* Schlauch da rauspopeln. Eben noch hatte ich mir die Hände gewaschen. Bei der Montage haben wir ein kleines Loch in den Schlauch gequetscht – sowas passiert schon mal. Doch womit sollen wir das Loch jetzt stopfen, wenn unser Flickmaterial nichts mehr taugt? Etwas verzweifelt lassen wir uns erstmal zum Mittagessen überreden. Gary, der schon etwas Mitleid mit uns hat, ruft in der Umgebung bei diversen Reifenhändlern an und erkundigt sich nach 17 Zoll Schläuchen. Wir haben Glück. Der Besitzer einer Autoteilekette fährt selbst Motorrad und würde uns seinen Ersatzschlauch für $22 verkaufen. Gary fährt uns in die Stadt und dort geben wir zusätzlich den alten Schlauch in einer kleinen Werkstatt zur Reparatur ab. Wir kommen also frohen Mutes mit einem neuem und einem repariertem Schlauch wieder. Wir entscheiden uns den reparierten Schlauch zu montieren, da dieser ein dickerer Motorcross-Schlauch ist. Die Flicken sind so groß, da kann nichts mehr schief gehen. Wir pumpen ihn auf und halten ihn vorsichtshalber unter Wasser. Die aufsteigenden Luftblasen lassen uns innerlich weinen. Genervt von kaputten Schläuchen montieren wir doch den neuen Schlauch. Am nächsten Morgen repariert uns der Werkstattarbeiter den Schlauch kostenfrei erneut. Dieser wird nun unser Ersatzschlauch – hoffentlich brauchen wir ihn nicht.
Eine gute Sache hatte dieser Zwischenfall jedoch: wir blieben noch einen Tag länger bei Cheryl & Gary und verbringen einen schönen Abend mit den beiden und kommen nochmals in den Genuss des köstlichen Rhabarberkuchen von Cheryl.

 

 

 


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Fairbanks – interessante Begegnungen

27.06. – 02.07.2014

Von oben bis unten mit Matsch dekoriert kommen wir in Fairbanks an. Wir wissen noch nicht wo wir einen Schlafplatz finden, doch die erste Priorität lautet Motorrad waschen damit sich der Dreck nicht festsetzt. Ein Tankstellenwart zeichnet mir kurzerhand eine Skizze, um mir meine Frage nach der nächstgelegenen Waschgelegenheit für Fahrzeuge zu beantworten. Nachdem wir die Maschinen mit dem Hochdruckreiniger vorsichtig gereinigt haben, überlegen wir, was wir als nächstes machen.  Das sind manchmal die „schwierigen Momente“ auf der Reise. Eigentlich haben wir Hunger, doch in ein Restaurant gehen ist zu teuer. Selbst ein Hot Dog für $5 erscheint uns im Vergleich zum selbst kochen zu teuer. Mitten in der Stadt den Kocher auspacken ist jedoch unpraktisch und vielleicht nicht so gern gesehen. Was sollen wir eigentlich kochen – ach ja richtig – wir müssen ja noch einkaufen. Lebensmittel einkaufen mit leerem Magen ist aber auch keine gute Idee. Außerdem sind die Klamotten noch nass und der nächste Regenschauer bahnt sich schon an. Also entweder lassen wir die nassen Regenkombis an und geht damit in den Supermarkt, wo einem dann so richtig schön heiß wird. Oder wir ziehen die Regenkombis draußen  aus, wobei dann die darunter liegenden Klamotten wieder nass werden, während wir die Regensachen verstauen. Wo sollen wir dann später eigentlich kochen, wenn es regnet? Die Halsschmerzen seit dem frühen Morgen lassen noch eine aufkommende Erkältung vermuten. Wo nochmal schlafen wir heute eigentlich? Mit diesen Gedanken steht man dann da und weiß nicht so recht was man jetzt eigentlich machen soll. Die komfortable Lösung kostet zu viel Geld, die Reisekasse schonende Lösung nervt.

