You have to think like a cow – Teil 2

Das Leben auf einer Ranch ist nicht einfach. Roger und Janet arbeiten meistens von früh morgens bis spät abends, ohne richtiges Wochenende und hatten seit elf Jahren keinen Urlaub mehr. Je nach Jahreszeit folgt die Arbeitsbelastung dem Rhythmus der Natur. Die körperliche Arbeit ist schwer, vom Eimer schleppen über Bewässerungsrohre ausrichten hin zu Einfangen von Kühen vom Pferd aus mit dem Lasso oder Kälber impfen und markieren. Selbst das Schwingen einer Peitsche erfordert viel Kraft, was wir selbst durch Ausprobieren erfahren durften. Alle Probleme die Auftreten, wie das Kaputtgehen eines Arbeitsgerätes, Verfallen von Zäunen, sture Jungbullen usw., müssen selbst gelöst werden. Roger erklärte uns, um eine Ranch zu betreiben und damit zu überleben, muss man alles sein: Cowboy, Farmer, Tierarzt, Mechaniker, Klempner, Wettervorhersager, Pferdeversteher, Hufschmied, Gärtner, Zimmermann, … . Es gibt in allen Bereichen immer etwas zu tun. So erleben wir es auch in den Tagen auf der Farm, jeden Tag gibt es neue Aufgaben, neue Probleme. Wir haben Respekt vor dem was die beiden leisten und können müssen. In Deutschland heißt es ja oft der „dumme Bauer…“, doch wir haben hier gegenteiliges gelernt.  
 
So ging bei uns weiter:
 
Tag 6 – Di, 02.09.2014
 
Wir holen mit Hilfe einer hydraulischen Vorrichtung eine Fahrzeugachse vom Feld und fahren anschließend nach Billings, eine Stadt circa 1 Stunde Autofahrt entfernt, um zwei platte Traktorreifen reparieren zu lassen. Dort besuchen wir auch Roger und Janets Kinder Wilkie und Katie an ihren Colleges. Am Abend sind wir wieder mit Heuballen Transport beschäftigt, bevor wir für Roger und Janet ein Abendessen kochen.
 
 
Tag 7 – Mi, 03.09.2014
 
Wie fängt man auf dem Feld 14 Pferde mit einem einzigen Auto? Roger macht es uns vor. Ein Nachbar hatte ihm Bescheid gegeben, dass seine neun Pferde durch einen kaputten Zaun von ihrer Weide ausgebrochen sind. Weitere fünf Pferde von einem anderen Nachbarn haben sich auf der Nachbarweide dazu gesellt. Speziell diese fünf Pferde sind nicht leicht zu handhaben, da mit ihnen noch nicht gearbeitet wurde. Der erste Schritt ist also alle Pferde auf eine Weide zu bekommen und sie dann gemeinsam zum Verschlag zu bringen. Wir scheuchen also mit dem Truck die fünf Pferde des Nachbarn in Richtung Tor zur anderen Weide, wo bereits Stephan mit Rogers Pferden zum Tor gelaufen kommt. Leider entscheiden sich Rogers Pferde plötzlich dazu, in unsere Richtung zu stürmen und somit rennen die fünf ungebändigten Pferde wieder zurück aufs Feld. Nun können wir wieder von vorne anfangen. Durch geschicktes umherpreschen mit dem Truck auf dem Feld, schafft es Roger sie in die richtige Richtung zu lenken. Er weiß also nicht nur wie Kühe denken, sondern kann auch das Verhalten der Pferde gut vorhersagen. Letztendlich schaffen wir es alle Tiere ins Gehege zu treiben.
 
 
Tag 8 – Do, 04.09.2014
 
Wir sehen vertrauenswürdig genug aus, dass uns Roger einmal seine Gewehre und Revolver ausprobieren lässt. Wir üben also Zielschießen auf Dosen, Flaschen und eine Pappschachtel. Anfangs der Reise dachte ich noch es wird wohl kaum einen amerikanischen Haushalt geben, der nicht eine Schusswaffe hat. Mittlerweile glaube ich, dass es kaum einen amerikanischen Haushalt gibt, der nur eine Schusswaffe hat. Jedenfalls starten wir mit dem halbautomatischen Kurzdistanz-Gewehr. Danach folgt ein kleiner Revolver mit 22er Kaliber, ein Spielzeug im Vergleich zur 44er Magnum. Diese muss man schon gut festhalten, damit sie nach dem Abschuss nicht nach hinten wegfliegt, der Rückstoß ist ordentlich und geht durch den ganzen Körper. Auch die Winchester sollte man gut festhalten und an die Schulter pressen. Eine weitere Steigerung ist dann das Langdistanz-Gewehr mit Standfuss und Zielrohr . Zum anvisieren und schießen liegen wir auf dem Boden. Diese fünf Gewehre und Revolver sind nur ein Teil des Bestandes an Schusswaffen auf der Ranch. Für uns Deutsche erscheint dies seltsam, ebenso wie der Sachverhalt, dass man Gewehre im Supermarkt kaufen kann. Für den Großteil der Menschen hier sind Schusswaffen ein Jagd- oder Sportgerät. Es ist hier nicht unüblich, selbst für das Fleisch auf dem Teller zu sorgen. Solange man dies für den eigenen Fleischbedarf macht und nicht für die Zierde an der Wand, erscheint es mir ebenso legitim, wie in den Supermarkt zu gehen, und sich dort das Fleisch von dem Tier zu kaufen, was Andere für einen getötet haben. Viele Leute hier lernen von klein auf, mit Waffen umzugehen. Es ist für sie wie ein Arbeitsgerät – ein Werkzeug, sie kennen die sichere Handhabung. Mit einem Küchenmesser kann man Zwiebeln schneiden oder auf jemanden einstechen. Mit einem Auto kann man von A nach B fahren, oder rücksichtslos umherrasen und Unfälle provozieren. Dennoch finde ich es sehr fraglich, dass hier viele Leute zur „Selbstverteidigung“ versteckt eine Waffe bei sich tragen, wenn sie auf der Straße unterwegs sind. Senkt es wirklich die Kriminalitätsrate, wenn jeder eine Waffe hat und sich somit die „Bösen“ aus Angst vor Gegenwehr nicht trauen Leute auszurauben? Hier also im Umkehrschluss der Vorschlag an unsere Bundesregierung: Schusswaffen legalisieren, das senkt die Kriminalitätsrate… .    
 
