Fairbanks – interessante Begegnungen

27.06. – 02.07.2014

Von oben bis unten mit Matsch dekoriert kommen wir in Fairbanks an. Wir wissen noch nicht wo wir einen Schlafplatz finden, doch die erste Priorität lautet Motorrad waschen damit sich der Dreck nicht festsetzt. Ein Tankstellenwart zeichnet mir kurzerhand eine Skizze, um mir meine Frage nach der nächstgelegenen Waschgelegenheit für Fahrzeuge zu beantworten. Nachdem wir die Maschinen mit dem Hochdruckreiniger vorsichtig gereinigt haben, überlegen wir, was wir als nächstes machen.  Das sind manchmal die „schwierigen Momente“ auf der Reise. Eigentlich haben wir Hunger, doch in ein Restaurant gehen ist zu teuer. Selbst ein Hot Dog für $5 erscheint uns im Vergleich zum selbst kochen zu teuer. Mitten in der Stadt den Kocher auspacken ist jedoch unpraktisch und vielleicht nicht so gern gesehen. Was sollen wir eigentlich kochen – ach ja richtig – wir müssen ja noch einkaufen. Lebensmittel einkaufen mit leerem Magen ist aber auch keine gute Idee. Außerdem sind die Klamotten noch nass und der nächste Regenschauer bahnt sich schon an. Also entweder lassen wir die nassen Regenkombis an und geht damit in den Supermarkt, wo einem dann so richtig schön heiß wird. Oder wir ziehen die Regenkombis draußen  aus, wobei dann die darunter liegenden Klamotten wieder nass werden, während wir die Regensachen verstauen. Wo sollen wir dann später eigentlich kochen, wenn es regnet? Die Halsschmerzen seit dem frühen Morgen lassen noch eine aufkommende Erkältung vermuten. Wo nochmal schlafen wir heute eigentlich? Mit diesen Gedanken steht man dann da und weiß nicht so recht was man jetzt eigentlich machen soll. Die komfortable Lösung kostet zu viel Geld, die Reisekasse schonende Lösung nervt.

Wir beschließen erstmal zu unserem heiligen Ort in Fairbanks zu fahren: einer Bankfiliale mit offenem WiFi, jippie. Mal schauen ob sich zufällig die eine Frau von SERVAS, der internationalen Host Organisation, gemeldet hat, welche wir bei unserer erstmaligen Ankunft in Fairbanks vor ein paar Tagen angeschrieben hatten. Tatsächlich, eine Antwort per Email. Per SMS können wir sie erreichen und sie schreibt in einer sehr kryptischen Antwort: „mail frm. wrk. B4 i lv. This eve @530p w/diections 2 my plc. 4 a visit late tmrw. Aftern. ok?”. Das heißt soviel wie: „Bevor ich heute Abend um 5:30 Uhr die Arbeit verlasse, maile ich Euch von dort die Wegbeschreibung zu meinem zu Hause für ein Treffen morgen am späten Nachmittag, ok?“ Mittlerweile sitzen wir im Trockenen bei Mc Donalds und warten auf die Mail. Tatsächlich, sie schreibt uns ihre Adresse und den Ort wo sie arbeitet: in Ann’s Greenhouse auf der Sheep Creek Road. Über Google Maps finden wir dies und da wir keinen besseren Plan haben, machen wir uns auf den Weg dorthin. Es regnet in nun in Strömen. Pitschenass stehen wir eine halbe Stunde später  im Gewächshaus und erkundigen uns nach Sally. Nach einer Weile taucht sie auf und macht uns erstmal zwei große Tassen Tee. Sie selbst hat nur eine kleine Cabin (so nennt man hier kleinere Holzhäuser, oftmals ohne Wasser und Strom) und das Grundstück ist durch den Regen zu nass um ein Zelt aufzubauen. So können wir bei ihr leider nicht unterkommen. Wir haben es nicht erwartet, doch sie beginnt herum zu telefonieren, um uns einen günstigen, trockenen Übernachtungsplatz zu suchen. Ein Freund hier, ein Bekannter da, doch leider nur Absagen und das Hostel kostet $70 pro Nacht pro Person (sowas sollte sich eigentlich nicht Hostel nennen dürfen). Bald hat sie Feierabend und muss noch einige Besorgungen in der Stadt machen. Wir finden uns bereits damit ab, dass wir gleich wieder raus in den Regen müssen.

Doch Sally hat noch eine weitere Idee und ist erfolgreich. So landen wir bei Anne & Will, welche in einem dunklen Holzhaus am Tanana River  in Fairbanks wohnen. Anne war lange Zeit Krankenschwester und Will ist ein Gletscherforscher, welcher auch noch im Ruhestand fast täglich zur University of Fairbanks fährt, um seinen Forschungen nachzugehen. Schnell haben wir auch deren  Hunde Sam und Rosie in unser Herz geschlossen.

Anne erwartet uns mit einem warmen Essen, welches uns richtig gut tut. Die beiden hatten sich vorgenommen seit langem mal wieder einen Film zu schauen. Wir schließen uns gerne dem gemütlichen Filmabend mit „The Goodfellas“ an. Der Mafiosi Film war stellenweise etwas kaltblütig, doch gut, um Englisch zu lernen, sieht man mal davon ab, das jedes fünfte Word f*ck lautete.

