Slot Canyons
30.09. – 04.10.2014
„Hm, ganz schön teuer“ – „Da kommen wir aber so schnell nicht wieder hin und es ist eine einzigartige Fotolocation“… nach einigem Überlegen entscheiden wir uns dann trotz des für uns relativ teuren Eintritts (28€ pro Person) dafür, den beliebten Antelope Canyon zu besuchen. Es ist ein sogenannter Slot Canyon, also eine sehr schmale Schlucht, die durch Wasser und Wind über Jahrtausende in den porösen Gestein geformt wurde. Im Colorado Plateau gibt es viele solcher Slot Canyons, doch der Antelope Canyon ist auf Grund seines vergleichsweise einfachen Zustiegs und der schönen Formen und Farben besonders beliebt geworden. Er liegt nahe der Stadt Page und dem Lake Powell in Arizona in Sichtweite eines größeren Kraftwerkes. Außerdem befindet er sich im Navajo Reservat und darf nur im Rahmen einer geführten Tour besichtigt werden. Durch die zusätzliche Gebühr, die für das Betreten des Reservates erhoben wird und das Monopol der wenigen indianischen Touranbieter, entsteht der hohe Eintrittspreis. Der Besucherandrang ist dennoch so groß, dass im Viertelstundentakt Gruppen von 10-15 Personen durch den Canyon geschleust werden.
Es gibt zwei verschiedene Zugänge zum Canyon, die nicht weit voneinander entfernt liegen: den Upper und den Lower Antelope Canyon. Die beiden Abschnitte unterscheiden sich in ihrer Form: Der Upper Canyon hat einen breiten Grund und oben eine schmale Öffnung, der Lower Canyon hat einen schmalen Grund und oben ein breite Öffnung. Das führt zu verschiedenen Lichtspielen zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten. Reto und Andrea, die beiden Schweizer, die wir im Canyonlands NP getroffen hatten, waren schon dort. Sie haben uns den Tipp gegeben, dass der Lower Canyon trotz des niedrigeren Eintrittspreises aus ihrer Sicht etwas sehenswerter ist. Wir entscheiden uns also für den Lower Canyon.
Von oben betrachtet ist der Slot Canyon eine völlig unscheinbare Felsspalte in einer kargen Umgebung, doch sobald wir die Stahlleitern hinabgestiegen sind, befinden wir uns in einer anderen Welt. Die Sandsteinformationen, die sowohl bizarre Kanten, aber meist harmonisch geschwungene Wellen hervorbringen, beeindrucken uns sehr. Die schmale Schlucht ist zum Teil mehr als 30m tief und die Öffnungen am Canyonrand lassen nur wenig oder zum Teil nur sehr punktuell das Sonnenlicht hinein scheinen. Doch genau das macht den Reiz aus, denn die Farbkompositionen der Steinwände aus Rot-, Orange- und Brauntönen, kommen so erst richtig zur Geltung. Circa 1,5 Stunden dauert die Tour durch dieses bemerkenswerte Naturschauspiel. Leider dürfen wir kein Stativ mit hinunter nehmen, sodass wir uns bei der gegebenen Lichtsituation mit hohen ISO Werten und kleiner Blende zufrieden geben müssen. Es gibt auch spezielle Fototouren, bei denen dann das Mitnehmen eines Statives erlaubt ist, doch dafür bezahlt man dann entsprechend mehr.
Slot Canons sind prinzipiell immer mit Vorsicht zu genießen. Nach starken Regenfällen kann es hier zu Flash Floods kommen. Auch wenn es beim Canyon selbst nicht regnet und über ihm strahlend blauer Himmel ist, kann Wasser von kilometerweit entfernten Regenfällen plötzlich in einer meterhohen Flutwelle den schmalen Canyon durchströmen. Was sonst zur Herausbildung dieser wunderschönen Slot Canyons führt, kostete so im Jahre 1997 elf Touristen im Lower Antelope Canyon das Leben. Egal welchen Slot Canyon man begeht, man sollte sich vorher im Wetterbericht über Niederschläge in der weiteren Umgebung informieren.
Den Antelope Canyon zu durchwandern ist definitiv ein schönes Erlebnis. Doch in Utah befinden sich noch zahlreiche andere Slot Canyons, die auch sehr farben- sowie formenreich und dabei kostenfrei und nicht so überlaufen sind. Allerdings sind diese meist schwieriger zu erreichen und erfordern zum Teil fortgeschrittene Kletterkünste oder manchmal sogar Neoprenanzüge, um Wasserstellen zu durchqueren. Tatjana und Michi hatten uns ja schon damals auf die Slot Canyons aufmerksam gemacht und so entscheiden wir uns dafür, im Grand Staircase Escalante National Monument (GSENM) einige dieser Slot Canons zu besuchen. Wir verabreden uns mit den beiden zu einem erneuten Treffen in einer Pizzeria in Escalante. Es ist schön, sich mal wieder ausführlich in deutscher Sprache mit anderen Reisenden auszutauschen. Auch im übertragenen Sinne sprechen wir die gleiche Sprache und verstehen uns sehr gut, da wir ähnliche Interessen und Ansichten haben. Die beiden geben uns Tipps für Slot Canyons in der Nähe und so machen wir uns in den nächsten beiden Tagen auf, die Dry Fork Canyons und den Big Horn Canyon zu erkunden.
Die Anfahrt zu den Dryfork Canyons über die Schotterpiste „Hole-In-The-Rock-Road“ dauert circa eine Stunde. Das letzte Stück ist mit den Bikes etwas kniffelig, da der Pfad sehr uneben ist und seitlich stark abfällt. Nachdem wir durchgeschwitzt das Ziel erreicht haben, beginnt unsere Wanderung. Drei Slot Canyons liegen hier nah beieinander und münden alle in einen größeren Canyon. Der Eingang zum Peek-a-boo Slot ist nur durch Klettern an einer circa vier Meter hohen Wand zu erreichen. Der Sandstein ist rutschig und es gibt kaum Möglichkeiten zum Greifen mit den Händen oder zum Stemmen mit den Füßen. Auf halber Höhe merke ich, dass ich hier vielleicht irgendwie hochkommen würde, doch dass das Herunterklettern schon schwieriger wird. Vier Meter Fall auf Steinboden würde wohl doch wehtun und so brechen wir das erstmal ab.