 
Tag 9 – Fr, 05.09.2014
 
Am Vormittag müssen wir erneut die Pferde einfangen. Diesmal sind sie soweit in den Hügeln, dass wir hier mit dem Truck nicht weiter kommen. Roger macht sich mit einem Eimer Futtergetreide auf den Weg und gewinnt so das Vertrauen einiger Tiere. Einige Tiere folgen ihm und der Herdentrieb sorgt dafür, dass noch weitere nachkommen. Kein Pferd steht gerne alleine auf der Weide. Während Roger also die Pferde einsammelt, kümmern wir uns mit einem Nachbarn darum den Stacheldrahtzaun zu reparieren. Der Mann hat bei einem Arbeitsunfall eine Hand verloren, an deren Stelle sitzt nun ein Metallgreifer. Geschickt wickelt er damit den Stacheldraht und es ist wie immer in solchen Situationen: schaut man hin, kommt man sich vor als würde man gaffen, schaut man weg sieht es eben nach Wegschauen aus. Im Hinterkopf denkt man darüber nach, wie jemand so den Arbeitsalltag auf einer Ranch meistert. Nach der ersten halben Stunde sind vier Pferde am Truckende angeleint, nach einer weiteren halben Stunde alle neun. Während Stephan den Truck zurück zum Verschlag fährt, führen Roger und ich die Pferde an der Leine zurück zu ihrem Stall. Eine dreiviertel Stunde Fußmarsch über Feld und Hügel mit drei freundlichen Pferden an der Leine zählt dann für mich doch zu den besonderen Erlebnissen. Stephan konnte derweil neue Erfahrungen im Off-Road-Fahren machen, denn die Weiden auf denen wir uns befinden, sind alles Andere als eben. So durfte er den Pickup entlang steiler Böschungen herunter und herauf fahren, um dann wieder auf die Straße zu gelangen.
 
Am Nachmittag sammeln wir mit Hilfe des Traktors die schweren Rohre des Bewässerungssystems vom Feld und ziehen die Wasserpumpe aus dem Creek. Zur Belohnung gibt es Janets Spezial-Marshmellow-Schokoladen-Crisp-Kuchen. Da wir bisher nur Stacheln von Stachelschweinen gesehen haben, wir aber noch keines haben rumlaufen sehen, fährt Roger in der Nacht mit uns aufs Feld um im Scheinwerferlicht welche zu suchen. Tatsächlich, da wackeln sie mit ihrem riesigen Stachelhintern übers Feld. An einem der letzten Tage hatte auch der Hund Tom nochmal das Vergnügen gehabt, seine Schnauze in ein Nadelkissen zu verwandeln. Gleiche Prozedur, gleiche Quälerei.    
 
 
Tag 10 – Sa, 06.09.2014
 
Heute ist mal Wochenende. Wir machen unseren zweiten Ausritt. Diesmal geht es richtig ins Gelände über Stock und Stein. Wir klettern mit den Pferden felsige Pfade hoch und runter und müssen uns unter Bäumen ducken. Zunächst war ich etwas skeptisch ob wir das schaffen, doch dann macht es richtig Spaß. Später fahren wir mit Roger und seiner Tochter Katie zur „Truck Pull Championship“ in Red Lodge. Aufgepimpte Pickup Trucks ziehen auf sandigem Boden in verschiedenen Gewichtsklassen einen speziellen Schlitten hinter sich her. Wer die meiste Strecke macht gewinnt. So werden wir Zeugen eines etwas außergewöhnlicheren US-Sport. Anschließend fahren wir auf die Weide, auf die wir vor einigen Tagen die Kühe gebracht haben und prüfen, ob alles in Ordnung ist.
 
 
Tag 11 – So, 07.09.2014
 
Es ist unser letzter Tag und so reiten wir noch ein letztes Mal ins Gelände (Roger mit Turbo, Stephan mit Showdown, Ulli mit Scarlet) Wir reiten zunächst über das Feld hinter die Ranch auf einen Hügel. Das durch die Abendsonne goldfarben leuchtende Grass biegt sich sanft im Wind und der Sagebrush verbreitet seinen angenehmen Duft. Circa 500m entfernt steht ein Hirsch der uns argwöhnisch beobachtet und dann im Busch verschwindet. Zwischen knorrigen Nadelbäumen geht es wieder steinige Anstiege hinauf und hinunter. Diesmal reiten wir ohne Führungsleine, wir führen unsere Pferde selbst durch die für uns Anfänger etwas schwieriger zu bereitende Landschaft. Die Hunde Tom und Jerry begleiten uns dabei. Hoffentlich werden die Pferde von keiner Klapperschlange aufgeschreckt. Vom Hügel aus haben wir einen wunderschönen Blick in die Ferne, auf die hügeligen gelbfarbenen Weiden Montanas, in deren Hintergrund die Prior Mountains und die Bergkette aufragen, die wir von Yellowstone aus mit dem Beartooth Pass überquert hatten. Das Wasser des Cooney Damn glitzert in der Sonne. Es ist einer dieser Momente und Anblicke, die sich hoffentlich für ewig ins Gedächtnis brennen. Zurück in der Ranch reiten wir noch etwas auf dem Platz. Nachdem wir die Pferde abgesattelt haben, gehen wir über den Creek zurück zum Farm Haus. Es ist inzwischen schon dunkel und fast Vollmond.
 
