Zwangspause: Ein Ende ist in Sicht
Am Samstag, den 7. Februar ist es dann endlich so weit, unser Paket ist zur Abholung bereit. Schnell machen wir uns auf den Weg zur Post und holen das Paket ab. Zum Einbau kommen wir aber an diesem Wochenende nicht mehr, da wir am Sonntag wieder zu einem Ausflug mit Eladio und Mirella verabredet sind. Dieses Mal geht es zum Pico de Orizaba in dessen Nähe auch eines der größten Teleskope seiner Art steht. Dieses wurde in Deutschland in Zusammenarbeit mit der Universität Mainz entwickelt. Bevor es aber zum höchsten Berg Mexikos geht treffen wir noch, Arely und Cristobal, Freunde von Mirela und Eladio. Gemeinsam fahren wir auf der Ladefläche eines Pickups zu einer nahegelegenen „trockenen Lagune“, welche an einen Krater von einem Meteoreinschlag erinnert. Die Entstehung dieser Krater ist aber bisher noch unklar. Bei sengender Hitze steigen wir in den Krater hinab und nachdem wir uns etwas umgesehen haben wieder hinauf. Zum Abschied bekommen wir noch ein Dominospiel aus Onyx und Ulli, den zum Sonnenschutz getragenen Strohhut geschenkt. Dann geht es aber in einer abenteuerlichen Fahrt der Spitze des Orizabas entgegen. Diese liegt in einer Höhe von 5636m. So hoch kommen wir natürlich nicht und für einen kompletten Aufstieg fehlt uns sowohl die Zeit als auch das Equipment, sodass wir auf halber Höhe ein wenig herumwandern und wenig später die Heimreise antreten. In Puebla angekommen, werden wir zum Abendessen bei Freunden eingeladen und schauen uns noch ein Feuerwerk an, welches nicht mit den europäischen Höhenfeuerwerken verglichen werden kann. An einem großen Drahtgestell befestigte Feuerwerkskörper erzeugen beim Verbrennen die unterschiedlichsten Formen und kreischen beziehungsweise heulen dabei so laut, dass das Ansehen fast schon keine Freude mehr bereitet. Besonders Ulli kann den letzten Stunden kaum noch etwas abgewinnen. Schmerzen und Müdigkeit plagen sie zunehmend. Das sieht ganz nach dem Anfang einer Grippe aus. Mir hingegen geht es langsam wieder besser und der Husten ist deutlich zurückgegangen.
Am Montag wechseln wir dann das Federbein an Ullis Tenere. Was leider sehr viel Arbeit bedeutet und deutlich leichter hätte sein könnte. Um an die obere Schraube des Dämpfers zu gelangen muss quasi das halbe Heck zerlegt werden, damit man das Endschaldämpfer entsprechend entfernen kann. Theoretisch wäre die ganze Prozedur auch in rund 10 Minuten möglich, wenn man besagte Schraube von der anderen Seite erreichen würde. Hier ist aber die Airbox. Einige Bastler haben deshalb in die Airbox ein Loch gebohrt, um an die Schraube zu gelangen. Auch wir haben diese Bearbeitung in Betracht gezogen, wollten aber kein Risiko eingehen, dass die Airbox dabei undicht wird. So heißt es auch beim nächsten Mal alles abzubauen. Nachdem der Tausch geglückt war, geht es für Ulli wieder zurück ins Bett. Erschöpfung und Schmerzen sind ihr stark anzusehen. So habe ich sie noch nie erlebt.