Wir beschließen erstmal zu unserem heiligen Ort in Fairbanks zu fahren: einer Bankfiliale mit offenem WiFi, jippie. Mal schauen ob sich zufällig die eine Frau von SERVAS, der internationalen Host Organisation, gemeldet hat, welche wir bei unserer erstmaligen Ankunft in Fairbanks vor ein paar Tagen angeschrieben hatten. Tatsächlich, eine Antwort per Email. Per SMS können wir sie erreichen und sie schreibt in einer sehr kryptischen Antwort: „mail frm. wrk. B4 i lv. This eve @530p w/diections 2 my plc. 4 a visit late tmrw. Aftern. ok?”. Das heißt soviel wie: „Bevor ich heute Abend um 5:30 Uhr die Arbeit verlasse, maile ich Euch von dort die Wegbeschreibung zu meinem zu Hause für ein Treffen morgen am späten Nachmittag, ok?“ Mittlerweile sitzen wir im Trockenen bei Mc Donalds und warten auf die Mail. Tatsächlich, sie schreibt uns ihre Adresse und den Ort wo sie arbeitet: in Ann’s Greenhouse auf der Sheep Creek Road. Über Google Maps finden wir dies und da wir keinen besseren Plan haben, machen wir uns auf den Weg dorthin. Es regnet in nun in Strömen. Pitschenass stehen wir eine halbe Stunde später  im Gewächshaus und erkundigen uns nach Sally. Nach einer Weile taucht sie auf und macht uns erstmal zwei große Tassen Tee. Sie selbst hat nur eine kleine Cabin (so nennt man hier kleinere Holzhäuser, oftmals ohne Wasser und Strom) und das Grundstück ist durch den Regen zu nass um ein Zelt aufzubauen. So können wir bei ihr leider nicht unterkommen. Wir haben es nicht erwartet, doch sie beginnt herum zu telefonieren, um uns einen günstigen, trockenen Übernachtungsplatz zu suchen. Ein Freund hier, ein Bekannter da, doch leider nur Absagen und das Hostel kostet $70 pro Nacht pro Person (sowas sollte sich eigentlich nicht Hostel nennen dürfen). Bald hat sie Feierabend und muss noch einige Besorgungen in der Stadt machen. Wir finden uns bereits damit ab, dass wir gleich wieder raus in den Regen müssen.

Doch Sally hat noch eine weitere Idee und ist erfolgreich. So landen wir bei Anne & Will, welche in einem dunklen Holzhaus am Tanana River  in Fairbanks wohnen. Anne war lange Zeit Krankenschwester und Will ist ein Gletscherforscher, welcher auch noch im Ruhestand fast täglich zur University of Fairbanks fährt, um seinen Forschungen nachzugehen. Schnell haben wir auch deren  Hunde Sam und Rosie in unser Herz geschlossen.

Anne erwartet uns mit einem warmen Essen, welches uns richtig gut tut. Die beiden hatten sich vorgenommen seit langem mal wieder einen Film zu schauen. Wir schließen uns gerne dem gemütlichen Filmabend mit „The Goodfellas“ an. Der Mafiosi Film war stellenweise etwas kaltblütig, doch gut, um Englisch zu lernen, sieht man mal davon ab, das jedes fünfte Word f*ck lautete.

Zum Frühstück waren mehrere Gäste eingeladen. So lernten wir unter anderem noch die deutsche Gletscherforscherin Regine kennen. Sie hat Gefallen an dem Leben in Alaska gefunden und lebt schon seit  7 Jahren hier. Die Natur hier ist großartig und sie wurde von den Einheimischen sehr schnell integriert. Später besorgen wir noch eine Glühbirne für das defekte Frontlicht von Stephans Tenere. Die alte Birne war auf dem Dalton Highway durchgebrannt. Damit er nicht ohne Licht fahren muss, hatten wir zwischenzeitlich die Birne des Fernlichtes umgesteckt. Die Städte hier sind sehr weitläufig, man darf es sich nicht wie in Deutschland vorstellen, dass man mal schnell zum Bäcker geht und danach kurz zur Post. Jeder Einkauf bedeutet eine mehrere Kilometer lange Fahrt in das Stadtzentrum und selbst innerhalb der Stadt kommt man ohne fahrbaren Untersatz nicht weit. Die Einheimischen planen daher oftmals ihre Fahrten so, dass sie mehrere Besorgungen kombinieren können.

Am Nachmittag wollten wir ja noch Sally in ihrer Cabin besuchen. Sie wohnt mit ihrer Katze etwas außerhalb von Fairbanks. Die Hütte besteht aus zwei Räumen: eine untere Etage von ca. 18m² mit integrierter Küche und darüber ein Dachgeschoss als Schlafraum. Das Badezimmer verteilt sich auf dem Grundstück: Das Plumpsklo ist in einem kleinen Häuschen außerhalb untergebracht. Die Dusche im Garten hat wiederum ihre eigene freistehende Konstruktion aus Holz, Plastik und einem Vorhang und bietet über ein ausgeklügeltes Schlauchsystem sogar warmes Wasser. Auf dem Grundstück stehen viele Blumen und viel Krimskram, welcher weitere Projekte vermuten lässt. Wer so lebt muss einfach speziell sein und Sally ist eine sehr spezielle und liebenswerte Frau. Wir verbringen gemeinsam einen schönen Nachmittag und tauschen viele Geschichten aus. Am Abend fahren wir wieder zurück zu Anne & Will. Sie haben uns angeboten, dass wir länger bei ihnen bleiben dürfen, ohne dass wir gefragt haben.