Am Morgen war das Hühnerhaus umgezogen. Die Hühner sind nun verwirrt und kehren zur Nachtruhe nicht in ihr Haus zurück. Stattdessen glucken sie irgendwo zwischen den Landmaschinen. Wir sammeln alle ein um sie zu ihrem Haus zu bringen. Mit je zwei Hühnchen unterm Arm, spazieren wir so im Mondlicht mehrmals über den Hof. Das war unsere letzte erinnerungswürdige Aktion auf dem Hof, denn am nächsten Tag reisen wir ab.   Der kommende Winter und das begrenzte Aufenthaltsvisum zwingen uns weiter zu fahren, auch wenn wir eigentlich gar nicht mehr weg wollen. Wir hatten ja sogar den geplanten Umweg zu Mt. Rushmore und Devils Tower gekippt, um noch zwei Tage länger bleiben zu können. Was sind schon ein paar Felsbrocken gegen solch eine Erfahrung? Wir haben eine großartige Zeit auf der Ranch mit Roger und Janet gehabt und es ist definitiv ein Highlight auf unserer Reise. Wir haben viel von den beiden gelernt, waren viel draußen, haben mit Tieren gearbeitet und wurden von Janets ausgezeichneten Back- und Kochkünsten verwöhnt. Jeder Tag war anders und bot uns neue Überraschungen. Wir haben gelernt wie man Traktor fährt, Zäune repariert, Kühe verlädt, Pferde sattelt, Peitschen schwingt, Stacheln aus Hundeschnauzen zieht, Heuballen lagert usw. Wir haben Roger und Janet sehr zu schätzen gelernt und uns bei Ihnen sehr wohl gefühlt. Wir haben viel gemeinsam gelacht, aber auch interessante Themen diskutiert.
 
Roger und Janet, Danke Euch vielmals für diese erlebnisreiche und tolle Zeit!
 
 
 


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Spendenaufruf

Stiftung für HelferLiebe Freunde,
Liebe Leser,

auf unserem Weg von Alaska nach Feuerland, haben wir bereits mehr als 20.000 erlebnisreiche Kilometer zurückgelegt und hoffen, dass noch viele mehr folgen werden. All das Erlebte werden wir so schnell nicht vergessen.
Vergessen wollen wir aber auf unserer Krad-Wanderung auch nicht, dass einige Menschen nicht die Möglichkeit haben, eine solche Reise zu unternehmen – dass es Menschen gibt, denen es an Dingen des täglichen Lebens fehlt – dass deren Kinder nicht die Ausbildung erhalten, wie sie für die meisten von uns fast schon selbstverständlich ist.
Bisher führte uns unser Weg von Alaska über Kanada in den Süden der USA.

Auf dieser Strecke haben wir bisher nur selten in Armut lebende Menschen gesehen oder erlebt. Dies wird sich aber auf den vor uns liegenden Etappen in Zentral- und Südamerika ändern. Auch der Motorradreisende Jochim von Loeben sah auf seiner Weltreise viel Armut und andere Missstände und wollte dagegen etwas unternehmen. Aus diesem Grund gründete er vor einigen Jahren die „Stiftung für Helfer“ mit der er anderen Reisenden die Möglichkeit gibt, sich ebenfalls sozial zu engagieren.
Auch wir wollen unseren Teil dazu beitragen und helfen bei einigen der Hilfsprojekte, die in seiner globalen Datenbank zu finden sind. Unser Weg führt uns deshalb zuerst nach Mexico City. Normalerweise versuchen wir meistens größere Städte zu meiden, aber unser erstes Hilfsprojekt ist nun mal genau dort.
„Mit kleinen, aber wirkungsvollen Schritten gegen den Teufelskreis der Armut“, das ist ein Ziel des Vereins “amigos de los ninos e.V. Mexico – Alemania” (Freunde der Kinder), den auch wir bei seiner Arbeit dort unterstützen wollen.

Bereits in Deutschland haben wir damit begonnen Spenden zu sammeln und mit diesen werden wir vor Ort nützliche Sachen, wie zum Beispiel Lehrbücher oder Schreibzeug kaufen und den bedürftigen Kindern zur Verfügung stellen.

Wenn auch ihr diese Idee gutfindet und unterstützen wollt, würden wir uns sehr über eure Spenden bei der Stiftung für Helfer freuen. Das funktioniert folgendermaßen: Ihr überweist den Betrag, den ihr spenden möchtet auf das Konto der Stiftung für Helfer, unter Angabe des Verwendungszwecks „KW“ (Abkürzung für Krad-Wanderer). Diese Gelder werden dann zur Umsetzung unserer Hilfsprojekte zweckgebunden. Wir kaufen von diesem Geld vor Ort mit den jeweiligen Vereinen bzw. Hilfsbedürftigen die benötigten Gegenstände wie z.B. Schulbücher, Schuluniformen usw. Es werden keine Gelder an die Spendenempfänger ausgezahlt, alles erfolgt in Form der Umwandlung vor Ort in Sachspenden. So stellen wir sicher, dass die Spenden auch da angekommen, wofür sie gedacht sind. Derzeit haben wir 3 Projekte aus der Datenbank herausgesucht, die wir anfahren wollen. Weiterhin wollen wir versuchen neue Projekte zu gewinnen und zu unterstützen, wenn genug Spenden zusammenkommen. Für uns ist es zwar selbstverständlich, doch wir erwähnen es an dieser Stelle: Die Gelder werden ausschließlich für die Hilfsprojekte verwendet und nicht für unsere Reise.

Bitte den Verwendungszweck „KW“ sowie eure Adresse (für die Zusendung der Spendenquittung) NICHT vergessen! Damit der Verwaltungsaufwand zur Zuordnung und Zusendung der Spendenquittungen den eigentlichen Nutzen der Spenden nicht übersteigt, empfiehlt die Stiftung für Helfer einen Mindestbetrag von 15€.

Stiftung für Helfer

Stiftung für Helfer
Sparkasse Köln Bonn
IBAN: DE72 3705 0198 1930 6229 05
SWIFT-BIC.: COLSDE33
Verwendungszweck: KW + Adresse
Spendenformular

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You have to think like a cow – Teil 1

Unsere Zeit auf einer Ranch in Montana
 
Tag 1 – Do, 28.08.2014
 
Wir fahren über den Beartooth Pass aus dem Yellowstone Nationalpark heraus und befinden uns hinter den Bergen plötzlich im Ranch- und Weideland Montanas. Rinderherden grasen auf großen Weideflächen und ab und an erblickt man zwischen ihnen einige Pferde. Wir fahren vorbei an rustikalen Farmhäusern und Ranch-Einfahrten, die eine gewisse Cowboy-Romantik entstehen lassen. Hier werden wir uns eine Weile aufhalten: Gail, unsere erste SERVAS Gastgeberin aus Anchorage, hatte uns den Kontakt zu ihrem Bruder vermittelt, welcher hier mit seiner Familie eine Ranch betreibt.
 