Das zweite Federbein ist nun auch endlich eingetroffen und ich mache mich an diesem Dienstag gleich auf es abzuholen. Im Anschluss fahre ich mit Ulli zum Doc, da sie 38°C Fieber hat und dementsprechend aussieht. Die Diagnose lautet: Entzündung des Rachens. So gibt es auch für Ulli eine Packung Antibiotika. Am Mittwoch tauschen wir dann auch den Stoßdämpfer meiner Tenere in rund 2,5 Stunden. Nachdem sich Ullis Befinden immer mehr verschlechtert und das Fieber steigt, fahren wir am Abend zu einem zweiten Doktor. Dieser ändert die Medikamente uns spritzt ein stärkeres Antibiotika, aber das hilft auch nicht. Das Fieber steigt am Donnerstag sogar bis auf 40°C an. Sodass wir erneut einen Doktor aufsuchen. Dieses Mal ist es ein Freund der Familie dessen „Praxisgebühr“ im Verhältnis zu den beiden anderen deutlich höher ist. Nachdem er die verordneten Medikamente sieht, schüttelt er nur mit dem Kopf und klärt uns über die hiesigen Praktiken der Ärzte auf, die meistens Hand in Hand mit den Apotheken oder Pharmakonzernen arbeiten. Ullis Dosis an Antibiotika wird noch einmal aufgestockt und die restlichen Medikamente ausgetauscht. Nachdem mein Husten in den letzten Tagen wieder zugenommen hat, lasse ich mich auch gleich noch mal durchchecken und bekomme, wie sollte es auch anders sein noch mal Antibiotika. So können wir uns die nächsten Tage die Spritzen gegenseitig hin die Hintern jagen. Obwohl unsere Bikes nun wieder funktionstüchtig sind, wollen und können wir unsere Reise so noch nicht fortsetzen. Die nächsten Tage verbringen wir also im Bett und kurieren uns aus. Tag für Tag geht es uns besser. Ullis Temperatur nähert sich nach einigen Tagen wieder der Normaltemperatur an, dennoch brauchen wir beide noch ein paar Tage, um den Husten wirklich los zu werden. Genug Zeit also um ein Paket für die Heimat fertig zu machen, in welchem wir die zahlreichen Geschenke, die uns bisher in Mexiko gemachten, wurden sowie eine Datensicherung unserer Fotos nach Hause schicken können.
Leider blieb der Tot von Rossis Oma nicht der einzige Schicksalsschlag in diesen Tagen. Rossis Neffe Fernando verbrannte sich bei einem Unfall auf Arbeit so schwer, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste. Trotz anfänglicher Hoffnung erlag er seinen Verletzungen nach einigen Tagen. Aus diesem Grund stellte Rossi nach hiesigem Brauch neun Tage lang ein Kreuz und ein Foto von Fernando, umgeben von vier Kerzen, im Wohnzimmer auf. In den nächsten neun Tagen kommen Verwandte und Bekannte um von ihm Abschied zu nehmen. Am neunten Tag wird das Kreuz in einer feierlichen Zeremonie vom Boden aufgehoben und zum Friedhof gebracht.
Nun sind wir bereits so lange in Mexiko, dass uns Rajiv, der Fahrradfahrer, den wir in Kanada kennengelernt haben, hier wieder eingeholt hat. Mit ihm treffen wir uns dann auch in der Stadt und lassen unsere Erlebnisse auf der Strecke Revue passieren. Mal sehen wann wir uns wiedersehen.
So langsam fühlen wir uns wieder so gut, dass wir an die Weiterreise denken. Bevor es aber so weit ist, schaue ich mir mit Toni noch den Karneval an. Die bunten Umzüge sind mit denen in Deutschland kaum zu vergleichen. Vor allem das Schießen mit den Pulverbüchsen ist nett anzusehen, macht aber auch ein wenig Angst. Die Dinger sind richtig laut und mit Sicherheit auf kurze Distanzen nicht gerade ungefährlich. Wenn es dann noch zu einer Schießpulverexplosion kommt, geht es erst richtig rund. Am Wochenende sind wir alle zum 15. Geburtstag von Tonis Cousine eingeladen. Und eh man sich versieht, ist noch eine Woche rum. Eigentlich wollten wir in den nächsten Tagen wieder die Straßen unsicher, aber es kommt anders. Ulli entdeckt auf ihren Mandeln einen weißen Belag, der nichts Gutes vermuten lässt. Sicher ist sicher und da Ulli schon mal Pfeiffersches Drüsenfieber hatte, gehen wir noch mal zu Arturo, den zuletzt besuchten Arzt. Er diagnostiziert eine erneute Rachenentzündung (Pharyngitis), da wir aber endlich weiter wollen und es Ulli deutlich besser geht, lässt sich Ulli dieses Mal Antibiotika verschreiben, die man nicht spritzen muss, sodass wir auch unterwegs die regelmäßige Einnahme gewährleisten können. Nach drei Tagen sehen die Mandeln schon deutlich besser aus und eine letzte Untersuchung bei Arturo am Montagmorgen gibt uns grünes Licht für eine Weiterfahrt. Nachdem wir nun alle Wehwehchen auskuriert und unsere Bikes wieder in Schuss gebracht haben, soll es nun endlich weiter gehen.