Zum Frühstück waren mehrere Gäste eingeladen. So lernten wir unter anderem noch die deutsche Gletscherforscherin Regine kennen. Sie hat Gefallen an dem Leben in Alaska gefunden und lebt schon seit  7 Jahren hier. Die Natur hier ist großartig und sie wurde von den Einheimischen sehr schnell integriert. Später besorgen wir noch eine Glühbirne für das defekte Frontlicht von Stephans Tenere. Die alte Birne war auf dem Dalton Highway durchgebrannt. Damit er nicht ohne Licht fahren muss, hatten wir zwischenzeitlich die Birne des Fernlichtes umgesteckt. Die Städte hier sind sehr weitläufig, man darf es sich nicht wie in Deutschland vorstellen, dass man mal schnell zum Bäcker geht und danach kurz zur Post. Jeder Einkauf bedeutet eine mehrere Kilometer lange Fahrt in das Stadtzentrum und selbst innerhalb der Stadt kommt man ohne fahrbaren Untersatz nicht weit. Die Einheimischen planen daher oftmals ihre Fahrten so, dass sie mehrere Besorgungen kombinieren können.

Am Nachmittag wollten wir ja noch Sally in ihrer Cabin besuchen. Sie wohnt mit ihrer Katze etwas außerhalb von Fairbanks. Die Hütte besteht aus zwei Räumen: eine untere Etage von ca. 18m² mit integrierter Küche und darüber ein Dachgeschoss als Schlafraum. Das Badezimmer verteilt sich auf dem Grundstück: Das Plumpsklo ist in einem kleinen Häuschen außerhalb untergebracht. Die Dusche im Garten hat wiederum ihre eigene freistehende Konstruktion aus Holz, Plastik und einem Vorhang und bietet über ein ausgeklügeltes Schlauchsystem sogar warmes Wasser. Auf dem Grundstück stehen viele Blumen und viel Krimskram, welcher weitere Projekte vermuten lässt. Wer so lebt muss einfach speziell sein und Sally ist eine sehr spezielle und liebenswerte Frau. Wir verbringen gemeinsam einen schönen Nachmittag und tauschen viele Geschichten aus. Am Abend fahren wir wieder zurück zu Anne & Will. Sie haben uns angeboten, dass wir länger bei ihnen bleiben dürfen, ohne dass wir gefragt haben.

Eine gute Adresse, um kostenfrei etwas über die Geschichte von Alaska und deren Einwohner zu erfahren, ist der Pioneer Park im Stadzentrum. Dort kann man einige alte Reliquien aus der Pionier und Gold Rush Zeit bestaunen. Unter anderem kann man dort die S.S. Nenana, einen alten Heckraddampfer (stern wheeler) besichtigen, mit dem die Orte entlang des Yukon Rivers versorgt wurden. Das Pioneer Museum gibt Einblicke in das Leben in Alaska im 19. und 20. Jahrhundert. In den Park wurden außerdem ganze Cabins und alte Häuser mit kompletter Inneneinrichtung versetzt, wie zum Beispiel das Haus von John Wickersham, einer bedeutenden Persönlichkeit für die Entwicklung von Fairbanks und Alaska. Wir haben mal wieder den Fehler gemacht nicht genügend zu Essen mitzunehmen und da der Hunger immer größer wurde wollten wir uns ausnahmsweise doch was kaufen. Stephan will sein Portemonnaie herauskramen doch er findet es nicht. Schon gleich hat er eine dunkle Vorahnung, denn nun dämmert es ihm: er hat es zuletzt auf dem Motorrad auf dem Parkplatz liegen sehen. Schnellen Schrittes machen wir uns auf den Weg dorthin. 2 Stunden lang lag es dort auf dem Präsentierteller mit Reisepass, Kreditkarte…  . Es lag immer noch da.

Am nächsten Tag machen wir uns auf die Suche nach Bremsbelägen für die Hinterradbremse. Der Staub und Matsch auf dem Dalton Highway hat diesen bei beiden Maschinen ganz schön zugesetzt. Uns wurde mehrfach gesagt diese Dinger gibt es überall, deswegen hatten wir nur ein Ersatzset mitgenommen, um auch Gewicht zu sparen. Pustekuchen – wir waren in 3 Läden, doch die Teile sind zu speziell, da unser Modell nicht in den USA verkauft wird. Die früheste Lieferung wäre in 4 Tagen. Wir beschließen uns selbst welche zu bestellen und per „General Delivery“ an das Postamt von Tok zu schicken, einer kleinen Stadt durch die wir durch müssen, um später Alaska zu verlassen. Ob das klappen wird?

Am nächsten Tag besorgen wir noch Zutaten für das Abendessen, welches wir Anne & Will zum Dank bereiten wollen. Anschließend fahren wir mit Anne gemeinsam Elke besuchen, einer deutschen Schlittenhunde- Halterin (Grönland Huskies), die seit Jahren die großen Weiten von „Alaska Interior“ mit ihren 16 Hunden genießt. Jeder Hund hat seinen eigenen Charakter und Elke muss sie gut im Griff haben, damit das Team funktioniert. In der Wildnis sind sie aufeinander angewiesen. Früher hat sie auch Touren für Touristen angeboten. Diese sind jedoch oftmals mit falschen Vorstellungen angereist. Die Prospekte der vermittelnden Reiseagenturen werben mit Fotos im Sonnenschein und lachendem Dog Sled Musher. Doch die schneereiche Jahreszeit in Alaska ist dunkel mit Temperaturen weit unter minus 20 Grad Celsius. Die Handhabung der Ausrüstung bei diesen Temperaturen ist schwere Arbeit und die Kälte führt bei ungeübten Laien mit meist unzureichender Kleidung zum Teil zu Handlungsunfähigkeit. Dies hatte sich der eine oder andere dann doch anders vorgestellt und so kam es häufig zu Frustration auf beiden Seiten. Zudem kamen oftmals gesundheitlich angeschlagene Gäste für die Elke verständlicherweise keine Verantwortung bei einer mehrtägigen Reise durch Eiseskälte mehr übernehmen konnte.

Im Anschluss an diese interessante Begegnung nimmt uns Anne mit zur University of Fairbanks, wo Will und Regine schon auf uns warten. Heute findet dort eine Präsentation von Highschool Schülerinen statt, welche eine Woche auf einem Gletscher unterwegs waren und nun von ihren Erlebnissen und Gelerntem berichten. Gespannt verfolgen wir die Vorträge und lernen so auch noch etwas über Gletscher und Lawinen.