In der Abendsonne suchen wir nun die richtige Hausnummer auf der langen kurvenreichen Straße. Das Hausnummernsystem in den ländlichen Gebieten der USA folgt seiner eigenen Logik, die wir noch nicht erkannt haben und das Navigationssystem sowieso nicht. So fahren wir zum Teil im Schritttempo an den einsamen Briefkästen vorbei, um nach der richtigen Nummer zu suchen. Hoffentlich schaffen wir es noch vor Sonnenuntergang, denn im Land der bewaffneten Selbstverteidigungsexperten möchten wir nicht im Dunkeln aus Versehen auf den falschen Hof fahren. Nach einigen Meilen auf dieser Straße werden wir fündig. Wir biegen auf die Schottereinfahrt ab, die Gatter sind offen, die Stangen des „cattle stops“ (im Boden eingelassenes Gitter, welches Vieh nicht übersteigen würde) klappern unter unseren Reifen. Wir befinden uns nun zwischen verschiedenen Landmaschinen und Scheunen und suchen das Haupthaus. Wir entdecken es hinter dem Creek (Fluss) und überfahren die einspurige Brücke. Es ist niemand da. Plötzlich ertönt Hundegebell: zwei Hunde rennen auf uns zu. Sie scheinen uns als harmlos eingestuft zu haben, denn sie schmeißen sich vor uns auf den Boden und wollen gekrault werden. Wir wandern auf dem Hof herum und warten. Dann biegen zwei Pick Up Trucks mit großen Anhängern in die Einfahrt.
 
„Ooly?“, „Steven?“ Roger springt aus dem Truck und begrüßt uns lachend – ok, wir haben die richtige Ranch erwischt. Wir schütteln kurz die Hände und dann helfen wir Roger, die Viehgatter vom Trailer zu heben. Nun geht es gleich zur Sache: die nächsten Kühe müssen mit ihren Kälbern für den Transport zu einer saftigeren Weide in den Trailer verladen werden. Die Kälber müssen vor dem Winter möglichst viel Gewicht gewinnen. Im Gatterlabyrinth sortieren wir sie vor und leiten sie durch taktisches auf öffnen und schließen der Tore in den Trailer. „You have to think like a cow“ ruft Roger zu uns rüber, „then you know how to work with them“. Eine Kuh mag natürlich nicht freiwillig in einen dunklen engen Anhänger gehen. Am Ende müssen wir sie mit abgerundeten Plastikstöcken in den Hintern stupsen. Für hartnäckige Fälle gibt es auch Stöcke mit Elektronenfluss, von denen man aber nur selten Gebrauch macht. Bis in die Nacht sind wir mit Roger und seiner Frau Janet beim „Cow-Hauling“ (Kuhtransport) beschäftigt und versuchen uns nützlich zu machen. Ich fahre mit Janet im Ford F350, Stephan fährt mit Roger im Ford F450 (beide Fahrzeuge haben jeweils einen 6.3 Liter Dieselmotor) und so erfahren wir jeweils Interessantes über das Farmleben und lernen unsere Gastgeber ein wenig kennen.
 
Auf der letzten Rückfahrt rennt im Dunkeln ein Hirsch vor den Truck von Roger und Stephan und prallt gegen die Front. Es hat wohl mehrmals gerumpelt, doch am angebauten Stahl-Stoßfänger war später nicht einmal eine Schramme zu sehen. Ein „normales“ Auto hätte bei solch einem Zusammenstoß einen Totalschaden gehabt. Im Dunklen leuchten hier in der Gegend viele Augen im Scheinwerferlicht auf, weswegen wir Fahrten in der Dämmerung und bei Nacht mit den Motorrädern vermeiden. Es gibt ein spätes Abendessen: Rindfleisch, Kartoffelbrei und Möhrengemüse. Es schmeckt lecker und tut gut. Ein aufziehender Sturm bringt ein Blitzlichtgewitter mit sich, doch nach diesem erlebnisreichen Tag schlafen wir schnell ein, obwohl wir gern noch die Blitze fotografiert hätten.
 
 
Tag 2 – Fr, 29.08.2014
 
Wir beginnen den Tag damit Kühe zu sortieren, denn noch sind nicht alle Kühe auf der neuen Weide. Roger sucht jeweils ein Paar, Kuh und Kalb, heraus und versucht sie von der Herde zu trennen. Unsere Aufgabe ist dann diese am Zurückkehren zur Herde zu hindern, durchs Gatter zu treiben und die anderen Kühe daran zu hindern nachzukommen. Nr. 501, ein Jungbulle, war besonders hartnäckig und ließ sich nicht so schnell vertreiben. Im nächsten Arbeitsschritt trennen wir die Kühe von den Kälbern. Dann werden die Kühe in den größeren Trailer geladen, die Kälber in den kleineren und gemeinsam zur anderen Weide gefahren. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass das Kalb immer mit seiner Mutter, von der es noch gesäugt wird, auf der gleichen Weide ist. Es gibt ein paar Unterbrechungen an diesem Tag: der F450 Diesel ist trocken gefahren: der Kraftstofffilter muss gewechselt werden. Dieser liegt natürlich zu Hause, also müssen wir in einem Truck zurück fahren.
 
Zum Mittagessen werden wir von Roger und Janet in ein liebevoll im Cowboy-Stil eingerichteten Cafe in dem kleinen Ort Roberts eingeladen. Nach einem Cheeseburger mit Pommes und Tator Tots (Kartoffelecken) geht die Arbeit weiter. Wieder zurück auf der Ranch entdecken wir, dass einige Kühe einen Zaun überrannt haben. Bevor noch mehr Kühe ausbrechen, wollen wir sie zurücktreiben und in ein anderes Gatter sperren. Wir versuchen also gemeinsam mit Roger die Kühe einzukreisen und zurück zum Hof zu leiten. Beim ersten Versuch rennen sie an uns vorbei zur anderen Seite des Feldes. Also machen wir uns auf den Weg zur anderen Seite. Da die Tiere bereits in höchster Aufmerksamkeitsstufe sind, gefällt ihnen auch diese Annäherung nicht. Sie laufen weiter den Berg hinab. Um sie dort abzufangen bewegen wir uns eiligen Schrittes dorthin. Das war zu viel. Die kleine Herde verfällt in Panik und die ersten Tiere beginnen einen schon etwas durchhängenden Stacheldrahtzaun zu überspringen. Von weitem beobachten wir beschämt unser eigens angerichtetes Desaster. Schnell laufen sie auf das Nachbarfeld und sind bald hinterm Hügel verschwunden. Wir fühlen uns wie die letzten Großstadttrottel und gehen mit gesenktem Kopf zurück. Wir haben eben nicht wie Kühe gedacht. Roger und Janet satteln schon die Pferde. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen sie endlich wieder hinterm Berg hervor und die Kühe trotten zurück in den Verschlag. Weiter geht es mit dem Kuhtransport. Hoffentlich können wir nun wieder mehr helfen als Schaden anzurichten.
 