Aus 2 Übernachtungen wurden 6 Wochen. Diese waren dank Toni, Rossi und ihren Familien keinesfalls langweilig. Im Gegenteil, quasi als Teil der Familie haben wir sehr viele private Dinge (Hochzeit, Geburtstag, Taufe und Beerdigung) erlebt, die wir als normale Reisende so nie kennengelernt hätten.
Für all das Erlebte und die grenzenlose Gastfreundschaft möchten wir uns hiermit nochmals bedanken. Es ist alles andere als normal 2 wildfremde Menschen 6 Wochen zu beherbergen.
Posted in Mexiko by Krad Wanderer
Zwangspause: Geburtstag oder Hochzeit
Bereits seit Mexiko Stadt plagt mich eine Erkältung, diese hält uns aber nicht davon ab am Donnerstag mit Pepe, den wir bei dem Barbecue mit Tonis Familie kennengelernt haben, Fußball zu spielen. Er ist der Ehemann von Tonis Schwester und arbeitet bei Stanley Black & Decker, einem US-amerikanischen Werkzeughersteller. Auf dem Betriebsgelände spielen wir ein wenig mit der Werks(hobby)mannschaft.
Dann ist es auch schon wieder Wochenende und die zweite Woche in Puebla ist wieder wie im Flug vergangen. Am Samstag helfen wir Antonio und Rossi und fotografieren bei einem 15. Geburtstag gemeinsam mit Rossi, während Toni auf einer anderen Veranstaltung fotografiert. Der 15. Geburtstag (Quinceanos) ist in Mexiko etwas ganz besonderes und wird wie eine Hochzeit, inklusive Kirchenzeremonie, gefeiert. 100 bis 200 Gäste sind keine Seltenheit und das Kleid des Geburtstagskindes erinnert an ein Hochzeitskleid oder manchmal auch an das einer Prinzessin. Eine mehrstöckige Torte darf natürlich nicht fehlen. Für diesen Geburtstag spart die gesamte Familie. Und um eines vorweg zu nehmen: Für Jungs wird dieser Geburtstag nicht annähernd so aufwendig gefeiert. Hier liegt die Vermutung nahe, dass man mit dieser Feier die junge Frau an den Mann bringen will. Alles was die Familienplanung angeht, beginnt in Mexiko schon deutlich eher. Mädchen die mit 14 Jahren ihr erstes Kind haben, sind hier keine Ausnahme. Auch Rossis Oma wurde bereits mit 13 Jahren verheiratet und hatte mit 14 ihr erstes Kind. Das ist zwar schon eine ganze Weile her, aber unüblich ist es dennoch nicht. In Deutschland liegt das Durschnittalter für das erste Kind bei rund 30 Jahren. Für Mexikanerinnen ist es in diesem Alter schwer überhaupt noch ein Kind zu bekommen, hier tickt die biologische Uhr deutlich eher. Ob es deswegen richtig ist mit 14 Jahren ein Kind zu bekommen sei mal dahingestellt. An diesem Beispiel sieht man wie unterschiedlich das Leben der Menschen auf der Welt sein kann.
Aber zurück zu dem Geburtstag, auch hier darf eine große Musikanlage nicht fehlen. Mindestens eine Stunde dauerte es bis alle Boxen auf die Bühne gebracht und angeschlossen werden. Kurz danach kommt unser heiß geliebter Gehörschutz wieder zum Einsatz. Wir machen Fotos mit den Gästen, den Geschenkübergaben und natürlich auch dem Geburtstagskind, welches „Dulce“ heißt, was übersetzt „Süße“ bedeutet. Nach einigen Stunden kommt es dann zum Stromausfall und es ist herrlich ruhig. So wie es aussieht, ist nicht nur das Gebäude betroffen, sondern der gesamte Wohnblock ist dunkel. Die Vermutung, dass die Anlage einfach zu viel Strom verbraucht liegt nahe, da man nachdem der Strom nach zirka einer Stunde wieder fließt, nur noch die Hälfte der Boxen benutzt, was immer noch laut genug ist.