Wir erkunden zunächst den Spooky Canyon, der seinem Namen alle Ehre macht. Die Felswände bestehen aus dunklem Gestein und es wird immer enger und enger. Bald müssen wir die Tankrucksäcke zurücklassen und seitwärts weitergehen. Doch auch in diese schmale Felsspalte dringt etwas Sonnenlicht und beleuchtet die zum Teil wie glatt geschliffenen Steinwände. Nach diesem spannendem Ort treffen wir auf dem Rückweg andere Wanderer, die den Peek-a-boo durchquert haben. Sie erzählen uns von einem Hinterausgang, auf dessen Suche wir uns dann direkt begeben. Auf dem Weg kommen uns zwei Leute entgegen und sie beschreiben uns in etwa wo der Eingang liegt. Nach etwas Suche finden wir es schließlich und können nun ohne halsbrecherische Aktionen in das Innere des Canyons vordringen. Auch hier treffen wir auf sehr schöne Form- und Farbgebungen und halten uns dort eine Weile auf. Auf dem Rückweg verlaufen wir uns fast, da wir den falschen Sandspuren folgen und machen einen halbstündigen Umweg. Zum Schluss bleibt uns noch, den Dryfork Canyon entlang zu wandern. Dieser ist nicht ganz so eng wie die anderen, aber auf Grund seiner lila-rosanen Farbgebung und Größe dennoch eindrucksvoll. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit sind wir wieder am Zelt, kochen uns unser Abendbrot und in fallen ins „Bett“.
Am Morgen wartet die nächste Tour auf uns: der Bighorn Trail. Dank der guten Beschreibung von Michi finden wir den nicht ausgeschilderten Ausgangspunkt in dieser einsamen Gegend. Mit Sonnencreme, Sonnenhut, Wasser und ein paar Snacks bewaffnet, machen wir uns auf den Weg. Wir folgen den Spuren im Sand und bald können wir den Canyon erkennen. Die Steinlandschaft hier unterscheidet sich wieder von dem, was wir bisher in Utah gesehen haben. Diesmal dominieren die Farben Gelb, Lila, Weiß und Orange. Nach einiger Zeit zieht sich der bisweilen geräumige Canyon immer weiter zu, bis wir auf eine Engstelle stoßen.
Hier muss es in den Slot Canyon hineingehen, denken wir uns. Doch nach ein paar Metern wartet die erste Hürde: ein Wasserloch. Eigentlich kein Problem, doch man sollte bei Slot Canyons, die man nicht kennt, stets an den Rückweg denken. Wir wissen noch nicht genau wie tief das Loch ist und man muss sich ein Stück den Sandstein hinunterrutschen lassen um hinein und hindurchzukommen. Steht oder schwimmt man sogar einmal im Wasser und kommt den Sandstein nicht mehr hoch, ist man gefangen. Hier draußen ist weit und breit keine Menschenseele und wir wollen natürlich nicht gefangen in der Steinwüste enden. Also prüfen wir erstmal mit einem langen dünnen Ast, wie tief das Becken ist. Der Befund: knietief und damit für uns machbar. Dann lasse ich mich hineingleiten, um zu prüfen ob ich aus eigener Kraft wieder zurückkommen würde. Es sieht einfach aus, doch die Sandsteinrutsche ist extrem glatt und ich finde keine Stelle, um mich mit den Händen irgendwo festzuhalten. Die nackten Füße rutschen ständig auf dem mittlerweile vom Wasser schmierigen Sandstein ab und nach einiger Zeit wird das Wasser ganz schön kalt.
Für diesen Fall sollte Stephan oben bleiben, um mir helfen zu können. Unser erster Plan: im Wasser eine kleine Treppe aus Steinen bauen. Eine blöde Idee, wie wir schnell feststellen, denn sämtliche Steine aus der Umgebung sind poröser Sandstein und zerspringen und zerbröseln im Wasser. Nach erneuten, mehrmaligen Versuchen schaffe ich es dann doch mich im Rückwärtsgang aus dem Loch hochzudrücken. Dabei hilft mir eine minikleine Auswölbung im Stein, die ich mit meinen Zehen umklammern kann. Es geht also doch und nachdem es Stephan auch noch mal versucht hat, packen wir unser Zeug und transferieren unser Tagesgepäck und die Schuhe auf die andere Seite des Wasserlochs. Frohen Mutes dringen wir in den interessanten Slot ein, doch bereits nach weniger als 50 Metern kommt die Enttäuschung: hier ist eine so schmale und tiefe Stelle, dass wir gar nicht erst an einen Versuch denken uns dort hineinzuwagen. Also müssen wir wieder zurück durchs Wasserloch. Spannend war es trotzdem und wir haben mal wieder etwas dazugelernt.
Wir versuchen nun oben am Canyonrand weiterzukommen und finden nach einer Weile tatsächlich einen Pfad, der uns immer weiter in den Bighorn Canyon hineinführt. Es wird wieder eng, doch diesmal können wir mit etwas Klettern alle Hindernisse überwinden. Rechts und links von uns ragen die Felswände steil empor und ab und an huscht eine kleine Echse an uns vorbei. Wir haben pro Person nur einen Liter Wasser dabei, was viel zu wenig ist. Wir hatten jedoch nicht damit gerechnet 6,5 Stunden unterwegs zu sein. Außerdem geraten wir langsam unter etwas Zeitdruck, denn die huckelige Zufahrtstraße wollen wir auf jeden Fall noch vor Sonnenuntergang zurück fahren. Mit riesigem Durst kommen wir wieder an den Motorrädern an, fahren die Schotterpiste zurück und freuen uns mal wieder auf ein selbstgemachtes Campingabendbrot aus der Tüte.