Als wir abends alle zurück zum Haus kommen, warten bereits die beiden Hunde Tom und Jerry auf uns. Im Küchenlicht erblicken wir das Übel: Jerry hat in ein Stachelschwein gebissen und schaut beschämt zu uns rüber. Seine Schnauze ist voller Stacheln. Es sieht zunächst lustig aus, doch die darauf folgende Prozedur ist alles andere als das. Während Roger und Stephan den Hund festhalten, versuche ich mit einer Zange die Stacheln zu greifen und aus dem empfindlichen Maul zu ziehen, Stachel für Stachel, circa 15-20 Stück. Ich habe noch nie einen Hund so vor Schmerz und Angst jaulen hören und zittern sehen. Es wird zur Tortur, denn Jerry windet sich mit allen Kräften und es fällt immer schwerer ihn festzuhalten und die Stacheln zu greifen. Nun kommt auch noch Janet zu Hilfe, sodass wir zu viert damit beschäftigt sind, den Hund von den fiesen Dingern mit den kleinen Widerhaken zu befreien. Tom versucht seinem Bruder beizustehen. Er weiß genau was los ist, hat er doch selbst schon Bekanntschaft mit einem Stachelschwein gemacht. Nach diesem aufwühlenden Erlebnis zaubert uns Janet wieder ein reichhaltiges Abendbrot und dann geht es ab ins Bett.
 
 
Tag 3 – Sa, 30.08.2014
 
Nach dem letzten Kuhtransport machen wir uns an den Reifenwechsel. Die Heidenau K60 Scout Hinterradreifen sind nach 12.000km nun doch recht abgenutzt und so haben wir uns über das Internet neue Reifen bestellt. Im alten Pferdestall geht es zur Sache: mit Hilfe von C-Clamps (Schraubzwingen) zwingen wir die alten Reifen von der Felge, wobei uns Roger wie selbstverständlich tatkräftig unterstützt. Diesmal klappt alles und wir freuen uns über zwei Motorräder, die wieder etwas mehr Profil auf dem Hinterradreifen haben. Am Abend zeigt uns Roger einen seiner Lieblingsfilme: „The Sound of Music“. So sitzen wir also in Montana neben einem echten Cowboy auf dem Sofa und schauen uns ein Filmmusical aus den 50ern an, welches in den österreichischen Alpen spielt. Dies gehört auch zu den Momenten, die wir so schnell nicht vergessen werden.
 
 
Tag 4 – So, 31.08.2014
 
Nach dem Motorölwechsel an unseren Bikes, den wir wieder im Pferdestall durchführen, instruiert uns Roger im Heuballen-Transport. Sein F450 hat eine spezielle hydraulische Vorrichtung mit der man zwei Heuballen (je ca. 600kg) verladen kann. So sammeln wir die nächsten Tage viele davon vom Feld und legen sie in langen Reihen ab. Die Hunde rennen ab und zu neben dem Truck her und wir hören nebenbei einem Radiosender zu, der amerikanische Musik aus den 70ern und 80ern spielt. Die Sonne zaubert hinter den Regenwolken einen Regenbogen in den Himmel und wir freuen uns schon auf die Meatballs zum Abendbrot.
 
 
Tag 5 – Mo, 01.09.2014
 
Wir sammeln wieder Heuballen ein bis es zum 11 Uhr Imbiss Ice Cream mit Schokoladensauce gibt. Danach machen wir uns daran die Pferde zu satteln. Gemeinsam mit Roger machen wir unseren ersten Ausritt. Es ist so lange her, dass ich mal auf einem Pferd saß und für Stephan war es abseits einer Ponyrunde das erste Mal. Die Pferde werden normalerweise zum Kühe treiben genutzt und sind es daher gewohnt, sobald sie auf das Feld kommen, los zu galoppieren. Um zu vermeiden, dass sie mit uns beiden unerfahrenen Reitern durchgehen, hält sie Roger von seinem Pferd aus zunächst am langen Seil. Die Westernsattel sitzen sich angenehm, schließlich sitzen die Cowboys stundenlang auf dem Pferd und müssen damit arbeiten. Wir reiten über das Feld und später zweimal durch den Creek (Fluss). Das Wasser steht den Pferden bis zum Bauch, sie stolpern etwas hinein und ich sehe uns schon fast schwimmen, doch sie finden ihren Weg. Mit dem Motorrad wäre das schon schwieriger geworden. Zurück an der Scheune, frage ich ob wir innerhalb des Zaunes noch etwas reiten dürfen (ohne Leine) – ich möchte ausprobieren wie ich das Pferd lenken kann und zumindest mal in den zweiten Gang (Trab) schalten. Später nimmt mich Roger nochmal mit aufs Feld und wir probieren den 3. Gang aus. Ich habe vergessen wir anstrengend es ist, sich beim Galopp im Sattel zu halten, besonders wenn man nicht geübt darin ist. Anfangs plumpse ich nur so in den Sattel zurück – was nicht gut ist für Rücken von Pferd und Reiter – später bessert es sich etwas, doch es ist immer noch etwas krampfig. Eine Pferdestärke unterm Hintern unter Kontrolle zu halten ist schwieriger als unsere gewohnten 48 auf zwei Rädern. Auch gibt es keine Kupplung um den Kraftfluss zu trennen, geschweige denn einen Not-Aus-Schalter.
 