Eine gute Adresse, um kostenfrei etwas über die Geschichte von Alaska und deren Einwohner zu erfahren, ist der Pioneer Park im Stadzentrum. Dort kann man einige alte Reliquien aus der Pionier und Gold Rush Zeit bestaunen. Unter anderem kann man dort die S.S. Nenana, einen alten Heckraddampfer (stern wheeler) besichtigen, mit dem die Orte entlang des Yukon Rivers versorgt wurden. Das Pioneer Museum gibt Einblicke in das Leben in Alaska im 19. und 20. Jahrhundert. In den Park wurden außerdem ganze Cabins und alte Häuser mit kompletter Inneneinrichtung versetzt, wie zum Beispiel das Haus von John Wickersham, einer bedeutenden Persönlichkeit für die Entwicklung von Fairbanks und Alaska. Wir haben mal wieder den Fehler gemacht nicht genügend zu Essen mitzunehmen und da der Hunger immer größer wurde wollten wir uns ausnahmsweise doch was kaufen. Stephan will sein Portemonnaie herauskramen doch er findet es nicht. Schon gleich hat er eine dunkle Vorahnung, denn nun dämmert es ihm: er hat es zuletzt auf dem Motorrad auf dem Parkplatz liegen sehen. Schnellen Schrittes machen wir uns auf den Weg dorthin. 2 Stunden lang lag es dort auf dem Präsentierteller mit Reisepass, Kreditkarte…  . Es lag immer noch da.

Am nächsten Tag machen wir uns auf die Suche nach Bremsbelägen für die Hinterradbremse. Der Staub und Matsch auf dem Dalton Highway hat diesen bei beiden Maschinen ganz schön zugesetzt. Uns wurde mehrfach gesagt diese Dinger gibt es überall, deswegen hatten wir nur ein Ersatzset mitgenommen, um auch Gewicht zu sparen. Pustekuchen – wir waren in 3 Läden, doch die Teile sind zu speziell, da unser Modell nicht in den USA verkauft wird. Die früheste Lieferung wäre in 4 Tagen. Wir beschließen uns selbst welche zu bestellen und per „General Delivery“ an das Postamt von Tok zu schicken, einer kleinen Stadt durch die wir durch müssen, um später Alaska zu verlassen. Ob das klappen wird?

Am nächsten Tag besorgen wir noch Zutaten für das Abendessen, welches wir Anne & Will zum Dank bereiten wollen. Anschließend fahren wir mit Anne gemeinsam Elke besuchen, einer deutschen Schlittenhunde- Halterin (Grönland Huskies), die seit Jahren die großen Weiten von „Alaska Interior“ mit ihren 16 Hunden genießt. Jeder Hund hat seinen eigenen Charakter und Elke muss sie gut im Griff haben, damit das Team funktioniert. In der Wildnis sind sie aufeinander angewiesen. Früher hat sie auch Touren für Touristen angeboten. Diese sind jedoch oftmals mit falschen Vorstellungen angereist. Die Prospekte der vermittelnden Reiseagenturen werben mit Fotos im Sonnenschein und lachendem Dog Sled Musher. Doch die schneereiche Jahreszeit in Alaska ist dunkel mit Temperaturen weit unter minus 20 Grad Celsius. Die Handhabung der Ausrüstung bei diesen Temperaturen ist schwere Arbeit und die Kälte führt bei ungeübten Laien mit meist unzureichender Kleidung zum Teil zu Handlungsunfähigkeit. Dies hatte sich der eine oder andere dann doch anders vorgestellt und so kam es häufig zu Frustration auf beiden Seiten. Zudem kamen oftmals gesundheitlich angeschlagene Gäste für die Elke verständlicherweise keine Verantwortung bei einer mehrtägigen Reise durch Eiseskälte mehr übernehmen konnte.

Im Anschluss an diese interessante Begegnung nimmt uns Anne mit zur University of Fairbanks, wo Will und Regine schon auf uns warten. Heute findet dort eine Präsentation von Highschool Schülerinen statt, welche eine Woche auf einem Gletscher unterwegs waren und nun von ihren Erlebnissen und Gelerntem berichten. Gespannt verfolgen wir die Vorträge und lernen so auch noch etwas über Gletscher und Lawinen.

Als wir nach Hause kommen, wollen wir gerade beginnen Abendessen zu Kochen, als wir feststellen, dass irgendetwas fehlt. Das Brot ist weg. Unter dem Tisch liegt eine leere Tüte, feinsäuberlich bis auf den letzten Krümel geleert. Wir müssen lachen und stellen uns vor, wie die beiden Hunde und Katzen sich über das gefundene Fressen hergemacht haben. Die Tüten mit der Salami und dem Schinken hingegen lagen unangetastet auf dem Tisch. Später am Abend genießen wir dann gemeinsam mit unseren Gastgebern am Kamin unsere Soljanka und das Bauernfrühstück.