Posted in USA by Ulli
Monument Valley, Betatakin und Grand Canyon
25.-29.09.2014
Es ist ein beliebtes Motiv für Bikerfotos: am Ende einer langen, schnurgeraden Straße erheben sich die legendären Felsformationen des Monument Valleys. Auch wir wollen dieses Erlebnis nicht missen und fiebern diesem Naturwunder entgegen. Das Tal befindet sich im Indianerreservat der Navajo. Die US-Regierung hat den Indianern für die Reservate die wertlosesten Landstriche zur Verfügung gestellt, die sie finden konnte. Doch mit dem beliebten Touristenziel Monument Valley, haben die Navajos eine gute Einnahmequelle. Die 20€ Eintritt die man für Gruppen von 1-4 Personen verlangt, teilen wir uns mit einem anderen Paar, dass wir kurz vor dem Kassenhäuschen „kennengelernt“ haben.
Im Valley gibt es eine ausgeschriebene Rundstrecke, die man mit Privatfahrzeugen befahren darf. Aufgrund der knappen Zeit und der großen Hitze wollen wir uns nicht mit den Bikes über die sandige Piste quälen und suchen nach einer Mitfahrgelegenheit. Wir sind mit unserem Versuch zu trampen erfolgreich und Bill und Eileen aus Texas nehmen uns in Ihrem Pickup mit. Wir verbringen zwei lustige Stunden mit den beiden und Eileen schenkt uns am Ende zwei kleine Traumfänger. Leider haben wir nie die SMS von den beiden erhalten und konnten später nicht mehr mit Ihnen in Kontakt treten.
Im Museum der Navajo haben wir erfahren, dass die Navajos im Pazifikkrieg gegen Japan von Seiten der USA als sogenannte Code-Talker eingesetzt wurden. Die Indianer übersetzten die militärischen Befehle in ihre Muttersprache und entsprechende Codes. Ihre Sprache ist so einzigartig und mit keiner europäischen oder asiatischen Sprache verwandt, dass der Gegner sie nicht zu entschlüsseln vermochte.
Auf dem Weg zum Grand Canyon machen wir einen Übernachtungsstopp im Navajo National Monument. Dort gibt es einen Campingplatz mit Bad und Wasser, den man mehrere Nächte kostenlos nutzen darf. Daher entscheiden wir uns am nächsten Morgen für eine kostenlose geführte Tour, hinunter zum alten Höhlendorf Betatakin. Da wir in der Nebensaison hier sind, bekommen wir auch morgens einen Platz für die begehrte Tour mit dem Parkranger. Der lange Abstieg in den Canyon lohnt sich. Das Dorf in der Sandsteinhöhle wurde im 13. Jahrhundert circa 50 Jahre lang von den Anasazi, einer alten Indianerkultur, bewohnt. Die Höhle misst 110m Höhe x 136 Breite x 46m Tiefe und bot mit ihren 135 Räumen circa 75 bis 100 Menschen ein zu Hause. Die Anasazi betrieben im Canyon und oben am Canyonrand Landwirtschaft. Wahrscheinlich aufgrund einer langanhaltenden Dürre wurde der Wohnort schlagartig verlassen. Im Canyon gab es noch weitere bewohnte Höhlen, doch Betatakin ist nach 700 Jahren eines der drei sehr gut erhaltenen Dörfer. Vor unserem inneren Auge stellen wir uns vor, wie es vor langer Zeit hier wohl zugegangen sein mag.
Die Fahrt zum Grand Canyon ist durch den langanhaltenden und starken Wind unangenehm. Am Horizont sieht der Himmel außerdem recht düster aus. Das Gebiet ist touristisch so erschlossen, dass wir unser Zelt nicht einfach irgendwo hinstellen können und uns für den Zeltplatz Desert View entscheiden. Von dort aus laufen wir zum Canyonrand und schauen zum ersten Mal mit eigenen Augen in diesen gewaltigen Canyon, den wir bisher nur von zahlreichen Fotos kennen. Das aufziehende Unwetter zwingt uns allerdings bald zum Rückzug. Zum Glück finden wir schnell Unterschlupf unter dem Vorbau eines Ladens. Die Verkäuferin schreit aufgeregt zu den Leuten herüber, die immer noch im Blitzlichtgewitter über das Plateau spazieren. Sie erklärt uns später, dass hier jedes Jahr Leute vom Blitz erschlagen werden. Auch wir bekommen die Auswirkung der Blitze hautnah zu spüren. Zeitgleich mit einem Blitzeinschlag in nicht all zu weiter Ferne, merken wir wie uns die Harre im wahrsten Sinne des Wortes zu Berge stehen und konnten die Spannung richtig fühlen.
Zurück am Zelt wartet dann schon eine Bescherung auf uns. Der Boden unterm Zelt ist ordentlich pampig und es hat schon Wasser von unten in den Zeltinnenraum gedrückt. Die Nächte hier sind empfindlich kalt und auch der kühle Morgen bietet keine idealen Voraussetzungen um Kleidung zu trocknen. Daher brechen wir erst am späten Vormittag zu den bekannteren Aussichtspunkten an der South Rim auf, die ca. 25km entfernt liegen. Aufgrund des Massenansturmes kann man viele der Aussichtspunkte nicht mit dem eigenen Fahrzeug anfahren, sondern muss sich in einen der überfüllten, aber kostenlosen Shuttlebusse quetschen. Die Aussichten sind grandios.