Nach dem Reitausflug geht’s zurück aufs Feld zum Traktor fahren. Nach einer kurzen Einweisung im Fahrerhaus, einschließlich der Bedienung des angehangenen Rechens, springt Roger aus dem Traktor und ruft noch zu mir rüber „don’t panic“ – ich verstehe aufgrund der lauten Motorengeräusche sowas wie „don’t pin it“ – was auch Sinn macht, denn mit dem Rechen kann man nicht zu eng um die Kurve fahren, da er sich sonst verkeilen würde. Für jede Wendung muss ich den Rechen hochfahren. Mit der Aufgabe, das geschnittene Heu auf dem Feld von zwei Reihen zu einer zusammenzuführen und dabei den Rechen nicht in den Boden zu „pinnen“, zuckle ich in immer enger werdenden Rechtecken übers Feld. Die Heuballenmaschine hat es dann später einfacher zum Aufsammeln. Roger produziert mit der Heuballenmaschine immer mehr Heuballen und Stephan sammelt diese dann mit dem F450 ein. Es macht Spaß in so einer großen Maschine übers Feld zu ackern, doch wer weiß wie lange es dauern würde, bis einem das über ist. Nach getaner Arbeit ist die Sonne fast weg, wir reiten noch ein kleines Stück und satteln danach die Pferde ab.
 
 


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Yellowstone National Park

25.08. – 27.08.

Nach  einer entspannten Woche in Bozeman fahren wir nun am Montagmorgen in Richtung Yellowstone. Wir hoffen, dass es nicht so kalt wird, denn die schneebedeckten Bergspitzen in der Ferne verheißen nichts Gutes. Aber wir haben Glück – kein Schnee auf der Straße. Ab und zu schalten wir jedoch die Griffheizung an und freuen uns wieder, dass wir diese Modifikation vor der Reise vorgenommen hatten. Schnell erreichen wir an diesem Tag unser Zwischenziel, einen Campingplatz kurz vor den westlichen Toren des Parks. Dieser ist zwar 1-2 Dollar teurer als die günstigsten Plätze im Park selbst, ist aber für unsere Logistik deutlich sinnvoller, da wir zuerst die allseits bekannten Geysire erkunden wollen. Zu unserem Glück war das Wetter hier die letzten Tage nicht all zu gut, sodass sich auch die Anzahl der Touristen deutlich in Grenzen hält. Dennoch staunen wir nicht schlecht, als wir zum alten Getreuen – Old Faithful – kommen. Riesige Parkplätze, Übernachtungsmöglichkeiten und zahlreiche Souvenirläden bilden nahezu einen Halbkreis um diese Attraktion. Es ist der womöglich bekannteste Geysir der Erde und zieht die meisten Besucher in den Park. Seinen Namen verdankt der Geysir seiner Zuverlässigkeit, da er meist in einem Zeitraum von 45 bis 120 min ausbricht und dabei in einem imposanten Wasser-Dampf-Stahl bis zu 32.000 Liter Wasser freisetzt. Touristen können sich dieses Spektakel entspannt auf ebenfalls im Halbkreis angeordneten Sitzmöglichkeiten ansehen, quasi fast wie in einer Zirkusmanege. Meines Erachtens nimmt diese Umgebung diesem Naturschauspiel einiges an Reiz. Besonders aus fotografischer Sicht wird es schwierig ein gescheites Foto ohne Menschen oder Gebäude zu machen. Hinzu kommt, dass der Himmel bedeckt ist und somit keinen guten Kontrast zum Geysir bildet. Aber auch die ebenfalls in der Nähe befindlichen heißen Quellen, Fumarolen und andere Geysire bieten sich als interessante Fotomotive an.

Auf dem Rückweg zum Campingplatz fahren wir am Black Sand Basin und dem Biscuit Basin vorbei und erleben dort mit der hinter dem Berg untergehenden Sonne besonders eindrucksvolle Eruptionen. Der Wasserdampf wird durch die Sonne von hinten angestrahlt und lässt diese in der dunkleren Umgebung besonders gut wirken. So schön solche Situationen auch sind, drückt uns doch meistens der Schuh, da wir ungern in der Dämmerung mit den Motorrädern unterwegs sind. Denn in dieser Zeit sind auch viele Hirsche und andere Waldbewohner unterwegs und kreuzen all zu oft die Straßen. Trotz eines schönen Sonnenuntergangs zwangen wir uns nicht anhalten, um Fotos zu machen, da wir sonst auch noch unser Abendessen im Dunkeln hätten zubereiten müssen.

Wir entscheiden uns auch den nächsten Tag unser Zelt auf diesem Campingplatz stehen zu lassen, da diese Ecke des Park noch viele weitere Attraktionen bereithält und wir einige Stellen, die wir gestern nur im Vorbeifahren gesehen haben, etwas genauer ansehen wollen. Besonders gespannt sind wir auf die farbigen Pools, die aber durch den Dampf leider nur schwer zu fotografieren sind. Dennoch staunen wir nicht schlecht, welche Farbvielfalt die heißen Pools für uns bereithalten.

Am Dienstag (26.08.) ziehen wir dann um und campen nördlich im Park auf dem Indian Creek Campingplatz. In der Nacht haben wir einen deutlichen Temperaturabfall, sodass am Morgen noch Eiskristalle auf unseren Bikes zu finden sind. Das holländische Pärchen auf dem Platz neben uns hatte eine etwas unbequeme Nacht, da ihre Schlafsäcke nicht für diesen Temperaturbereich ausgelegt sind. Von diesem nördlicher gelegeneren Campingplatz erreichen wir schnell die Mammoth Hot Springs mit seinen Sinter-Terrassen und heißen Quellen und fahren im Anschluss zu den aus unserer Sicht relativ unspektakulären Tower Falls.

Der Besuch des vielfältigen und großflächigen Norris Geysir Basin und eine ausgedehnte Fahrt entlang des North – und South Rim Trails des Canyons of the Yellowstone sind die letzten Unternehmungen die wir am Mittwoch machen. Im Norris Geysir Basin stoßen wir immer wieder auf Fumarolen. Diese entstehen, wenn durch fehlenden Druck das Wasser in der Tiefe vor dem Austritt komplett verdampft wird und sorgen für eine interessante Geräuschkulisse. Manchmal könnte man meinen, dass da ein Düsenjet neben uns steht. Die Temperaturen sind zwar nicht so heiß wie bei einem Düsenjet, können aber immerhin zwischen 200°C und 800°C liegen.