Als wir nach Hause kommen, wollen wir gerade beginnen Abendessen zu Kochen, als wir feststellen, dass irgendetwas fehlt. Das Brot ist weg. Unter dem Tisch liegt eine leere Tüte, feinsäuberlich bis auf den letzten Krümel geleert. Wir müssen lachen und stellen uns vor, wie die beiden Hunde und Katzen sich über das gefundene Fressen hergemacht haben. Die Tüten mit der Salami und dem Schinken hingegen lagen unangetastet auf dem Tisch. Später am Abend genießen wir dann gemeinsam mit unseren Gastgebern am Kamin unsere Soljanka und das Bauernfrühstück.

Noch eine weitere interessante Person lernen wir am nächsten Tag kennen. Anne wollte uns die „Undergroundhouses“ zeigen. Wir fahren zu Rob, welcher uns gemeinsam mit seinem Enkel über sein Grundstück führt. Nach einem kurzen Fußmarsch finden wir uns plötzlich im „Auenland“ wieder. Rob hat in einen Hügel zwei Häuschen integriert. Neben und über den runden Eingangsbögen wächst saftiges Gras, so wie man es von den Hobbit Behausungen kennt. Wir dürfen mal hineinschauen und wieder fühlen wir uns wie im Film. Der unterirdische, gewölbeartige Innenraum ist erstaunlich hell, da auf der anderen Seite des Hügels große Fenster mit Blick auf ein Tal integriert sind. Wir waren an dieser Stelle schon beeindruckt, doch die Tour ist noch nicht zu Ende. Weiter unten im Tal hat Rob noch zwei weitere sehr individuelle Häuschen ins Erdreich integriert. Eine weitere Hütte hat er ausschließlich aus recyceltem Holz und anderen Materialien an anderer Stelle im Wald gebaut. Sie steht da wie gemacht als Filmkulisse für das russische Wintermärchen Hexe Babajaga. Rob beherrscht die Kunst natürliche Materialien gleichzeitig funktionell und harmonisch zu integrieren. So dienen Teile von Elchgeweihen als Türgriff oder bearbeitete Baumstümpfe als Möbel. Unten am See hat er noch eine Saunablockhütte gebaut. Selbst das große Wohnhaus der Familie ist sein eigenes Werk. Er ist kein Architekt oder Baukonstrukteur, sondern hat irgendwann einfach damit angefangen. Auf unsere erstaunten Blicke meinte er „der Unterschied zwischen einem Profi und einem Laien ist manchmal nur der, dass der Laie länger braucht.“

Zum Abschied lässt uns seine Frau noch eine Spezialität aus Alaska zukommen: geräucherten Lachs. Wir genießen ihn in den nächsten Tagen als Highlight zum Camping Dinner.

Aus einer Übernachtung wurden sechs und so haben wir einige schöne Tage in Fairbanks verbracht und die gemeinsame Zeit mit Anne und Will sehr geschätzt. Umso schwerer fällt der Abschied.

Vielen Dank Anne, Will und Sally für Eure Unterstützung und herzliche Aufnahme.


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Dalton Highway

Am Sonntag den 22.06. kommen wir in Fairbanks an. Es ist der Tag nach der Mittsommernacht und die Einwohner von Fairbanks feiern dies mit einem kleinen Festival zu dem wir uns gerne dazugesellen. Bei brütender Hitze schlendern wir durch die vollen Straßen und genehmigen uns ein Rentiersteak und einen Büffel-Rentier-Jalapeno-Zwiebel-Käse-Hotdog. Zum Nachtisch gibt es eine „Medium“ Portion Popcorn direkt aus der Tonne, gerührt von einem dicken Amerikaner, dem die schweißtreibende Arbeit offensichtlich zu schaffen macht. Die Portion war dann allerdings doch größer als unsere abtrainierten Mägen zu sich nehmen konnten.
Außerhalb der Stadt finden wir an einer Radarstation auf einem Berg einen gemütlichen, aber vielleicht auch etwas verstrahlten Stellplatz für unser Zelt. Am nächsten Morgen fahren wir wieder nach Fairbanks rein, um unser Lebensmitteldepot aufzufüllen. Zur besonderen Freude von Stephan geht es danach zum Mayflower Buffet. Dort gibt es für ca. 7,50 EUR ein „All You canEat“ Buffet mit asiatischer und amerikanischer Küche. Von Suppe über Frühlingsrollen, Gemüse, Pommes, Fleisch, Salat, Obst, Kuchen und Eiscreme ist alles dabei. Das ist für uns die Gelegenheit nochmal richtig reinzuhauen, denn sonst gibt es meistens nur Campingfood und das nicht allzu üppig.

Frisch gestärkt machen wir uns auf dem Weg zum Dalton Highway. Diese 414 Meilen lange Schotterpiste führt bis an den Arktischen Ozean nach Deadhorse / Prudhoe Bay. Wir hatten von vornherein nicht geplant bis ganz zum Ende zu fahren, sondern wollten mindestens den Arctic Circle (nördl. Wendekreis) erreichen. Der Dalton Highway ist die Lebensader für die großen Companies, welche am Arktischen Ozean Öl fördern. Auf der Piste trifft man daher eigentlich nur die großen Trucks, Fahrzeuge für Straßenpflege und einige Touristen mit Camper, Motorrad oder gar Fahrrad. Dreisterweise gewähren die Ölfirmen nur Zugang zum Ozean, wenn man ihnen 59 USD für eine Tour in den Rachen schmeißt. Anderweitig kann man nicht zum Wasser gelangen. Auf solche Art Events verzichten wir gerne und somit lohnt es sich für uns noch weniger die komplette Strecke zu fahren.