Noch eine weitere interessante Person lernen wir am nächsten Tag kennen. Anne wollte uns die „Undergroundhouses“ zeigen. Wir fahren zu Rob, welcher uns gemeinsam mit seinem Enkel über sein Grundstück führt. Nach einem kurzen Fußmarsch finden wir uns plötzlich im „Auenland“ wieder. Rob hat in einen Hügel zwei Häuschen integriert. Neben und über den runden Eingangsbögen wächst saftiges Gras, so wie man es von den Hobbit Behausungen kennt. Wir dürfen mal hineinschauen und wieder fühlen wir uns wie im Film. Der unterirdische, gewölbeartige Innenraum ist erstaunlich hell, da auf der anderen Seite des Hügels große Fenster mit Blick auf ein Tal integriert sind. Wir waren an dieser Stelle schon beeindruckt, doch die Tour ist noch nicht zu Ende. Weiter unten im Tal hat Rob noch zwei weitere sehr individuelle Häuschen ins Erdreich integriert. Eine weitere Hütte hat er ausschließlich aus recyceltem Holz und anderen Materialien an anderer Stelle im Wald gebaut. Sie steht da wie gemacht als Filmkulisse für das russische Wintermärchen Hexe Babajaga. Rob beherrscht die Kunst natürliche Materialien gleichzeitig funktionell und harmonisch zu integrieren. So dienen Teile von Elchgeweihen als Türgriff oder bearbeitete Baumstümpfe als Möbel. Unten am See hat er noch eine Saunablockhütte gebaut. Selbst das große Wohnhaus der Familie ist sein eigenes Werk. Er ist kein Architekt oder Baukonstrukteur, sondern hat irgendwann einfach damit angefangen. Auf unsere erstaunten Blicke meinte er „der Unterschied zwischen einem Profi und einem Laien ist manchmal nur der, dass der Laie länger braucht.“

Zum Abschied lässt uns seine Frau noch eine Spezialität aus Alaska zukommen: geräucherten Lachs. Wir genießen ihn in den nächsten Tagen als Highlight zum Camping Dinner.

Aus einer Übernachtung wurden sechs und so haben wir einige schöne Tage in Fairbanks verbracht und die gemeinsame Zeit mit Anne und Will sehr geschätzt. Umso schwerer fällt der Abschied.

Vielen Dank Anne, Will und Sally für Eure Unterstützung und herzliche Aufnahme.


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Dalton Highway

Am Sonntag den 22.06. kommen wir in Fairbanks an. Es ist der Tag nach der Mittsommernacht und die Einwohner von Fairbanks feiern dies mit einem kleinen Festival zu dem wir uns gerne dazugesellen. Bei brütender Hitze schlendern wir durch die vollen Straßen und genehmigen uns ein Rentiersteak und einen Büffel-Rentier-Jalapeno-Zwiebel-Käse-Hotdog. Zum Nachtisch gibt es eine „Medium“ Portion Popcorn direkt aus der Tonne, gerührt von einem dicken Amerikaner, dem die schweißtreibende Arbeit offensichtlich zu schaffen macht. Die Portion war dann allerdings doch größer als unsere abtrainierten Mägen zu sich nehmen konnten.
Außerhalb der Stadt finden wir an einer Radarstation auf einem Berg einen gemütlichen, aber vielleicht auch etwas verstrahlten Stellplatz für unser Zelt. Am nächsten Morgen fahren wir wieder nach Fairbanks rein, um unser Lebensmitteldepot aufzufüllen. Zur besonderen Freude von Stephan geht es danach zum Mayflower Buffet. Dort gibt es für ca. 7,50 EUR ein „All You canEat“ Buffet mit asiatischer und amerikanischer Küche. Von Suppe über Frühlingsrollen, Gemüse, Pommes, Fleisch, Salat, Obst, Kuchen und Eiscreme ist alles dabei. Das ist für uns die Gelegenheit nochmal richtig reinzuhauen, denn sonst gibt es meistens nur Campingfood und das nicht allzu üppig.

Frisch gestärkt machen wir uns auf dem Weg zum Dalton Highway. Diese 414 Meilen lange Schotterpiste führt bis an den Arktischen Ozean nach Deadhorse / Prudhoe Bay. Wir hatten von vornherein nicht geplant bis ganz zum Ende zu fahren, sondern wollten mindestens den Arctic Circle (nördl. Wendekreis) erreichen. Der Dalton Highway ist die Lebensader für die großen Companies, welche am Arktischen Ozean Öl fördern. Auf der Piste trifft man daher eigentlich nur die großen Trucks, Fahrzeuge für Straßenpflege und einige Touristen mit Camper, Motorrad oder gar Fahrrad. Dreisterweise gewähren die Ölfirmen nur Zugang zum Ozean, wenn man ihnen 59 USD für eine Tour in den Rachen schmeißt. Anderweitig kann man nicht zum Wasser gelangen. Auf solche Art Events verzichten wir gerne und somit lohnt es sich für uns noch weniger die komplette Strecke zu fahren.