Eigenartigerweise zählt der Grand Canyon dennoch nicht zu den Höhepunkten unserer Reise. Er ist zu unnahbar, zu weit weg und berührt uns daher vielleicht nicht so sehr wie erwartet. Wahrscheinlich hätten wir in den Canyon hinabsteigen müssen. Innerhalb von einem Tag ist solch eine Wanderung bis zum Canyon-Boden jedoch nicht möglich. Die begehrten Übernachtungsplätze sind teuer und müssen lange im Voraus gebucht werden. Unser Zelt ist für eine Tour ins sogenannte Backcountry auch zu schwer und wir haben keine Rucksäcke um entsprechendes Equipment zu tragen. Also belassen wir es bei den Aussichtspunkten von der Rim und kehren vielleicht irgendwann mal zurück, um den Canyon aus seinem Inneren heraus richtig zu erleben und zu begreifen.
Posted in USA by Ulli
Utah – Canyonlands und Arches NP
19.-24.09.2014
Auf dem Highway werde ich immer müder, denn es ist so warm, dass selbst der Fahrtwind keine Kühlung mehr bringt. Beide ächzen wir inzwischen unter der prallen Sonne Utahs, die selbst im Schatten das Thermometer auf 35°C steigen lässt. Doch es gibt eine Entschädigung: zum ersten Mal sehen wir diese riesigen Steinwüsten mit ihren rot leuchtenden Felsen, die eine eigene bizarre Landschaft formen.
Hinter jeder Kurve eröffnet sich uns ein neuer atemberaubender Blick und wir müssen alle 500m anhalten, um die Landschaft auf uns wirken zu lassen und Fotos zu machen. In dieser Hitze zeigt sich jedoch besonders die Unverträglichkeit zwischen Motorradreisen und Fotografieren: es ist einfach zu heiß in der Sonne in der Motorradkleidung, um sich auch nur 10 Meter weiter zu Fuß zu bewegen oder sich auf die Kameraeinstellungen zu konzentrieren. Dennoch machen wir ständig Halt, sodass es schnell Abend wird und wir uns mit der Schlafplatzsuche ranhalten müssen. Auf einer Webseite mit Tipps für kostenlose Zeltplätze (www.freecampsites.net), haben wir Hinweise für gute Wildcampingplätze vor den Toren des Canyonlands Nationalparks gefunden. Tatsächlich finden wir nach längerem Hin und Her einen guten Platz im Hinterland am Rande einer Schotterstraße und verbringen am Ende fünf Nächte dort. Unser Lager befindet sich nämlich genau zwischen den beiden spektakulären Nationalparks (NP) Canyonlands und Arches NP in der Nähe von Moab. Von dort können wir Tagestouren in die Parks und zum Einkaufen in die Stadt machen, ohne jeden Tag einen neuen Zeltplatz suchen zu müssen. Glücklicherweise gibt es in den USA in den NPs immer Trinkwasserentnahmestellen, sodass wir immer frisches Wasser mit zum Zelt zurückbringen.
Bei der Einfahrt in den Arches NP bin ich von der Landschaft so überwältigt, dass sich ein richtiges Glücksgefühl einstellt, hier sein zu dürfen. Eine skurrile Felsformation jagt die nächste. Am Ende des Parks entscheiden wir uns für eine Wanderung im „Devilsgarden“. Wie so oft ziehen wir uns also auf der Straße im Sichtschutz von ein paar parkenden Autos für die Wanderung um. Wir wandern zum Landscape Arch, dem 2. längsten natürlichen Steinbogen der Welt (88m Spannweite) und bestaunen die anderen zahlreichen Steinbögen und „Fenster“.
Am nächsten Tag besuchen wir den Canyonlands NP. Eine circa 2km lange Wanderung entlang an der Rim, führt uns zum Grand View Point. Von dort haben wir einen Ausblick auf umliegende Canyons, weite Ebenen und Berge, der seinesgleichen sucht. Allerdings sehen wir auch eine große Unwetterfront auf uns zukommen. Das sieht gewaltig aus und da wir uns auf einem Plateau befinden, sollten wir uns besser vor dem Eintreffen des Gewitters aus dem Staub machen. Zurück am Bike fängt es auch schon an zu tröpfeln. Eigentlich wollten wir noch andere Teile des Parks besuchen, doch das fällt sprichwörtlich ins Wasser. Auf der Fahrt wird der Regen stärker und im Rückspiegel wird es immer dunkler – lieber schnell weg hier. Die vorher so schön kurvig zu fahrende Straße, die wir wieder zurück müssen, wird nun zur Geduldsprobe, denn dass Unwetter ist erstaunlich schnell. Bald hat sich der Himmel zu unseren Seiten auch schon zugezogen und wir geben so weit es geht Gas. Es gibt hier keine Unterstellmöglichkeiten also ist unser Zelt das Ziel.
Gerade noch bevor der Wolkenbruch einsetzt, schaffen wir es zum Zelt. Der Boden ist schon stark aufgeweicht und Wasser und Schlamm laufen unter den Zeltboden. Mit unserem Miniklappspaten versuchen wir einen kleinen Ablaufgraben um das Zelt herum zu buddeln. Dann liegen wir eine Stunde mit ohrenbetäubend lauter Geräuschkulisse im Zelt und warten ab. Plötzlich ist es ruhig. Nach einiger Zeit hören wir jedoch ein anderes Geräusch, das nicht so richtig hier hin passt. Ich ahne es schon und mache mich auf den Weg, um der Ursache auf den Grund zu gehen. Circa 50 Meter weiter verläuft nun eine reißende Schlammflut. An dieser Stelle hätten wir vor zwei Tagen fast unser Zelt aufgebaut, doch da der Boden zu steinig war, sind wir eine Ebene weiter hoch gezogen. Wir wissen, dass man nicht in ausgetrockneten Flussbetten zeltet, doch das diese Stelle der Wasserlauf für sogenannte Flash Floods (plötzlich auftretende Überflutungen) ist, haben wir beim besten Willen nicht erkannt.