Wir fahren im Sonnenschein auf trockener Piste. Nach einer Zeit kommt man so richtig in den Fahrfluss, sodass es immer mehr Spaß macht und man irgendwann einfach nur ein dickes Grinsen im Gesicht hat. Dies macht sich auch beim Spritverbrauch bemerkbar. Denn wenn keine lästigen Ampeln, Dörfer oder dergleichen die Fahrt unterbrechen, sinkt auch der Verbrauch. Wir erreichen somit eine Reichweite von deutlich über 500km mit nur einer Tankfüllung. Am frühen Abend erreichen wir den Yukon River, einen Fluß den man bisher nur von Abenteuergeschichten kennt. Es ist schön ihn einmal in Echt zu sehen und auch unsere schwitzigen Füße freuen sich über Wasserkontakt. Der Apfelmus schmeckt dann am Fluss in der Abendsonne doppelt so gut. Auch am nächsten Tag sind wir mit Sonne gesegnet und fahren weitere 140 Meilen auf der Piste durch die sich immer verändernde Landschaft. Wir fahren durch borealen Nadelwald und an einigen Stellen sind die Spuren vergangener Waldbrände deutlich zu erkennen: schwarze Baumstümpfe ragen geisterhaft empor, während von unten bereits neues Leben nachwächst. Dieser Vorgang wiederholt sich alle 70-200 Jahre und ist ein natürlicher Kreislauf. Später bekommen wir den Weitblick über das einzigartige Gelände der Tundra. Immer wieder sehen wir die Alaska Pipeline, welche das Öl vom Arktischen Ozean bis runter an den Golf von Alaska nach Valdez transportiert. Die Pipeline ist 800 Meilen lang, hat einen Durchmesser von 48 Zoll und der Ölfluss wird von 11 aktiven Pumpstationen gewährleistet. Die Baukosten beliefen sich im Jahre 1977 auf 8 Millarden USD und die Fertigstellungszeit betrug ca. 26 Monate. Das Öl für unseren nächsten Motorölwechsel kommt uns vielleicht gerade entgegen.

Wir fahren bis zum Sukakpak Mountain, Milepost 207 des Dalton Highway, und finden einen schönen Platz für unser Zelt am Fuße eines großen felsigen Berges. Zum Kochen gehen wir an den Fluß. Zum einen gibt es dort weniger Mücken und zum anderen sollte man Zeltplatz, Kochstelle und Lebensmittelaufbewahrung stets trennen, um Bären nicht ans Zelt zu locken. Auf diese Regeln achte ich strikt, auch wenn es etwas mehr Arbeit bedeutet und es manchmal nervt. Doch selbst eine Hose mit einem BonBon in der Tasche hat nichts im Zelt zu suchen. Diese strikte Trennung müssen wir noch in Kanada und bis in weite Teile in die USA einhalten. Wir haben darum zwei der Motorradkisten auserkoren, welche alle Lebensmittel sowie Zahnpasta, Öle und alles was Duftstoffe absondert, transportieren. Diese deponieren wir dann vor dem Schlafen gehen ca. 100m vom Zelt entfernt. Immer wieder wurde uns von Einheimischen bestätigt, dass wir so richtig handeln. Gerade auf Campingplätzen gibt es leider immer wieder Deppen, die ihren Nahrungsmittelabfall dort herumliegen lassen. Einmal fanden wir Erdnussschalen in einer Feuerstelle (Nüsse sind eine der Hauptspeisen von Bären). „Camping“ Bären kehren immer wieder zu solchen Stellen zurück, da sie gelernt haben, dass es dort etwas zu holen gibt. Leider weiß man nie, wer was auf einem Campingplatz zuvor gemacht hat. Daher ist es im Hinblick auf Bären unproblematischer wild zu campen.

Zurück zum Highway. Am Tag 3 fahren wir zurück zum Yukon River und bauen uns dort unser Lager mit Tarp-Überdachung für zwei Übernachtungen auf. Wir wollen die Zeit nutzen um zu Schreiben, unseren Kram zu sortieren, Wäsche zu waschen usw…
Am Abend treffen dort weitere Motorradfahrer ein. Wir kommen mit Ed aus Utah und Dena aus Calgary am Lagerfeuer ins Gespräch. Ed ist ein „echter“ Amerikaner: patriotisch und bewaffnet. Lässig steht er mit Cowboyhut am Feuer. Mit seiner schwedischen Axt zerschlägt er umherliegende Äste für das Feuer. Wenn er keine Axt dabei gehabt hätte, hätte er diese sicherlich mit seinen Zähnen durchtrennt. Als Nächstes zeigt er uns seinen Revolver, den er am Gürtel trägt. Ebenso findet sich dort ein Magazin, speziell für Bären und eines für „stopping man“. Aha. Wir stehen in der Nacht unter seinem Schutz: „If a bear comes, let me know, I will shoot him“. Beruhigt kriechen wir später in unsere Schlafsäcke. Die beiden sind sehr nett und wir unterhalten uns über Motorräder, Bären, den 2. Weltkrieg und aktuelle Bedrohungen aus China. Sie sind an einem Tag mit ihrem BMWs von Deadhorse im Schlamm bis hier hergefahren (über 360 Meilen) und freuen sich über die guten Heidenau Reifen (K60 Scout), welche wir selbst auch aufgezogen haben „…these Germans make good stuff…“.