Wir fahren im Sonnenschein auf trockener Piste. Nach einer Zeit kommt man so richtig in den Fahrfluss, sodass es immer mehr Spaß macht und man irgendwann einfach nur ein dickes Grinsen im Gesicht hat. Dies macht sich auch beim Spritverbrauch bemerkbar. Denn wenn keine lästigen Ampeln, Dörfer oder dergleichen die Fahrt unterbrechen, sinkt auch der Verbrauch. Wir erreichen somit eine Reichweite von deutlich über 500km mit nur einer Tankfüllung. Am frühen Abend erreichen wir den Yukon River, einen Fluß den man bisher nur von Abenteuergeschichten kennt. Es ist schön ihn einmal in Echt zu sehen und auch unsere schwitzigen Füße freuen sich über Wasserkontakt. Der Apfelmus schmeckt dann am Fluss in der Abendsonne doppelt so gut. Auch am nächsten Tag sind wir mit Sonne gesegnet und fahren weitere 140 Meilen auf der Piste durch die sich immer verändernde Landschaft. Wir fahren durch borealen Nadelwald und an einigen Stellen sind die Spuren vergangener Waldbrände deutlich zu erkennen: schwarze Baumstümpfe ragen geisterhaft empor, während von unten bereits neues Leben nachwächst. Dieser Vorgang wiederholt sich alle 70-200 Jahre und ist ein natürlicher Kreislauf. Später bekommen wir den Weitblick über das einzigartige Gelände der Tundra. Immer wieder sehen wir die Alaska Pipeline, welche das Öl vom Arktischen Ozean bis runter an den Golf von Alaska nach Valdez transportiert. Die Pipeline ist 800 Meilen lang, hat einen Durchmesser von 48 Zoll und der Ölfluss wird von 11 aktiven Pumpstationen gewährleistet. Die Baukosten beliefen sich im Jahre 1977 auf 8 Millarden USD und die Fertigstellungszeit betrug ca. 26 Monate. Das Öl für unseren nächsten Motorölwechsel kommt uns vielleicht gerade entgegen.

Wir fahren bis zum Sukakpak Mountain, Milepost 207 des Dalton Highway, und finden einen schönen Platz für unser Zelt am Fuße eines großen felsigen Berges. Zum Kochen gehen wir an den Fluß. Zum einen gibt es dort weniger Mücken und zum anderen sollte man Zeltplatz, Kochstelle und Lebensmittelaufbewahrung stets trennen, um Bären nicht ans Zelt zu locken. Auf diese Regeln achte ich strikt, auch wenn es etwas mehr Arbeit bedeutet und es manchmal nervt. Doch selbst eine Hose mit einem BonBon in der Tasche hat nichts im Zelt zu suchen. Diese strikte Trennung müssen wir noch in Kanada und bis in weite Teile in die USA einhalten. Wir haben darum zwei der Motorradkisten auserkoren, welche alle Lebensmittel sowie Zahnpasta, Öle und alles was Duftstoffe absondert, transportieren. Diese deponieren wir dann vor dem Schlafen gehen ca. 100m vom Zelt entfernt. Immer wieder wurde uns von Einheimischen bestätigt, dass wir so richtig handeln. Gerade auf Campingplätzen gibt es leider immer wieder Deppen, die ihren Nahrungsmittelabfall dort herumliegen lassen. Einmal fanden wir Erdnussschalen in einer Feuerstelle (Nüsse sind eine der Hauptspeisen von Bären). „Camping“ Bären kehren immer wieder zu solchen Stellen zurück, da sie gelernt haben, dass es dort etwas zu holen gibt. Leider weiß man nie, wer was auf einem Campingplatz zuvor gemacht hat. Daher ist es im Hinblick auf Bären unproblematischer wild zu campen.