Bei all unseren Fahrten sahen wir jedoch nur wenige der wildlebenden Tiere, für die der Park eigentlich auch bekannt ist. Dies änderte sich aber am Donnerstag, als wir den Park verlassen. Immer wieder sehen wir größere Herden von Bisons auf den Wiesen entlang der Straße und sind somit gezwungen unsere Fahrt für einige Fotostopps zu unterbrechen. Bei einem dieser Fotostopps kommt auch noch jede Menge Bewegung ins Spiel. Wir postieren uns am Rande einer Lichtung hinter einigen Bäumen, um die imposanten Riesen in Ruhe zu fotografieren. Doch diese werden durch andere Beobachter aufgeschreckt, sodass sich die gesamte Herde in Windeseile in Bewegung setzt. Ein Großteil der Herde rennt nur wenige Meter von unserem relativ sicheren Standort hinter den Bäumen vorbei, was bei uns dennoch für einen ordentlichen Adrenalinschub sorgte.

Nach viel zu vielen Fotostopps erreichen wir endlich den Ausgang des Parks und freuen uns schon auf den in der amerikanischen Motorradfahrerscene auf Platz 1 der schönsten Motorradstrecken gewählten „Beartooth Pass“. Dieser 69 Meilen lange Abschnitt verbindet Cooke City (Nordost-Eingang des NP) und Red Lodge, einem Ort der nahe unseres nächsten Ziels liegt. Bis auf eine Höhe von 3336m führt uns diese kurvige Strecke und hält immer wieder schön anzusehende Landschaften für uns breit. Obwohl die Strecke wirklich beeindruckend ist, können wir uns dennoch nicht vorstellen, dass dies schon die beste oder schönste Strecke sein soll, die die USA zu bieten hat. Nun ja, unser Geschmack ist wohl einfach nicht deckungsgleich mit dem der meisten amerikanischen Motorradfahrer, was auch kein Wunder ist, da hier vermutlich die meisten Biker eine Harley fahren.


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Zurück in der USA

11. bis 23. August

Bevor es meinen Haaren zu Leibe geht, gibt es noch ein leckeres Frühstück. Sharlene, die Tochter von Jen und Gerald hatte uns freundlicherweise dazu eingeladen. Nach der Stärkung und der thermischen Optimierung meines Hauptes geht die Reise weiter. Die Grenze zur USA rückt immer näher und so heißt es für uns die letzten kanadischen Dollar zu entsorgen. Wir investieren das letzte kanadische Geld in Kalorien. Wir steuern Tim Horton’s, eine uns seit White Horse sehr bekannte Donut-Kette, an und vertilgen so viele leckere Kalorienbomben, wie wir für 10 Dollar bekommen können.

Die Grenze (Chief Mountain Border) passieren wir abermals ohne Komplikationen, und dies obwohl wir jedes Mal befürchten, dass wir mit der Einfuhr der Motorräder Probleme bekommen oder unser gesamtes Gepäck auspacken können. Diese Zeiten werden sicherlich noch kommen.

Nun aber fahren wir durch den zweiten US-amerikanischen Staat auf unserer Reise: Montana. Auf der Suche nach einem Platz für unser Zelt werden wir am St. Mary Lake, einem See vor den Toren des Glacier Nationalparks, fündig. Bevor wir jedoch das Zelt aufbauen genießen wir die Sonne und das kühle Nass. Ab und zu gesellen sich auch andere Badegäste dazu und genießen diesen schönen Abschnitt. Irgendwann kommt auch eine kleine Familie mit 4 Kindern vorbei. Ab diesem Zeitpunkt ist es Schluss mit dem Entspannen. Wenig später gesellt sich auch noch der Vater der Familie hinzu. Als wir ins Gespräch kommen, stellt sich heraus, dass sie Blackfeet Indians (Schwarzfußindianer) sind und wir uns in einem Teil ihres Reservates befinden. Um genauer zu sein, dieser Strandabschnitt gehört ihnen.  Dennoch lassen sie uns an diesem Platz campen, was uns sehr freut, da wir bisher oft gehört haben, dass Indianer den Weißen nicht so gut gesonnen sind und dies vor allem in den Reservaten. Er zeigt uns 5Meter neben unserem Zelt noch einen Baumstamm, den wir vorher noch nicht wahrgenommen haben: ein Grizzly Bär hat hier vor einiger Zeit tiefe Kratzspuren hinterlassen. Ob wir wohl hier ruhig schlafen können?

Am darauf folgenden Morgen brechen wir zeitig zum Glacier National Park auf. Dort befindet sich auch die recht bekannte „Going-to-the-Sun-Road“, diese wurde in der Motorradfahrerszene auf Platz 6 der schönsten Straßen Amerikas gewählt. Die Landschaft, die wir auf dieser Straße durchfahren ist zwar sehr schön, der touristische Verkehr nimmt dieser Strecke jedoch jeden Reiz. Wenn dies bereits Platz 6 auf der Rangliste der schönsten Motorradstraßen Amerikas ist, sind wir auf Platz 1, den Beartooth Pass gespannt, den wir einige Wochen später befahren wollen.  Da wir uns lieber fern ab der Touristenmassen bewegen, haben wir uns für den ersten Tag eine Wanderung im nordöstlichen Teil des Parks vorgenommen. Ziele dieser circa 20km langen Wanderung waren der Bowman Lake und Quartz Lake. Zuvor durften wir uns aber einer besonders staubigen und unwegigen Schotterpiste widmen, um zum Ausgangspunkt des Wanderweges zu gelangen. Gut, dass wir den Großteil unseres Gepäcks beim Zelt gelassen haben. Nicht so gut war es, dass wir lediglich eine Flasche Wasser mitgenommen haben – klassischer Kommunikationsfehler, passiert uns sicherlich nicht mehr so schnell wieder. Trotz des Wassermangels, konnten wir die überaus reizvolle Landschaft genießen und wurden nach mehrstündiger Wanderung mit einem Bad im Bowman Lake verwöhnt – ein schöner Bergsee, den wir für uns allein hatten.  Und obwohl wir uns immer noch in Bärenland befinden, sehen wir an diesem Tag keinen Vertreter von Meister Petz.