Leider regnet es an unserem Rasttag kontinuierlich von morgens bis abends. Die Mücken werden nicht wie erwartet vom Regen vertrieben und so sitzen wir den ganzen Tag mit dem Mückennetz auf dem Kopf unter dem Tarp. Nichtstun wird abgelöst von Schlafen. Die Straße saugt sich immer weiter mit Wasser voll, die Pfützen werden größer und der Matsch quillt unter unseren Stiefeln hervor. Wir haben nur noch 60 Meilen bis zum Asphalt, doch die versprechen spaßig zu werden. Am nächsten Morgen sind wir um halb neun abfahrbereit und starten mit gemischten Gefühlen in die Schlammschlacht. Es regnet immer noch. Werden wir gut durchkommen oder vor lauter Schlamm nur so über die Piste rutschen? Die braune Gicht, welche die Trucks neben sich versprühen, sieht ebenfalls vielversprechend aus. Die ersten Meter sind etwas krampfig. Wie schnell kann ich in die Kurve fahren ohne zu rutschen? Kommt hinter der nächsten Kurve ein Truck angeschossen? Wir fahren über die Brücke über den Yukon und ich erinnere mich wie schön die Herfahrt war. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Die Straße wird dann zum Glück etwas besser und lässt sich nach etwas Gewöhnung doch recht gut bewältigen. Die Truckfahrer sind sehr rücksichtsvoll, gehen vom Gas und machen sogar extra für uns Platz, damit wir nicht zu viel Schlamm abbekommen. Kurz vor Ende der Strecke wird es nochmal spannend, da die Matschschicht tiefer wird. Die Heidenau K60 Scout Reifen machen jedoch einen guten Job und so findet das Vorderrad immer seine Spur. Total verschlammt kommen wir am Anfang vom Highway wieder an. Das Foto vor dem Schild und den verschlammten Maschinen ist ein obligatorisches Muss. Die restlichen 80 Meilen auf asphaltierter Straße nach Fairbanks fahren sich nun spielend leicht. Es hat nun auch aufgehört zu regnen. Das nächste Abenteuer kommt bestimmt.


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Wrangell – St. Elias Nationalpark

Am Mittwoch (18. Juni) machen wir uns, nachdem wir uns ausgiebig bei unserer Gastfamilie verabschiedet haben, auf den Weg zum Wrangell – St. Elias Nationalpark, dem größten Nationalpark der USA. Es fiel uns wirklich nicht leicht Gail, Tim und Ann zu verlassen, denn eigentlich hätten wir noch viel mehr gemeinsam unternehmen können.  Zum Glück besteht die Möglichkeit die Drei in den „lower 48s“ (USA ohne Hawaii und Alaska) wiederzusehen. Wir sind selbst gespannt ob wir das hinbekommen.

Von nun an ging es schnurstracks auf dem Glenn Highway gen Osten. Auf gut ausgebauten Straßen konnten wir schnell viele Kilometer  hinter uns bringen, wenn auch die Landschaft eigentlich immer wieder schöne Fotomotive hergeben hat. Diesen Konflikt zwischen „Strecke zurücklegen“ und Fotografieren haben wir oft. Hinter fast jeder Kurve taucht eine neue grandiose Szene auf, doch jedes Mal anhalten, Helm und Handschuhe ausziehen, Kamera aus dem Tankrucksack holen usw., das ist dann doch manchmal zu viel. Bei einem kurzen Tankstopp in Glennallen, unterhielten wir uns unter anderem mit einen KTM Adventure Fahrer. Diese Bikes sind hier eher selten anzutreffen, genau wie unsere Teneres. Eigentlich gibt es hier nur BMWs oder Harleys. Unsere Zweiräder gehören eher zu den Exoten und sorgen nahezu bei jedem Stopp für kurze Gespräche (Woher? Wohin? Was für Bikes? Wie lange? …) So kommen wir jedenfalls immer schnell in Kontakt mit den Einheimischen und profitieren gelegentlich von guten Tipps.

Nachdem wir unsere Fahrt fortgesetzt und gut Strecke gemacht haben, wurde es Zeit einen Schlafplatz zu suchen. Da kam uns ein kleiner See gerade recht. Recht idyllisch sah unser Nachtlager aus, wenn da nicht wieder diese Mücken wären. Der Zeltaufbau erfolgte in Motorradkombi inklusive Handschuhen und dem Insekten-Hut über dem Kopf. Und ich dachte schon, dass die Biester am Skilak Lake anstrengend waren. Nachdem aber das Zelt stand und alles eingeräumt war, konnten wir gut schlafen, schließlich war es dann auch schon 23:45 Uhr. Es wird hier nach wie vor erst sehr spät dunkel, wenn man es überhaupt so nennen kann, was das Einschlafen deutlich erschwert. Bisher haben wir die Sonne noch nicht wirklich untergehen sehen.

Am Morgen ging es nach einem Erdnussbutter-Marmelade-Bananen-Sandwich wieder an den Start, weiter zum Wrangell – St. Elias Nationalpark. Ab Chitina war allerdings Schluss mit der asphaltierten Straße, nun hieß es auf über 60 Meilen Erfahrungen mit losem Schotter auf der Piste zu sammeln. Die ersten Kilometer waren sicherlich sehr krampfhaft, da hier der Schotter besonders tief war. Nach einer Weile wurde die Piste besser und umso sicherer konnten wir weiterfahren. Gegen Mittag kamen wir dann in McCarthy an, wo es über eine schmale Brücke nur noch zu Fuß weiter gehen sollte. Von da an konnte man sich die circa 5 Meilen nach Kennecott, einem alten Kupferminen Ort, mit einem Shuttlebus bringen lassen oder eben laufen.  Da die Wander Trails erst in Kennecott starten, wäre dieser Fußmarsch hin und zurück, plus dem eigentlichen Wanderweg für einen Nachmittag zu lang gewesen. Aber wie es der Zufall so wollte, kamen wir auch an der Brücke ins Gespräch mit einem Radfahrer, der uns offenbarte, dass wir die Brücke mit den Motorrädern befahren können. Die Einheimischen fahren schließlich auch ständig mit ihren ATVs rüber. Damit hat er uns einen Fußmarsch von insgesamt guten 10 Meilen erspart. In Kennecott angekommen, präsentierten sich die alten Gebäude und die Konzentrationsmühle bei bestem Fotowetter und wurden gleich mit unseren Bikes abgelichtet. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden hier in der Umgebung große Kupfervorkommen mit besonders hoher Konzentration des Erzes (bis zu 80%) gefunden. Diese waren eine der größten je gefundenen Kupfervorkommen. 1938 wurden die Minen von einem Tag auf den anderen verlassen, erst in den 50er Jahren wieder aufgefunden und bis heute restauriert. Während des Betriebes wurde Kupfer im Wert von mehr 200-300 Millionen USD abgebaut. Die Minen um Kennecott versorgten die Welt mit Kupfer für die voranschreitende Elektrifizierung, industrielle Entwicklung und zur Herstellung von Munition für den 1. Weltkrieg. Auch heute noch operiert die „Kennecott Copper Corporation“ (damals gegründet von den Familien Havermeyer, Guggenheim und J.P. Morgan) zahlreiche Minen rund um den Globus.