Der neue Fluss schneidet uns nun auch den Rückweg zurück zur Zivilisation ab. Das ist aber nicht so schlimm, denn diese Flash Floods verschwinden innerhalb einiger Stunden, eben dann wenn das ganze Regenwasser abgelaufen ist. Ohnehin sind wir nun erstmal damit beschäftigt uns dieses Naturspektakel anzusehen. Wir wandern den Schlammfluss entlang in Richtung Canyon. Am Rande des Canyons verschlägt es uns fast den Atem: die gewaltigen Schlammmassen stürzen circa 100 Meter in die Tiefe. Das ist mal wieder ein Erlebnis völlig neuer Natur für uns. Gleichzeitig haben wir immer im Hinterkopf, was passiert wäre, wenn wir unser Zelt ein paar Meter weiter vorne aufgebaut hätten.
Tag 4 verbringen wir wieder im Arches NP, denn wir wollen noch zum weltberühmten Delicate Arch wandern. Allerdings ist der andere, einfach zu erreichende Aussichtspunkt wegen einer Schlammüberflutung vom Vortag noch gesperrt, sodass sich leider sehr viele Leute auch für diese Wanderung entscheiden. Eine Wegbeschreibung brauchen wir nicht, die Menschenschlange zieht sich bis zum Horizont. Ganze Busladungen von Asiaten scheinen unterwegs zu sein. Weiße Haut gilt in China als Schönheitsideal, sodass viele von ihnen langärmelige Pullover, Gesichtstücher und sogar Handschuhe tragen, um der Bräunung ihrer Haut durch die sengende Sonne zu entgehen. Wir fragen uns wie sie das in dieser Hitze aushalten. Oben am Ziel tummeln sich wie erwartet etliche Leute, so dass es schwer wird Fotos zu machen, bei denen der Steinbogen das Hauptmotiv darstellt.
Das, was wir wegen dem Unwetter im Canyonlands verpasst haben, holen wir am letzten Tag nach. So lernen wir in der Nähe des Upheaval Domes, einem großen Krater, Tatjana und Michi kennen, die beiden Abenteurer und Slot Canyon Wanderer aus Bayern. Wir werden sie später in Escalante wieder treffen und sie haben uns auf die wunderbare Idee gebracht Slot Canyons zu bewandern. Später treffen wir auch noch Reto und Andrea aus der Schweiz, welche uns nach einem längeren angenehmen Gespräch je eine kühle Cola schenken. Was für ein Genuss! Mit dieser kleinen Sache haben sie uns eine sehr große Freude gemacht, denn wenn man, so wie wir, monatelang nur wohltemperiertes Wasser trinkt, ist so eine kühle Cola wie eine kleine Geschmacksexplosion für uns. Nach fünf erlebnisreichen Tagen brechen wir nun nach Arizona auf.
Das Monument Valley und der Grand Canyon warten schon auf uns.
Posted in USA by Ulli
Mount Evans
16. – 19. September
Am Abend fahren wir nach circa 330 Meilen auf der Interstate zu einem wunderschönen Zeltplatz inmitten zahlreicher Gesteinsformationen, die teilweise an das Elbsandsteingebirge erinnern. Gern hätten wir diese Gegend etwas mehr erkundet, aber das Wetter treibt uns an weiter in den Süden zu fahren. So fahren wir auch relativ untypisch für uns die nächsten Kilometer ohne viele Stopps und dies obwohl wir uns im Herbst im wunderschönen Colorado befinden. Die Farbvielfalt der Wälder ist dabei einfach genial und ehrlich gesagt, habe ich früher das eine oder andere Foto solcher Szenarien für unecht und nachbearbeitet gehalten, aber nun bin ich eines besseren belehrt wurden – die Farben sind großartig. Zwischendurch haben wir auch mal 85 Octan Benzin getankt, doch nachdem wir deutlich den Leistungsverslust der Motorräder gespürt haben, steigen wir wieder auf 87 Octan um. Die Maximalgeschwindigkeit lag nämlich plötzlich nur noch bei 110 km/h (von normalerweise 150) und das Beschleunigungsvermögen entsprach dem einer lahmen Ente.
Unser nächstes Ziel liegt etwa 70km entfernt von Denver und heißt Mount Evans. Mit einer Höhe von 4.350m gehört er zu den höchsten Bergen der USA und das Beste daran ist, dass man anhand einer asphaltierten Straße den Gipfel erreichen kann. Da es aber schon spät geworden ist, bleibt uns erst mal nichts anderes übrig als mal wieder einen Übernachtungsplatz zu finden. So fahren wir etwas an den Stadtrand Idaho Springs und fragen bei Matt und Adrienne ob wir unser Zelt für eine Nacht in ihrem Garten aufbauen können. Nachdem wir das Zelt aufgebaut haben, werden wir auch gleich zu leckeren selbstgebackenen Keksen eingeladen. Mit den Beiden unterhalten wir uns dann noch bis spät Abends, und dass obwohl Adrienne verdammt zeitig aufstehen muss. Am nächsten Morgen starten wir nach einem leckeren Frühstück mit Matt zu unserer Bergwanderung und sind guter Dinge, dass wir mit den Bikes noch bis zum Gipfel fahren können, denn in wenigen Tagen wird die Straße dort hin, wegen möglicher Schneefälle, geschlossen. Auch wir würden gern die Aussicht genießen und freuen uns auf einen entspannten „Aufstieg“ mit den Motorrädern. Bereits der Weg dort hin ist eine reine Augenweide. Viele Bäume mit gelb leuchtendem Laub säumen den Straßenrand und bilden einen sehr schönen Kontrast zu den restlichen grünen Laub- und Nadelbäumen. Deutlich verstärkt wird dieser Kontrast, wenn die Sonne das Laub von hinten durchleuchtet.