Am Sonntag sind wir mit Tonis Schwester Mirella, ihrem Ehemann Eladio und den Söhnen David und Erik verabredet. Zu sechst fahren wir in einem VW Jetta nach Cuetzalan zu den Pyramiden von Yohulichan. Bei dieser Beladung wird jeder Topes zu einer echten Herausforderung und jedes Mal wenn der Asphalt am Unterboden des Autos kratzt, läuft mir ein kalter Schauer den Rücken herunter und ich wünsche mir, dass wir doch besser mit den Motorrädern hinterher gefahren wären. Aber mit den vielen Mautstellen auf der Straße wäre dies auch teuer geworden und so haben wir wenigstens die Möglichkeit uns etwas besser kennenzulernen. Nach dem Besuch der Pyramiden schauen wir uns noch das Pueblo Magico Cuetzatlan an. Dort sehen wir wieder einmal die fliegenden Musiker (Voladores), die kopfüber an Seilen hängend und rotierend musizieren. Wenig später essen wir leckere Forellen, was wir hier so nicht erwartet haben. Am Montag ist hier Feiertag und wir treffen uns noch einmal mit Eladio, Mirela und Erik. Gemeinsam schauen wir uns Cholula etwas genauer an und besuchen unter anderem das Kloster San Gabriel, das Museum del Sitio sowie einige andere Kirchen, wie die von Tonantzintla, deren Innenraum so reich verziert ist, dass man bald kein freies Stück Wand mehr sieht. Wenig später laufen wir auch noch durch die Tunnel der Pyramide von Cholula, welche sich unter der Kirche Santa Maria de los Remedios befindet. Zum Abschluss des Tages geht es noch mal weit aus der Stadt hinaus und wir essen wieder Forelle. Dieses Mal in einer leckeren Senfsoße.
Obwohl die Tage alle samt sehr schön waren, hatten sie auch etwas Störendes. Ein ständiger Husten begleitet mich immer und überall. Aus diesem Grund entscheide ich mich am Dienstag dann endlich mal einen Arzt aufzusuchen. Dieser diagnostiziert eine Bronchitis und spritzt mir die erste Spritze des Antibiotikums vor Ort in den Hintern. Leider bleibt es nicht bei der einen Spritze, sodass ich in den nächsten Tagen wiederkommen muss. In den folgenden Tagen kümmern wir uns um unsere Bikes. Wir verstärken die Aufnahme der Gepäckboxen (was vermutlich nicht zwingend notwendig ist, aber uns dennoch ein wenig beruhigt, wenn es mal wieder ins grobe Gelände geht) des Weiteren verlegen wir meine GPS-Halterung etwas höher, damit wird das Ablesen des GPS deutlich erleichtert. In dieser Zeit erscheint auch ein Artikel in der Zeitschrift „metro“ über unsere Reise den unser Freund Jorge aus Mexiko Stadt geschrieben hat.
Posted in Mexiko by Krad Wanderer
Zwangspause: Wie alles begann
15. Januar – 2. März
Zwischen Mexiko Stadt und Puebla liegen eigentlich nur rund 140km also quasi eine kurze Tagesetappe. Und eigentlich haben wir vor, nachdem wir bereits circa einen Monat in der Hauptstadt verbracht hatten, nun etwas Strecke zu machen, weshalb wir ursprünglich auch nur zwei Übernachtungen in Puebla einplanen. Aber hier kommt alles anders. Aus zwei Übernachtungen werden sechs Wochen.