Zurück zum Highway. Am Tag 3 fahren wir zurück zum Yukon River und bauen uns dort unser Lager mit Tarp-Überdachung für zwei Übernachtungen auf. Wir wollen die Zeit nutzen um zu Schreiben, unseren Kram zu sortieren, Wäsche zu waschen usw…
Am Abend treffen dort weitere Motorradfahrer ein. Wir kommen mit Ed aus Utah und Dena aus Calgary am Lagerfeuer ins Gespräch. Ed ist ein „echter“ Amerikaner: patriotisch und bewaffnet. Lässig steht er mit Cowboyhut am Feuer. Mit seiner schwedischen Axt zerschlägt er umherliegende Äste für das Feuer. Wenn er keine Axt dabei gehabt hätte, hätte er diese sicherlich mit seinen Zähnen durchtrennt. Als Nächstes zeigt er uns seinen Revolver, den er am Gürtel trägt. Ebenso findet sich dort ein Magazin, speziell für Bären und eines für „stopping man“. Aha. Wir stehen in der Nacht unter seinem Schutz: „If a bear comes, let me know, I will shoot him“. Beruhigt kriechen wir später in unsere Schlafsäcke. Die beiden sind sehr nett und wir unterhalten uns über Motorräder, Bären, den 2. Weltkrieg und aktuelle Bedrohungen aus China. Sie sind an einem Tag mit ihrem BMWs von Deadhorse im Schlamm bis hier hergefahren (über 360 Meilen) und freuen sich über die guten Heidenau Reifen (K60 Scout), welche wir selbst auch aufgezogen haben „…these Germans make good stuff…“.

Leider regnet es an unserem Rasttag kontinuierlich von morgens bis abends. Die Mücken werden nicht wie erwartet vom Regen vertrieben und so sitzen wir den ganzen Tag mit dem Mückennetz auf dem Kopf unter dem Tarp. Nichtstun wird abgelöst von Schlafen. Die Straße saugt sich immer weiter mit Wasser voll, die Pfützen werden größer und der Matsch quillt unter unseren Stiefeln hervor. Wir haben nur noch 60 Meilen bis zum Asphalt, doch die versprechen spaßig zu werden. Am nächsten Morgen sind wir um halb neun abfahrbereit und starten mit gemischten Gefühlen in die Schlammschlacht. Es regnet immer noch. Werden wir gut durchkommen oder vor lauter Schlamm nur so über die Piste rutschen? Die braune Gicht, welche die Trucks neben sich versprühen, sieht ebenfalls vielversprechend aus. Die ersten Meter sind etwas krampfig. Wie schnell kann ich in die Kurve fahren ohne zu rutschen? Kommt hinter der nächsten Kurve ein Truck angeschossen? Wir fahren über die Brücke über den Yukon und ich erinnere mich wie schön die Herfahrt war. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Die Straße wird dann zum Glück etwas besser und lässt sich nach etwas Gewöhnung doch recht gut bewältigen. Die Truckfahrer sind sehr rücksichtsvoll, gehen vom Gas und machen sogar extra für uns Platz, damit wir nicht zu viel Schlamm abbekommen. Kurz vor Ende der Strecke wird es nochmal spannend, da die Matschschicht tiefer wird. Die Heidenau K60 Scout Reifen machen jedoch einen guten Job und so findet das Vorderrad immer seine Spur. Total verschlammt kommen wir am Anfang vom Highway wieder an. Das Foto vor dem Schild und den verschlammten Maschinen ist ein obligatorisches Muss. Die restlichen 80 Meilen auf asphaltierter Straße nach Fairbanks fahren sich nun spielend leicht. Es hat nun auch aufgehört zu regnen. Das nächste Abenteuer kommt bestimmt.


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Auf dem Seeweg

13.-15.06.2014
Nach 5 Tagen umhertouren auf der Kenai Halbinsel bleiben die Bikes wieder für ein paar Tage in der Garage stehen. Der Asphalt soll vorerst durch Wasser abgelöst werden – unsere Gastfamilie nimmt uns mit auf einen 2-tägigen Segelboottrip. Den ersten Abend auf dem Boot verbringen wir noch im Hafen von Whittier. Whittier ist eine kleine Hafenstadt in Prince William Sound, deren Einwohner alle in einem einzigen Hochhaus wohnen. Es gibt also einen Hafen und ein Hochhaus, in dem sich neben den Wohnungen auch alle Geschäfte, Schule, Post usw. befinden.

Am folgenden Samstagmorgen ist es regnerisch und windig. Zum Glück haben wir die Motorradregenkombis mitgenommen, welche als „Ölzeug“ gut zu gebrauchen waren. Mit Motorkraft fahren wir zunächst in ruhigeres Gewässer. Wir steuern eine Steilklippe an, an der hunderte Seemöwen zwischen zwei Wasserfällen ungestört brüten und unter lautem Geschrei umherfliegen. Weiter geht es vorbei an Gletschern, welche leider nicht mehr direkt ins Meer kalben, da sie schon seit Jahrzehnten abschmelzen und sich auf das Land zurückziehen. Sie schimmern blau, was ein Zeichen für die hohe Dichte des Eises ist. Die kurzwelligen blauen Strahlen sind die einzigen, welche vom Eis reflektiert werden, alle anderen Farben werden vom dichten Eis absorbiert.