Der Rohstoff musste irgendwie aus der tiefsten Wildnis Alaskas abtransportiert werden, um ihn dann weiter in alle Welt zu verschiffen. Dazu wurde eine 196 Meilen lange Eisenbahnlinie über Flüsse und durch mehrere Mountain Ranges von Valdez nach Kennecott gebaut. Dies forderte den Arbeitern einiges ab und lange wurden die Ingenieure belächelt, ob dies überhaupt zu schaffen sei. Die Schotterpiste von Chitina nach McCarthy folgt dieser alten Linie und ist zum größten Teil auf der alten Eisenbahntrasse angelegt worden. Am Gilhana River steht noch ein alter verfallener Abschnitt der beeindruckenden Holzbrücke während wir an anderer Stelle den Kuskulana River Canon auf der alten Stahlträgerbrücke von 1910 direkt überqueren. Diese abgeschiedene Gegend hier hat also eine sehr interessante Vergangenheit mit großer Bedeutung für die damalige Zeit.

Direkt vor der Mine bot sich uns ein sonderbarer Anblick, wie auf einem anderen Planeten. Wir sahen eine zerklüftete und dunkle Oberfläche, mehrere Kilometer weit. Die Reste der großen Gletscher vergangener Zeiten lagen in teilweise bizarren Formen vor uns und zeigten uns wie groß dieses Massiv gewesen sein mag. Nun hieß es aber erst einmal absatteln und umziehen, damit wir unsere Tour zu Fuß fortsetzen konnten. Wir wollten einen mit 3,5 km ausgeschriebenen Trail entlang des Root Glaciers wandern, was wir auch taten. Entlang dieses Trail hatten wir immer wieder herrliche Blicke auf die durch den Gletscher geformte Landschaft und auf den Gletscher selbst, bis es plötzlich nicht mehr weiter ging. Wir waren schon ein gutes Stück gewandert, waren uns aber sicher, dass dies nicht das Ende des Trails sein kann. Nach kurzer Suche fanden wir auch eine Alternative und setzten den Weg fort. Doch dieser Weg wurde teilweise sehr interessant und forderte uns eine Menge Überwindung ab, denn der Weg führte genau an der Kante der Gletscherrinne entlang.  Bald merkten wir, dass der Weg kein Ende nehmen wollte. Die 3,5 km hätten längst vorbei sein müssen, dennoch ging es weiter. Nachdem wir langsam an den Rückweg denken mussten und sich die Aussicht nur noch wenig änderte, kehrten wir um, da wir uns auch noch den Root Gletscher aus nächster Nähe ansehen und ihn betreten wollten. Vom Punkt der Umkehr bis zum Ausgangspunkt zeichneten wir den Weg dieses Mal mit GPS auf und siehe da: aus den angegebenen 3,5 km wurden 8 km. Unterwegs trafen wir noch auf eine Vogelfamilie (vermutlich Schneehühner, die Wappentiere von Alaska, genannt Ptarmigan). Eines der Küken blieb bewegungslos vor uns sitzen, während sich der Rest schnell aus dem Staub machte. Aber schnell kam die Mutter zurück, beschützte mutig ihren Nachwuchs in dem sie uns entgegenflatterte und lockte uns schließlich von dem Küken weg indem sie sich krank stellte.

Ziemlich geschafft kamen wir an unseren Bikes an und waren sehr froh nun nicht auch noch zu der Fußgängerbrücke laufen zu müssen. Nun fuhren wir wieder westwärts, kochten am Kennicott River Abendbrot und suchten uns einen Schlafplatz am Rande der Piste. In einem Land wie Alaska geben wir keine 20 USD pro Person für einen Campingplatz aus. Dafür gibt es hier einfach zu viele Möglichkeiten wild zu campen. Bei der Schlafplatzsuche bekamen wir es mit einer der mächtigsten Naturgewalten Alaskas zu tun: Moskitos. Es sind einfach zu viele und man kann sich nicht wirklich wehren, wenn man nebenbei noch ein Zelt aufbauen muss. Der Beste Schutz vor den Attacken dieser fürchterlichen Kreaturen ist für uns, die komplette Motorradmontur vom Stiefel bis zum Helm und Handschuh anzulassen. Doch die unter den Klamotten entstehende Hitze treibt einen an den Rand des Wahnsinns und sorgt für gereizte Stimmung. Wieviel schöner wäre diese Landschaft, wenn es diese Quälgeister nicht gäbe? 


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Auf dem Seeweg

13.-15.06.2014
Nach 5 Tagen umhertouren auf der Kenai Halbinsel bleiben die Bikes wieder für ein paar Tage in der Garage stehen. Der Asphalt soll vorerst durch Wasser abgelöst werden – unsere Gastfamilie nimmt uns mit auf einen 2-tägigen Segelboottrip. Den ersten Abend auf dem Boot verbringen wir noch im Hafen von Whittier. Whittier ist eine kleine Hafenstadt in Prince William Sound, deren Einwohner alle in einem einzigen Hochhaus wohnen. Es gibt also einen Hafen und ein Hochhaus, in dem sich neben den Wohnungen auch alle Geschäfte, Schule, Post usw. befinden.