So schön die Farben auch sind, dass für uns nun Sichtbare verdirbt uns auf den ersten Blick gehörig die Laune. Wir sehen am Beginn der Auffahrt zum Gipfel ein Schild mit der Aufschrift „Closed“ (geschlossen). Auch das Schrankenhäuschen ist unbesetzt und lässt uns böses ahnen. Denn in den USA schließen viele Museen und Naturdenkmäler nach dem Labor Day. Wir schauen uns die Sache mal genauer an. Auf dem Schild wird ersichtlich, dass nur der obere Teil der Zufahrt gesperrt ist und wir zumindest bis zum Summit Lake fahren können. Deutlich ernüchtert führt uns nun die Straße immer weiter den Berg hinauf und hinter jeder Kurve vermute ich nun, dass die Fahrt gleich zu Ende ist. Aber die Fahrt zieht sich noch ordentlich hin. 4.350m an Höhe erklimmt man dann doch nicht so schnell. Von weiten sehe ich nun schon die Straßensperrung und bin etwas enttäuscht, dass uns der Rest vorenthalten bleiben soll. Deshalb dauert es eine Weile, bis das Panorama richtig auf uns wirken kann. Wir parken die Bikes und schauen uns ein wenig um. Dabei treffen wir auf ein polnisches Paar, welches sich dazu entschieden hat die letzten 5 Meilen der Straße hochzulaufen. Wir überlegen auch kurz und entscheiden uns dagegen. In einem kurzen Gespräch mit einem Ranger macht dieser uns den Mount Evans Trail schmackhaft, den wir dann auch in Angriff nehmen.
Wir befinden uns zu diesem Zeitpunkt bereits auf über 3.000m Höhe. Schnell tauschen wir die Motorradstiefel gegen Wanderschuhe und machen uns auf den Weg. Bereits nach dem ersten Aufstieg macht sich die Höhe bemerkbar und wir merken, dass wir ordentlich nach Luft japsen. Es nutzt nichts, wir wollen weiter. Teilweise können wir den Trail nur erahnen uns spätestens wenn wir an Stellen kommen, die dann doch nicht nach einem Trail aussehen, suchen wir wieder den richtigen Weg. Das Wetter meint es an diesem Tag gut mit uns und treibt die Temperatur zusätzlich in die Höhe. Eigentlich wollten wir ja nur schnell hochfahren und die Aussicht genießen, aber nun befinden wir uns auf einer Wanderung, die uns einiges abverlangt. Die grandiose Weitsicht und das Panorama mit dem Mount Evans entschädigen aber für diese Anstrengungen. So geht es Schritt für Schritt höher und höher und die Luft wird immer dünner. Dies bekommt vor allem Ulli zu spüren. Ihr macht die Höhenluft sichtlich zu schaffen. Hinzu kommt noch, dass der zuvor durch den Ranger als einfach beschriebene Trail immer felsiger wird. Die Wegemarkierungen fallen immer spärlicher aus und führen uns auf so manchen Umweg. Am süd-westlichen Hang kommen dann auch noch kleine Klettereinlagen über Steinblöcke hinzu, die auf Grund der Steilheit des Hangs einige Überwindung kosten. Die letzten Meter ziehen Wolken auf und sorgen mit einigen Schneeflocken zwar für etwas Abkühlung. Der Donner hingegen lässt unsere Besorgnis wachsen und wir fragen uns das ein oder andere Mal ob dies so eine gute Idee war. Wir entschließen uns weiter zu machen und meistern die letzten Meter zum Gipfel im Schneckentempo, aber wir sind da. Wir haben es geschafft.
Auf dem Gipfel treffen wir dann auch Evan aus Kanada, der uns kurze Zeit vorher überholt hatte, wieder. Gemeinsam mit ein paar anderen Wanderern genießen wir die wunderschöne Aussicht und essen dabei unseren mitgebrachten Kuchen. Da wir eigentlich davon ausgegangen waren mit den Bikes hier hoch zu fahren beziehungsweise weil der Ranger sagte, dass es ein leichter Aufstieg sei, nahmen wir den „Gipfelkuchen“ mit auf den Weg. Nachdem wir uns dann etwas von den Strapazen erholt haben, geht es wieder Berg ab, aber dieses Mal auf der Straße. Nach einem Fotoshooting mit einer Bergziege und nur einigen Metern auf der Straße zieht sich der Himmel schnell zu und es beginnt zu blitzen und hageln. Was nun? Da das Gewitter sich nicht unmittelbar auf uns zubewegt entscheiden wir uns weiter zu gehen und den Hagel in Kauf zunehmen. Mitten im Hagelsturm treffen wir dann auch noch auf eine Herde Bergziegen. Zum Glück hört der Hagel auf und wir können auch hier noch einige Fotos machen. Dann geht es aber unaufhaltsam Berg ab. Fast am Parkplatz angekommen, merke ich wie mir die Sonne zusetzt, aber nun ist es fast schon zu spät. Leichte Kopfschmerzen machen sich bemerkbar, aber da muss ich nun durch. Gleich ist es geschafft. Aus der Ferne sehen wir bereits die Motorräder und freuen uns, dass diese noch an Ort uns Stelle sind. Da uns diese Wanderung deutlich mehr Zeit gekostet hat als geplant und wir ziemlich erschöpft sind, entscheiden wir uns nicht mehr zu unserem für heute geplanten Ziel zu fahren. Schweren Herzens fragen wir erneut bei Matt und Adrienne nach ob wir nochmals ihre Gastfreundschaft in Anspruch nehmen können. Wie selbstverständlich sagen die Beiden abermals „ja“ und lassen uns in ihrem Garten campen.