Am folgenden Tag (14.08.) fahren wir die „Going-to-the-Sun-Road“ zurück, aber auch dieses Mal ist nicht weniger Verkehr auf dieser so oft gepriesenen Straße. In der Nähe eines Flusses, kurz vor dem Zugang zum National Park, schlagen wir unser Nachtlager auf, damit wir es am Morgen nicht weit zum Ausgangspunkt der nächsten Wanderung haben. Die Wanderung führt uns dieses Mal nicht all zu lange durch den Wald, sodass wir die um uns liegende Berglandschaft noch besser genießen können. Aber auch die Waldstückchen bereiten uns hin und wieder Freude, besonders dann, wenn unerwartet hinter der nächsten Abbiegung ein Moose (Elch) auf uns wartet und sich fotografieren lässt. Als wir nach circa 8 km zum Ziel dieses Weges kommen, verändert sich die Landschaft stark. Plötzlich stehen wir vor einer prächtig blühenden Wiese mit einem gigantischen Felspanorama im Hintergrund. Aber dies ist noch nicht das Ziel. Ein paar-hundert Meter weiter erreichen wir den Iceberg Lake und staunen nicht schlecht über die dicken Eisschollen auf dem See. Für ein Erinnerungsfoto trauen wir uns dann auch noch in das eiskalte Wasser. Dann heißt es aber schnell den 8 km langen Rückweg anzutreten, da ein Gewitter aufzieht und es schon anfängt zu tröpfeln. Gut, dass wir doch noch die Regenjacken eingepackt hatten, denn am Morgen sah es nach perfekten Sonnenschein aus. Wir laufen die 8 Kilometer in etwas mehr als einer Stunde in strömendem Regen zurück. Nachdem wir zurück an den Motorrädern sind, machen wir uns auf den Weg zum südlichen Teil des Glacier National Parks. Auch hier finden wir einen Übernachtungsplatz kurz vor dem Eingang des National Parks. Dieser Platz hat es aber in sich. Die Zufahrt ist relativ steil und matschig. So entscheiden wir uns die Teneres  auf halber Strecke stehen zu lassen, um morgens nicht direkt im Schlamm zu landen. Mit einem kleinen Hike um den Medicine Lake verabschieden wir uns vom Glacier National Park und setzen unsere Fahrt ins Landesinnere fort. Jetzt kommen wir eigentlich das erste Mal mit der eigentlich für Montana typischen Landschaft in Berührung. Ein freier Blick bis an den Horizont, und dieser scheint hier weiter weg zu liegen, als jemals zuvor. Nicht umsonst wird dieser Bundesstaat „Big Sky Country“ genannt. Diese Bezeichnung trifft perfekt zu und wir fragen uns, ob wir jemals einen solchen Fernblick erlebt haben. Nichtsdestotrotz mussten wir auch an diesem Abend einen Schlafplatz finden. Aber hier hatte sich einiges geändert. Kein Wald war mehr in Sicht und jedes Fleckchen Land entlang der oftmals endlos gerade aus laufenden Straße war eingezäunt. Nachdem wir das kleine Städtchen Chateau passiert hatten, blieb uns somit nichts anderes übrig als wieder einmal nachzufragen, ob wir unser Zelt auf dem Grundstück der dort lebenden Menschen aufbauen können. Fast schon wie zielgerichtet fällt unsere Wahl, dennoch völlig zufällig, auf das dritte Haus in einer Einfahrt abseits der Straße. Dort treffen wir auf Babara, die uns freundlich einen Platz auf ihrem Grundstück anbietet und uns zu einer kleinen Erfrischung einlädt. Wir genießen einen kühlen Eistee und Salatsuppe mit Gemüse aus dem eigenen Garten. Am folgenden Morgen treffen wir auch noch ihren Mann, der wie am Abend zuvor wieder die Ernte einholen muss. Nach einem ausgiebigen Frühstück wollen wir eigentlich aufbrechen, vertiefen uns aber so sehr in Gespräche, dass es fast schon Nachmittag ist, bevor wir Babara verlassen. Sie kontaktiert auch noch unseren nächsten Kontakt in Bozeman und gibt ihnen Bescheid, dass wir auf dem Weg zu ihnen sind. Auf dem Weg dahin gingen wir auch noch einem Tipp von Barbara nach und besuchten Wheat Montana Bakery – Mann, waren die Teilchen lecker.

-= Wir hoffen, dass ihr euch auch mal persönlich getroffen habt. =-

In Bozeman, einer Stadt mit circa 37.000 Einwohnern, besuchen wir Cindy und Rollie. Die beiden trafen wir am Anfang unserer Reise in Anchorage bei Gail und Tim. Wie sich später herausstellte, haben wir die beide nur knapp in Fairbanks verpasst. In Bozeman selbst versorgen wir uns, dank des AAA, dem amerikanischen ADAC, mit aktuellen Landkarten unserer kommenden Ziele, statten die Bikes mit zusätzlichen Taschen aus, welche wir am Schutzrahmen anbringen und spendieren den Bikes mal wieder eine Handwäsche. Dank Rollie, der im örtlichen Museum als Gärtner in einer antiken Farm als Volunteer tätig ist, kommen wir auch noch in den Genuss eines kostenfreien Museumbesuches. Dort schmiedete uns Ron, ein pensionierter Professor der theoretischen Physik, einen eisernen Haken. Aber auch viele organisatorische Dinge erledigen wir an diesen Tagen. Darunter zählt zum Beispiel: Fotos sichern, Blog schreiben, Wäsche waschen, E-Mails beantworten und die Erlebnisse der letzten Wochen verarbeiten.

Nach einem Besuch der örtlichen Brauerei und einem ausgiebigen Test der verschiedenen Biersorten  treffen wir am Mittwochabend Freunde von Cindy und Rollie aus der Episkopalkirche und halten dort einen kleinen Vortrag über unsere bisherige Reise. Dank des Dauerregens am Samstag bleiben wir noch einen Tag länger bei den beiden und sind somit fast eine ganze Woche in Bozeman, was uns ausgesprochen gut tut. Der Sonntag (24.08.) ist trocken und wir brechen auf in Richtung Yellowstone. Verwundert erblicken wir Schnee auf den Bergspitzen in der Ferne und hoffen, dass wir nicht davon betroffen sind.

 

 


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