Am folgenden Samstagmorgen ist es regnerisch und windig. Zum Glück haben wir die Motorradregenkombis mitgenommen, welche als „Ölzeug“ gut zu gebrauchen waren. Mit Motorkraft fahren wir zunächst in ruhigeres Gewässer. Wir steuern eine Steilklippe an, an der hunderte Seemöwen zwischen zwei Wasserfällen ungestört brüten und unter lautem Geschrei umherfliegen. Weiter geht es vorbei an Gletschern, welche leider nicht mehr direkt ins Meer kalben, da sie schon seit Jahrzehnten abschmelzen und sich auf das Land zurückziehen. Sie schimmern blau, was ein Zeichen für die hohe Dichte des Eises ist. Die kurzwelligen blauen Strahlen sind die einzigen, welche vom Eis reflektiert werden, alle anderen Farben werden vom dichten Eis absorbiert.

Nach einer Weile ist die See ruhig genug um die Segel auszufahren. Als der Motor aus ist, gleiten wir über das Wasser. Nach einer Weile holen wir das Segel jedoch aufgrund von Windmangel wieder ein und tuckern mit dem 25PS Motor weiter. Ich stelle mich vorne an den Bug und genieße die seichten Wogen und die sich langsam verändernde Landschaft. Wir halten Ausschau nach Buckelwalen und Orcas welche sich im Sommer hier aufhalten. Doch heute sind sie hier nicht anzutreffen. Dafür entdecken wir einige Seeotter. In ihrer Ausruhposition liegen sie im Wasser auf dem Rücken. Mit auf den Bauch gelegten Vorderbeinen und aus dem Wasser ragenden Füßen betrachten sie interessiert die Umgebung und unser näher kommendes Boot. Das sieht wirklich sehr putzig aus. Ab und an schaut auch ein Seelöwe neugierig aber schüchtern aus dem Wasser. Sobald man sie erspäht hat, tauchen sie auch schon wieder ab.

Nach ca. 3 Stunden Wasserfahrt erreichen wir die Hummer Bay. Das Ufer sieht aus wie in einem Märchenbuch. Wild aussehende Bäume, deren Wurzeln sich in skurrilen Formen die kleinen Steilufer herunterschlängeln, säumen den Rand der Bucht. Kleine Riffe, welche zahlreiche Muscheln und Meerespflanzen beherbergen, sind durch den niedrigen Wasserstand sichtbar. Im Hintergrund erstreckt sich der Märchenwald bis auf zwei Berge hinauf. Zwischen ihnen wird ab und an ein von weißen Wolken verhangener schneebedeckter Gipfel sichtbar. Blickt man zurück, sieht man den Ozean, welcher wiederum von weißen Bergen in der Ferne umsäumt ist. Es ist weit und breit kein Zeichen menschlicher Zivilisation sichtbar. Was für ein beeindruckender Ort.

Am morastigen, grasbewachsenen Ufer bauen wir später das Kajak auf. Gail hatte in der Woche zuvor extra noch ein paar Teile reparieren lassen. Nachdem Stephan und ich den wackeligen Einstieg geschafft haben, gleiten wir nun im Gleichtakt paddelnd übers Wasser. Das Ufer lässt sich nun noch viel besser aus nächster Näher begutachten. Möchte man dem Ganzen noch näher sein, müsste man schon schwimmen. Gail, Ann, Tim und Jack kommen mit dem kleinen Dinkey bzw. Schlauchboot hinterhergefahren und versorgen uns mit Trinkwasser und Müsliriegeln. Was für ein Service, sie meinen es wirklich zu gut mit uns. Wir paddeln hinaus auf die See, welche zum Glück recht ruhig ist und treffen uns an einem verlassenen Strand. Dort schlendern wir umher und begutachten das Strandgut. Der Abend klingt gemütlich auf dem Segelboot aus. Zu fünft (und Jack, der Hund), schlafen wir im Boot in der gut geschützten Bucht. Das Boot bewegt sich kaum und so wird auch niemand seekrank.

Nach Tims köstlichen Blaubeer Pancakes zum Frühstück fahre ich mit Ann nochmal mit dem Kajak raus. Wir entdecken Seesterne in unterschiedlichsten Größen, Farben und Formen mit 5 bis 15 Armen. Der größte hatte einen Durchmesser von ca. 30cm. Mit Tim unternehmen wir anschließend noch eine kleine Wanderung ins Hinterland. Es gibt hier keine Trails, also schlagen wir uns durch den Busch. Ab und an finden wir „Bear Poop“, welcher nicht all zu alt aussieht. Tim führt uns zu zwei kleinen Seen, welche wieder von diesem einzigartigen Märchenwald umgeben sind. Biber haben an dem abgehenden Fluss schon mehrere Staustufen angelegt. Solch riesige Biberdämme habe ich noch nie zuvor gesehen.
Alles in allem war es ein grandioser Bootsausflug in Landschaften, von denen ich noch oft träumen werde. Danke Gail, Ann, Tim und Jack, für diese wunderbare Zeit.