Nachdem wir es irgendwie durch den Verkehr geschafft und Puebla erreicht haben, werden wir auch schon von Antonio, Rosy und ihren 3 Hunden in ihrem Haus empfangen. Rosy hat ihren Frisörsalon und Antonio sein Fotostudio direkt am Haus. Das nenne ich mal Optimierung des Arbeitsweges. Nach dem Kennenlernen, was bei den beiden ausschließlich auf Spanisch möglich ist, geht es auch schon in die Stadt zu einer kleinen Sightseeingtour. Im Zentrum der Stadt sieht es noch sehr weihnachtlich aus, obwohl es schon Mitte Januar ist.
Am nächsten Morgen bringen wir die Vorderräder der Bikes zum Zentrieren, da sich meine Felge auf der Baja eine ordentliche Delle eingefangen hat und die Speichen bei Ullis Vorderrad alles andere als harmonisch klingen. Danach widmen wir uns der Pflege der Bikes und versehen sie mit den in Mexiko Stadt angefertigten Aufklebern. Uns wurde bereits oft nahe gelegt, dass es besser ist sich als Deutscher (oder auch Nicht-Amerikaner) erkennen zu geben, da Menschen in vielen Teilen der nun folgenden Länder uns für Gringos, also US-Amerikaner, halten werden, was hier nicht wirklich von Vorteil ist. Aus diesem Grund versehen wir unsere Bikes und die Koffer mit der Deutschlandflagge.
Eigentlich sollen die Räder nach einigen Stunden fertig sein, aber das sind sie nicht und wir werden auf Morgen vertröstet. Am Abend haben wir noch genug Zeit um noch einmal mit Antonio und Rosy die Stadt unsicher zu machen. Neben der interessanten Altstadt sehen wir uns auch ein imposantes Lichtspiel an, welches die Geschichte der Stadt in den nächtlichen Himmel projiziert.
Die Vorderräder sind am Folgetag bereit zum Abholen, aber was ist das – plötzlich will man 820 (rund 48 Euro) statt der ausgemachten 700 Peso (rund 41 Euro). Nicht mit uns! Bereits die 700 Peso sind für mexikanische Verhältnisse ein stolzer Preis und so lässt Ulli den Mexikaner mit seiner Idee gnadenlos abblitzen. Bereits im Vorfeld wurden wir mehrmals darauf hingewiesen Preise im Voraus auszumachen, damit es dann nicht zu Überraschungen kommt. Allzu gern versucht man auf diesem Weg den vermeintlich reichen Touristen so das Geld abzunehmen. Und wenn man im Voraus nichts ausgemacht hat, hat man dann schlechte Karten. Trotz allem oder vielleicht auch gerade deswegen will man uns auch bei einem anderen Problem behilflich sein und vermutlich dort mit einem entsprechenden Preisaufschlag die entgangenen Peso kompensieren. Da bereits seit etlichen Kilometern das Federbein von Ullis Tenere zu soft ist und in einer Gefahrensituation nicht mehr die notwendigen Reserven bietet, wollten wir versuchen dem altersschwachen Federbein etwas Druck zu machen und fragen nach, ob die Mechaniker den Druck des Federbeins auf 12 bar erhöhen können. Auch nach mehrmaligem Nachfragen, ob sie fähig sind einen solchen Druck zu liefern, antworteten sie uns mit „Ja“. Wir freuen uns bereits eine sogar preiswerte, wenn auch vorrübergehende Lösung für dieses Problem gefunden zu haben, da man für diesen Service nur 150 Peso pro Bike veranschlagte. Wir also mit den Vorderrädern schnell zurück zu Antonio und bauen diese ein, um dann wieder schnell bei dem besagten Suzuki Händler zu sein. Gemeinsam mit zwei Mechanikern gehen wir also