Black Canyon of the Gunnison
Am nächsten Morgen (Donnerstag, 18.09.) fahren wir zeitig weiter zum Black Canyon of the Gunnison. Dabei durchfahren wir nochmals schöne Teile Colorados und sind etwas traurig, dass wir hier nicht mehr Zeit verbringen. Auf dem Weg zu unserem heutigen Ziel fahren wir auch über den Monarch Pass, der direkt auf der Kontinentalscheide (Continental Divide) liegt. An dieser Stelle entscheiden nur wenige Zentimeter ob Regenwasser in den Atlantik oder Pazifik fließt. Am Abend campen wir auf einem zum Black Canyon of the Gunnison zugehörigen Zeltplatz und treffen beim Abendessen am Sunset Point des Canyons auf Dan aus Calgary. Er ist mit seiner KLR (ein hier weit verbreitetes Motorradmodell von Kawasaki, ähnlich wie unserer Tenere) von Kanada nach Zentralamerika gefahren und nun auf dem Rückweg. Wenn das keine perfekte Gesprächsgrundlage ist? So sehr ins Gespräch vertieft, verpassen wir auch fast den Sonnenuntergang. Am Folgetag gehen wir dem Canyon auf den Grund und fahren eine steile Straße herunter ins Tal. Es ist schon beeindruckend wie unterschiedlich ein und derselbe Canyon aus den verschiedenen Perspektiven aussieht. Wieder oben angekommen, besuchen wir noch einige sehenswürdige Punkte des Canyons, wie die Painted Wall und den Chasm Point. Dann heißt es für uns Aufbruch nach Utah.
Posted in USA by Krad Wanderer
Powerfrau und Teufelsberg
Nach fast zwei Wochen bei Roger und Janet auf der Ranch, satteln wir wieder unsere Bikes. Gerne wären wir noch länger geblieben, aber die Zeit und auch der Winter sitzen uns im Nacken. Zum einen läuft Anfang Dezember unser Visa aus, und zum anderen rückt das kalte Wetter aus dem Norden immer weiter nach Süden. Unser Zielort heute ist Buffalo in Wyoming. Diese kleine historische Westernstadt liegt etwas mehr als 200 Meilen südöstlich unserer derzeitigen Position. Zu den rund 4.000 Einwohnern zählen auch Lou und Brent Braten, unsere nächsten Gastgeber.
Mehrere Routen führen uns zu unserem Ziel, aber da wir eine Schlechtwetterfront erwarten, entscheiden wir uns den Weg über den Bighorn National Forrest zu meiden und fahren nahezu die gesamte Strecke auf den vielbefahrenen Highways. Für etwas Abwechslung in dieser eintönigen Fahrt sorgt der Besuch beim Little Bighorn Battlefield National Monument. An diesem historischen Ort wurde am 25. Juni 1876 George Armstrong Custer und sein Kavallerieregiment von Indianern der Arapaho, Cheyenne und Lakota-Sioux unter der Führung von Sitting Bull, Crazy Horse und Gall besiegt. Die war einer größten Siege der Indianer gegen die U.S. Army. Die Grabsteine stehen heute an den Orten, an denen die Soldaten und Custer gefallen sind.
Ein kurzer Film im Informationscenter zeigt uns anschaulich den Hergang der Schlacht, aber beleuchtet ebenso wie es dazu gekommen ist. Sicherlich hatten wir in der Vergangenheit schon davon gehört, aber hier zu stehen und die Geschichte so detailliert und anschaulich erzählt zubekommen ist schon etwas anderes. Generell erkennen wir zunehmend, wie elend den Indianern in dieser Zeit mitgespielt wurde und sind erstaunt, dass dies in der Geschichte der USA nur noch so wenig Beachtung findet.
19.30 Uhr erreichen wir endlich Buffalo und werden von Lou und Brent herzlichst willkommen geheißen. Lou ist die Mutter von Gail und ist mit ihren 90 Jahren noch extrem fit, was sie uns am nächsten Morgen (Dienstag, 9. September) bei einem Besuch im örtlichen Schwimmbad eindrucksvoll beweist. Gemeinsam mit ihr machen wir einige Übungen, die auch unseren Körpern sehr gut tun. Im Schwimmbad werden wir von Ed für Mittwoch zum Mittagessen mit seiner Frau eingeladen. Brent ist einer der jüngeren Brüder von Gail und verköstigt uns mit seinen leckeren selbstgemachten Bagels, die durch das Gewürz Tumerick einen besonderen Geschmack erhalten. Gemeinsam mit ihm gehen wir zur örtlichen Post, da wir endlich mal ein Paket in die Heimat schicken wollen. Einige Erinnerungsstücke und selten gebrauchte Kleidung, wie das Thermo-Futter der Motorradkleidung sollen endlich aus unserem Gepäck verschwinden, um mehr Platz für wichtigere Dinge zu haben. Aber ein Paket nach Deutschland zu schicken ist gar nicht so einfach wie gedacht. Die Zollbestimmungen haben es echt in sich, ganz zu schweigen von den horrenden Versandkosten. Wenn man nicht richtig aufpasst, kann man schnell mal 180 Dollar für ein circa 2,5kg schweres Päckchen loswerden. Der lokale Postbeamte ist alles andere als hilfreich. Im Gegensatz zu unseren bisher gemachten Erfahrungen in den USA ist hier der Servicegedanke ein absolutes Fremdwort.
Am Mittwochmorgen steigern wir gemeinsam Lou abermals unsere Fitness und lassen es uns im Schwimmbad gutgehen. Es tut mal wieder richtig gut den gesamten Körper etwas zu fordern. Richtiger Sport kommt auf der Reise viel zu kurz, aber das liegt meistens an uns selbst. So vergeht der Vormittag wieder viel zu schnell. Mittags fahren wir zu Ed und Brenda zu ihrem Haus am See und lassen uns mit einem europäischen Mittagessen verwöhnen. Leckere Pizza und ein schmackhafter Salat füllen unseren Energiehaushalt, ebenso wie die selbstgebackenen Kekse nach extra deutschem Rezept. Am Abend schauen wir uns gemeinsam mit Lou und Brent einen weiteren Teil der Dokumentarserie „How the West was lost“ an und erweitern unseren Einblick in die amerikanische Geschichte.