Nach einer Weile ist die See ruhig genug um die Segel auszufahren. Als der Motor aus ist, gleiten wir über das Wasser. Nach einer Weile holen wir das Segel jedoch aufgrund von Windmangel wieder ein und tuckern mit dem 25PS Motor weiter. Ich stelle mich vorne an den Bug und genieße die seichten Wogen und die sich langsam verändernde Landschaft. Wir halten Ausschau nach Buckelwalen und Orcas welche sich im Sommer hier aufhalten. Doch heute sind sie hier nicht anzutreffen. Dafür entdecken wir einige Seeotter. In ihrer Ausruhposition liegen sie im Wasser auf dem Rücken. Mit auf den Bauch gelegten Vorderbeinen und aus dem Wasser ragenden Füßen betrachten sie interessiert die Umgebung und unser näher kommendes Boot. Das sieht wirklich sehr putzig aus. Ab und an schaut auch ein Seelöwe neugierig aber schüchtern aus dem Wasser. Sobald man sie erspäht hat, tauchen sie auch schon wieder ab.

Nach ca. 3 Stunden Wasserfahrt erreichen wir die Hummer Bay. Das Ufer sieht aus wie in einem Märchenbuch. Wild aussehende Bäume, deren Wurzeln sich in skurrilen Formen die kleinen Steilufer herunterschlängeln, säumen den Rand der Bucht. Kleine Riffe, welche zahlreiche Muscheln und Meerespflanzen beherbergen, sind durch den niedrigen Wasserstand sichtbar. Im Hintergrund erstreckt sich der Märchenwald bis auf zwei Berge hinauf. Zwischen ihnen wird ab und an ein von weißen Wolken verhangener schneebedeckter Gipfel sichtbar. Blickt man zurück, sieht man den Ozean, welcher wiederum von weißen Bergen in der Ferne umsäumt ist. Es ist weit und breit kein Zeichen menschlicher Zivilisation sichtbar. Was für ein beeindruckender Ort.

Am morastigen, grasbewachsenen Ufer bauen wir später das Kajak auf. Gail hatte in der Woche zuvor extra noch ein paar Teile reparieren lassen. Nachdem Stephan und ich den wackeligen Einstieg geschafft haben, gleiten wir nun im Gleichtakt paddelnd übers Wasser. Das Ufer lässt sich nun noch viel besser aus nächster Näher begutachten. Möchte man dem Ganzen noch näher sein, müsste man schon schwimmen. Gail, Ann, Tim und Jack kommen mit dem kleinen Dinkey bzw. Schlauchboot hinterhergefahren und versorgen uns mit Trinkwasser und Müsliriegeln. Was für ein Service, sie meinen es wirklich zu gut mit uns. Wir paddeln hinaus auf die See, welche zum Glück recht ruhig ist und treffen uns an einem verlassenen Strand. Dort schlendern wir umher und begutachten das Strandgut. Der Abend klingt gemütlich auf dem Segelboot aus. Zu fünft (und Jack, der Hund), schlafen wir im Boot in der gut geschützten Bucht. Das Boot bewegt sich kaum und so wird auch niemand seekrank.

Nach Tims köstlichen Blaubeer Pancakes zum Frühstück fahre ich mit Ann nochmal mit dem Kajak raus. Wir entdecken Seesterne in unterschiedlichsten Größen, Farben und Formen mit 5 bis 15 Armen. Der größte hatte einen Durchmesser von ca. 30cm. Mit Tim unternehmen wir anschließend noch eine kleine Wanderung ins Hinterland. Es gibt hier keine Trails, also schlagen wir uns durch den Busch. Ab und an finden wir „Bear Poop“, welcher nicht all zu alt aussieht. Tim führt uns zu zwei kleinen Seen, welche wieder von diesem einzigartigen Märchenwald umgeben sind. Biber haben an dem abgehenden Fluss schon mehrere Staustufen angelegt. Solch riesige Biberdämme habe ich noch nie zuvor gesehen.
Alles in allem war es ein grandioser Bootsausflug in Landschaften, von denen ich noch oft träumen werde. Danke Gail, Ann, Tim und Jack, für diese wunderbare Zeit.