zu einem nahegelegenen Reifenhändler bei dem der eine Mechaniker diese Prozedur bereits das ein oder andere Mal durchgeführt haben will. Nach längerer Suche und Fragerei in verschiedenen anderen Werkstätten hat er dann auch einen passenden Adapter für das Ventil gefunden und versuch den Stickstoff in den Stoßdämpfer zu füllen. Als wir dem anderen Mitarbeiter noch einmal bestätigen, dass er an der Maschine 12 bar einstellen soll, was er uns kaum glauben kann, geht es dann endlich los. Allzeit den Daumen nach oben lächelt uns der Mechaniker an und meint es funktioniert, bis er dann irgendwann feststellt, dass er wohl Stickstoff abgepumpt hat statt es einzufüllen. Nun ja, ist ja auch ganz schön schwer zwischen rein und raus zu unterscheiden, vor allem wenn man dies schon mehrfach gemacht hat. Guten Gewissens versichert er uns, dass es nun aber geht und der Druck langsam aufgebaut wird und erklärt uns, dass dies ein sehr hoher Druck ist. Es sind mittlerweile 2-3 Stunden vergangen, in denen zwei Personen versuchen einen Stoßdämpfer mit Stickstoff zu befüllen und wir spendieren den Beiden eine Dose Cola, da sie sich schon echt bemühen. Aber irgendwann wird es uns auch zu bunt und wir testen den Stoßdämpfer nachdem die beiden uns versichert haben, dass es schon deutlich besser ist als vorher. Pustekuchen, wie eine Luftpumpe lässt sich das Heck der Tenere auf und nieder bewegen und als sich Ulli dann auch noch drauf setzt, federt es fast bis zum Anschlag ein. So können wir kaum weiterfahren und schon gar nicht mit all unserem Gepäck. Extrem enttäuscht treten wir den Heimweg an. Zum Glück mussten wir für die Prozedur nichts bezahlen. Zum Glück für die Beiden…
Am nächsten Tag machen wir uns auf die Suche nach dem Yamaha-Händler. Dieser kann auf die Schnelle auch nicht helfen, würde uns aber den Dämpfer „kostengünstig“ tauschen, wenn wir einen neuen haben. Leider ist die Tenere hier nicht so verbreitet wie erhofft, sodass die Beschaffung eines Stoßdämpfers auch mehrere Wochen dauern kann.
Nach langem hin und her überlegen entschieden wir uns nun neue Stoßdämpfer in Deutschland zu bestellen. Dies war eigentlich erst für Guatemala geplant, um einen gewissen Vorlauf bei der Paketzustellung zu haben, aber nun mussten wir in den sauren Apfel beißen und hier auf die Teile warten. Toni und Rosy sagten uns gleich, dass es für sie kein Problem ist, wenn wir so lange bei ihnen bleiben, auch auf die Gefahr hin, dass es einige Wochen sind.
Jetzt heißt es abwarten und Tee trinken.
Posted in Mexiko by Krad Wanderer
Wochenendausflug nach Morelia
02.-06.01.2015
Veronica und Sergio, Jorges Eltern, haben uns zu einem Wochenendausflug nach Morelia, circa 300km nord-westlich von D.F. eingeladen. Auch Laura kommt mit und so verbringen wir vier Tage im Bundestaat Michoacan. Die Innenstadt von Morelia beeindruckt mit guterhaltenen Bauten aus der Kolonialzeit. Wir wohnen die Tage in einer Plattenbausiedlung am Stadtrand. Am Samstag sind wir wieder zu einer Taufe eingeladen, welche dieses Mal in noch größerem Stil gefeiert wird. Die Taufzeremonie in der Kirche haben wir verpasst, da wir uns am Frühstückstisch zu lange mit gegenseitigem Spanisch- und Deutschunterricht aufgehalten haben.