Sprichwörtlich über Nacht ereilte uns eine „weiße Überraschung“ – 28cm Schnee warten draußen auf uns. Zum Glück stehen unsere Motorräder in der großen und geräumigen Garage. Und zum Glück müssen wir bei dem Wetter nicht auf der Straße sein. Dafür heißt es aber den Schnee von den Bäumen zu klopfen, da unter dem Gewicht die Äste reihenweise abbrechen. Auch die Feuerwehr geht dieser Betätigung nach, da scheinbar einige Äste auf die Stromleitung gefallen sind. Dies ist dann wohl auch der Grund, warum wir ohne Strom sind. Nachdem wir die Bäume von ihrer unerwarteten Last befreit haben, konnten wir uns eine Schneeballschlacht im Garten nicht verkneifen. Doch plötzlich bricht unter lautem Krach ein dicker Ast von einem Baum, der direkt am Haus steht, ab und fällt in den Garten, unweit von uns. Das war ein guter Schreck, aber nichts ist passiert, weder Haus noch uns. Lou lädt uns später zu einem Besuch ins Jim Gatchell Memorial Museum ein. Die kurze Geschichte Amerikas zieht uns besonders mit ihren Cowboy-, Abenteurer- und Pioniergeschichten in ihren Bann. Natürlich haben wir auch zu Hause schon mal den einen oder anderen Western gesehen, aber nun wo wir hier sind, wirkt das alles viel intensiver auf uns. Das Museum ist recht klein, aber dennoch interessant. Klar ist unsere Reise nicht mit den Abenteurern und Pionieren der damaligen Zeit zu vergleichen, aber gewisse Parallelen gibt es manchmal. Auch wir wissen oftmals nicht, was uns am kommenden Tag erwarten wird und haben gelegentlich Strecken zu meistern die es in sich haben. Im Anschluss zeigt uns Lou ihre ehemalige Arbeitsstelle im örtlichen Krankenhaus. In diesem modernen Gebäude kennt sie nahezu jeder und begrüßt uns sehr freundlich. In so einem eher kleinen Ort, hätten wir eine solch gut ausgestattete Einrichtung nicht erwartet. Hier hat man uns gegenüber (in Deutschland) echt etwas voraus. Nach einem kurzen Besuch im historischen Occidental Saloon lassen wir den Abend mit dem amerikanischen Western Tombstone aus dem Jahr 1993 ausklingen. Mittendrin meint Lou, dass wir für den morgigen Tag zwei Möglichkeiten haben. Entweder wir machen nichts und entspannen oder wir machen uns auf den Weg nach Mount Rushmore. Wow – Die Frage haut uns fast um. Ungläubig schauen wir uns an, denn zum einen haben wir ja Mount Rushmore zu Gunsten einiger Tage mehr bei Roger und Janet von unseren Zeitplan gestrichen und zum anderen reden wir hier von einem Eintagestrip mit circa 860km Fahrerei, den uns die 90igjährige Lou vorschlägt.
Lange überlegen müssen wir nicht, so starten wir zeitig am Freitagmorgen mit Lou und Brent zu diesem Ausflug. Unterwegs schauen wir uns auch noch den Devils Tower an. Dieser 265m hohe Fels hebt sich stark von seiner Umgebung ab, denn quasi senkrecht gehen die Felswände empor und um ihn herum befinden sich nur ebene Flächen. Keine weitere Erhöhung ist weit und breit um diesen mysteriösen Felsen zu sehen, sodass selbst Forscher nur ungefähr vermuten können, wie die Entstehung dieses Gebildes abgelaufen ist. Nach der Umrundung des Felsens geht es weiter zu einem der Wahrzeichen der USA schlecht hin – Mount Rushmore. Es wird kein Eintritt für den Besuch dieses Wahrzeichens verlangt, doch werden uns erst mal 11 Dollar Parkgebühren abgenommen. Ich weiß nicht wie oft wir diese Gesichter in Filmen und auf Fotos gesehen haben, aber umso größer sind auch unsere Erwartungen an diese gewaltigen Porträtköpfe. Aber wie es manchmal so ist, können die vier Herren nicht mit unseren Erwartungen mithalten. Die Filmmacher und Fotografen haben gute Arbeit geleistet und haben uns ein deutlich imposanteres Bild dieser Köpfe vermittelt. Nun wo wir es live sehen kommt uns dieses Kunstwerk deutlich kleiner vor. Eindrucksvoll ist diese Arbeit aber dennoch. Dargestellt sind von links nach rechts die Präsidenten George Washington (1. US-Präsident), Thomas Jefferson (3.), Theodore Roosevelt (26.) und Abraham Lincoln (16.). Auf dem Rückweg machen wir noch mal einen kurzen Stopp und schauen uns die Milchstraße an, da wir hier fernab großer Städte sind und es hier nur wenig Lichtverschmutzung gibt. Dann geht es aber schnell weiter nach Buffalo.
Am nächsten Tag kommt Roger (der Sohn von Lou) zu Besuch und bringt „etwas“ Beef vorbei. Auf der Ladefläche seines Trucks liegen mehrere große Säcke mit den „Beef-Portionen“. Es ist etwa die Hälfte einer der Kühe von Katie, die für den Eigenbedarf geschlachtet wurde. So viel Beef haben wir noch nie in einer Kühltruhe gesehen, nicht einmal im Supermarkt. Wir freuen uns, dass wir noch ein wenig mit Roger sprechen können und lassen einige Erinnerungen von den Tagen bei ihm wieder aufleben.
Sonntag machen wir uns mit Lou auf einen besonderen Ausflug – es geht zum Crazy Woman Canyon. Durch den Schnee ist die ohnehin schon anspruchsvolle Strecke durch den Canyon matschig und noch schwieriger zu befahren, aber Lou meistert diese Strecke, als ob sie dies jeden Tag machen würde. Dies ist dann auch unsere letzte Unternehmung in Buffalo, denn am Montagmorgen fahren wir weiter, um den immer näher rückenden Winter zu entgehen.
Posted in USA by Krad Wanderer