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Die ersten Kilometer

Am Montag (9. Juni) haben wir Anchorage verlassen. Heut ist es bereits Donnerstag und wir haben knappe 1.000 km hinter uns und sitzen nun an einem idyllischen Zeltplätzchen am Skilak Lake. Aber nun erst mal von Anfang an.
Am Montag haben wir es nun endlich geschafft Anchorage vorerst Lebewohl zu sagen und sind mit den Teneres die ersten Kilometer nach der Abholung vom Zoll gefahren. Unsere Route führt uns südlich nach Seward. Die etwas mehr als 200 km konnten wir unter relativ guten Bedingungen zurücklegen. Lediglich in Seward, einer kleinen und verschlafenen Stadt sah es dann nach Regen aus und tröpfelte auch ein wenig. Auf der Suche nach einem Schlafplatz fanden wir einen Campingplatz in der Nähe des Exit Glacier, der auch gleichzeitig das Ausflugsziel des nächsten Tages sein sollte. Was will man mehr?
Am Dienstag wagten wir uns dann auf den Harding Icefield Trail der am Exit Glacier beginnt. Dieser Trail dauert 6 bis 8 Stunden und führt zu einem Aussichtspunkt, bei dem man einen Teil des riesigen Eisfelds (80 x 48 km) bestaunen kann. Bereits auf dem beschwerlichen Weg dahin konnten wir schöne Blicke auf den Exit Gletscher erhaschen, der seinem Namen aus dem Grund bekam, weil man über ihn das Harding Icefield am einfachsten verlassen kann. Neben Murmeltieren und Hamstern haben wir leider keine anderen Tiere gesehen. Wir warten schon sehr darauf unseren ersten freilebenden Bären oder Elch (Moose) zu sehen. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich wenn man sich über Bärenkacke am Wegesrand freut. Solange ich hier aber noch keinen freilebenden Bären gesehen habe, halte ich das Ganze für einen gelungenen Marketing-Gag.
Der Aufstieg zum Aussichtspunkt war ziemlich kraftraubend und hinzukam, dass die Sicht immer schlechter wurde, je höher wir wanderten. Zwischendurch fragten wir uns schon, ob es noch Sinn macht, weiter zu laufen. Nicht dass wir am Ende angekommen sind und nichts mehr vor lauter Wolken sehen können. Aber aufgeben kam nicht in Frage, obwohl uns schon einige entgegen kamen, die nicht am Ziel waren. Zähne zusammenbeißen und weiter ging es und schon bald sahen wir dann auch das Ziel. Kaum angekommen klarte auch der Himmel auf und zeigte uns die riesige Fläche in seiner vollen Schönheit.
Auf dem Weg nach unten trafen wir noch zwei Schweizer mit denen wir uns noch kurz über die Schönheit Alaskas unterhielten. Unten angekommen sahen wir uns noch das Ende des Gletschers an. Beeindruckend ist, dass der Gletscher noch 1899 bis circa zu unserem Campingplatz reichte. Grob geschätzt sind das gute 3 km.
Am Mittwochmorgen hieß es dann wieder Sachen packen. Es geht weiter nach Homer. Bestes Wetter begleitet uns während der Fahrt. Diese ist jedoch recht eintönig. Endlos lange Geraden und wenig interessante Landschaften dominieren den Großteil der Strecke. Ein Tempomat für unsere Motorräder wäre hier eine feine Sache. Viele Meilen später bekommen wir starke Böen ab und sehen zu unserer Rechten (Westen) zahlreiche Bergspitzen zwischen den Bäumen am Straßenrand. Wenig später sehen wir auch, dass wir durch viel Wasser von diesen Bergspitzen getrennt sind. Bei den Windböen müssen wir schon ordentlich aufpassen, aber das tun wir ja ohne hin, da ein spontaner Wildwechsel jederzeit möglich ist und mit den vollbeladenen Bikes kein Zuckerschlecken darstellt. Uns siehe da, da steht auch schon unser erstes Moose am Straßenrand und bittet um ein Fotoshooting. Nur zu nahe sollen wir ihm nicht kommen. Aber bevor wir überhaupt an Fotos denken können, hießt es erst mal das Motorrad aufrichten, denn dieses ist mir auf dem losen Untergrund umgefallen. Hier merkt man wieder wie viel Zusatzgewicht man mit sich führt. Das Schlimme ist, dass sich parallel zum Highway links und rechts eine kleine Endurostrecke befindet auf der ab und zu Quads oder Off-Road-Motorräder ihren Spaß haben. Diese Strecke ist bestimmt fast 20 Meilen lang und weckt auch in mir die Lust nicht nur der asphaltierten Straße zu folgen. Aber dieser Gedanke wird schnell wieder at acta gelegt, wenn man an den Ballast an Bord denkt.
In Homer angekommen, ist das Wetter auch wieder freundlicher und wir fahren direkt zu Homer Spit, einer schmalen Landzunge, auf der man auch campen könnte. Restaurants, Hotels und ähnliche Touri-Einrichtungen finden sich da zu Hauf und lassen uns schnell den Rücktritt antreten und nach einer gemütlichen Übernachtungsmöglichkeit suchen. Eigentlich hatte uns Gail aus Anchorage einen Kontakt hier vermittelt, aber leider waren wir schon etwas zu spät und trafen diesen nicht mehr an. Was aber nicht weiter schlimm war, da wir bereits einen gemütlichen Schlafplatz, etwas oberhalb von Homer, mit einem herrlichen Panorama auf die Berge und Gletscher gefunden hatten. Hier ließen wir den Tag dann gemütlich ausklingen.
Am Morgen darauf wollten wir uns noch die Tide-Pools ansehen fanden, aber nur ein paar mickrige Pfützen, welche die Flut übrig gelassen hat. So ging es also wieder auf dem Rückweg nach Anchorage mit einer Übernachtung am Skilak Lake, wo wir von Mücken gefressen werden. Ein kurzes Bad in dem durch einen Gletscher gespeisten See brachte den Kreislauf so richtig in Schwung. Dass der See von einem Gletscher gespeist wird, haben wir erst nach dem Bad gelesen.
Morgen geht’s weiter nach Anchorage, wo wir uns wieder mit Gail und ihrer Familie zu einem Bootsausflug treffen.


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