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Kalte Füße

Die Motoräder stehen sicher in der Garage. Irgendwie sind wir bisher nicht dazu gekommen, mit ihnen zu fahren. Es gibt einfach zu viel Anderes zu tun. Wir haben schon Ersatzkanister besorgt (je eine Gallone = 3,8L), um lange Durststrecken in Alaska und Kanada zu überstehen. Direkt am zweiten Tag haben wir eine Radtour an die Küste gemacht, 20km mal eben nach dem Abendbrot, zusammen mit unserer Gastgeberin Gail, welche trotz ihrer 60 Jahre noch sehr fit ist. Am Strand erklärt uns Gail, dass wir niemals bei Ebbe auf den matschigen Untergrund gehen sollten. Es sind schon einige Leute im Schlamm stecken geblieben und haben es nicht mehr geschafft, der Flut zu entkommen. Auf dem Heimweg erzählt sie uns einige Interessante Dinge über Bären. In Anchorage leben ca. 350 Exemplare. Wir hatten uns vorher schon belesen, was man über Bären und deren Verhalten wissen sollte. Sollte es zu einer Begegnung kommen, soll man nicht weglaufen und sich durch langsames Winken und rufen als Mensch zu erkennen geben. Bären welche im Stadtgebiet leben, sind es gewohnt Menschen zu beobachten. Daher wäre ein solches Verhalten in diesem Fall eher kontraproduktiv und man soll einfach das fortsetzen, was man gerade im Begriff war zu tun.

Am Freitag wollten wir uns ursprünglich schon auf den Weg in Richtung Sewards und Kenai Peninsula machen, doch Tim und Gail boten uns an noch etwas länger zu bleiben und die Gegend um Anchorage zu erkunden. Wir entschlossen uns gemeinsam eine Wanderung zu einem Gletscher zu unternehmen. 1,5 Autostunden südlich von Anchorage beginnt der Portage Pass Trail. Zum ersten Mal ging es für uns in die Wildnis Alaskas und in der Tat wurde es etwas abenteuerlich. Wir ließen den Ozean hinter uns und nachdem wir den ersten größeren Hügel erklommen haben, eröffnete sich uns ein grandioser Blick auf den Portage Glacier (Gletscher). Ann ist eine aktive Geo-Cacherin, also beteiligten wir uns gern während der Wanderung an der Schatzsuche. Immerhin fanden wir 3 Caches. Wir verloren den Pfad und schlugen uns durch Busch und Unterholz. Ab diesem Moment begannen wir Lieder zu singen und zu Pfeifen, um Bären auf uns aufmerksam zu machen und sie nicht zu überraschen. Zurück auf dem Pfad treffen wir zwei Wanderer mit nassen Schuhen. Sie erzählten uns sie seien bis zum Rand des Gletschers vorgedrungen und haben dabei knietief einen Fluss durchquert. Klingt interessant. Unten am Gletschersee angekommen (Portage Lake) machen wir uns selbst ein Bild von der Lage. Tatsächlich, links am See vorbei gibt es eine Möglichkeit zum Gletscher zu kommen, nur der Fluss, der von einem weiter oben liegenden Gletscher gespeist wird, liegt dazwischen. Das Wasser fließt schnell, wir können nicht richtig sehen, wir tief es wirklich ist. Vielleicht gibt es weiter oben eine Stelle wo wir den Fluss über Felsen überqueren können. Wir kraxeln flussaufwärts, doch die Felsen sind zu weit auseinander und zu glitschig. Es wäre zu gefährlich es nur zu versuchen.

Wieder unten suchen wir nach der besten Kombination, aus möglichst schmalem Flussarm und flachen Wasser. Es gibt keine Diskussion, wir alle wollen rüber. Gail ist die erste, welche die Schuhe auszieht. Wir hatten keine Lust den ganzen Heimweg mit nassen Schuhen zu gehen. Also blieb nur übrig, diese auszuziehen. Es sollte die härteste Kneipp Kur unseres Lebens werden. Knietief durch eisiges Gletscherwasser (so kalt kann es aus keinem Wasserhahn kommen), über felsiges, steiniges Flussbett – es gibt schönere Momente. Nämlich dann, wenn der Schmerz nachlässt. Der Strom ist erstaunlich stark, man muss aufpassen, nicht reinzufallen, nicht auszudenken, was passieren würde. Wir müssen zwei Flussarme durchqueren. Durch die eisige Kälte werden die Füße so taub, dass man wenigstens die Steine nicht so sehr spürt. Es ist ein innerer Kampf – einerseits will man schnell drüben sein, andererseits sollte man nicht riskieren zu stürzen.  Am anderen Ufer angekommen, sind meine Beine knallrot – it look`s like a chicken. Wir alle wissen, dass wir wieder durch den Fluss zurück müssen, es gibt keinen anderen Weg. Dennoch haben sich die Strapazen gelohnt. Der Gletscher sieht aus der Nähe wunderschön aus. Das Eis schafft bizarre Formen. Aufgrund der hohen Dichte des Eises schimmert es blau. Ab und an hören wie ein gewaltiges Knacken im Inneren des Eises.  Ein köstliches Bananen-Erdnussbutter-Sandwich macht uns fit für den Rückweg. Ob wir alle wieder heil durch den Fluss kommen?

 


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