Dafür sind wir dann direkt zur anschließenden Party gefahren, die etwas außerhalb der Stadt im Garten eines Eventlokals stattfand. Zu unserer Überraschung ist unter dem großen Partyzelt ist für 200 Personen sehr festlich gedeckt, krasse Fete für eine Taufe. Nebenan stehen zwei (!) Hüpfburgen für die Kinder (kurz vor Einbruch der Dunkelheit muss ich diese dann noch ausprobieren). Als Appetizer gibt es einen Fleischsaft, den ich dankend ablehnen muss. Alternativ gibt es zum Glück noch Schafskäse. Die Hauptspeise ist ein typisch mexikanisches Festtagsessen: Reis, Fleisch, Salsa und dazu werden Tortillas gereicht. Insgeheim freut sich jeder schon auf den „Pastel“ – den Kuchen. Auf den müssen wir noch bis zum Abend warten. In Mexiko verhalten sich Kaffeetrinken und Abendbrot umgekehrt zu deutschen Gewohnheiten: 15 Uhr gab es das Fleisch, um 20Uhr Kaffee und Kuchen. Am frühen Abend rückt eine circa 10-köpfige Band an, die man schon fast Blaskapelle nennen könnte. Blasmusik ist in Mexiko der absolute Hit. So lauschen wir zwei Stunden lang der ohrenbetäubenden Trompetenmusik, bei der man sich kaum mehr unterhalten kann. Da hilft es nicht, dass die Konversationen in Spanisch stattfinden. Wir können schon nach dem zweiten Lied keine „Melodie“ mehr unterscheiden, doch die Mexikaner rocken von Anfang an auf der Tanzfläche ab. Die Tanzfläche ist fast immer voll, auch schon bevor es Tequila gibt, schwer vorstellbar auf deutschen Familienfeiern. Die Mexikaner wissen wie man Feste feiert und so ist hier eine Taufe ein ausgewachsenes Fest, welches manche Hochzeitsfeier bei uns blass erscheinen lassen würde. Nur der Getaufte hat nicht viel davon, er ist so klein dass er noch nicht einmal laufen kann.
Am Sonntag fahren wir von Morelia nach Pátzcuaro, einem „Pueblo Magico“. Wer Mexiko besucht, sollte nach diesen „Pueblo Magicos“, was so viel bedeutet wie „magisches Dorf“ Ausschau halten. Diese Dörfer oder Kleinstädte zeichnen sich durch besonders schöne bzw. historisch bedeutungsvolle Gebäude uns Stätten aus. Sie sind im ganzen Land verteilt. Mit einem Boot fahren wir auf dem Lago de Pátzcuaro zur Insel Janitzio. Fischreiher säumen das noch natürliche Ufer, während wir auf die Insel zusteuern. Schon von weitem können wir die Fischerkanus sehen. Als wir näher kommen formieren sich die Fischer mit ihren Booten zu einem Kreis und präsentieren ihre traditionellen schmetterlingsförmigen Netze. Natürlich ist dies abgesprochen und nach der „Show“, der man sich vom Boot aus nicht entziehen kann, kommt einer der Fischer herüber und sammelt Geld ein. Die Schmetterlingsfischer gehören zur mexikanischen Kultur und sind auf der Rückseite des 50 Pesos Schein abgebildet. Heute sieht man sie allerdings nur noch als Touristenattraktion, fischen geht so niemand mehr. Die Insel ist eine Anhöhe in deren Mitte die Staute von José Maria Morelos thront, Denkmal eines Helden der mexikanischen Unabhängigkeit. Wir erklimmen die Statue und blicken auf den See und die Umgebung. Von hier können wir beobachten, wie sich die Fischer für das nächste Touristen-Boot bereit machen. Die Insel wirkt durch die aneinander gereihten Souvenirgeschäfte, mit fragwürdigen Gegenständen wie afrikanischen Masken (?) leider nicht sehr authentisch und wie eigens für den Tourismus erschaffen.
Zum Mittagessen wollen unsere Freunde eine ihrer Leibspeisen zu sich nehmen. Dafür fahren wir ins nahegelegene Quiroga, wo es die angeblich besten „Carnitas“ des Landes gibt. Es handelt sich hierbei um speziell gekochtes Schweinefleisch. Was für mich aussieht wie eine Mischung aus Fett, Haut und matschigem Fleisch, von deren Verzehr sogar Stephan absieht, ist für unsere mexikanischen Freunde ein Hochgenuss.
Am Abend machen wir wieder die Innenstadt von Morelia unsicher, schlendern durch die Gassen und essen Eis. Der 6. Januar, der Tag der Heiligen Drei Könige, der in Mexiko von größerer Bedeutung ist, steht vor der Tür. Entsprechend voll sind die Straßen und die Spielzeugwarenstände platzen aus allen Nähten.
Wir hatten ein sehr schönes Wochenende mit Sergio, Veronica und Laura. Wir haben viel gelacht und uns gegenseitig spanisch und deutsch beigebracht. Sie planen in zwei Jahren nach Deutschland zu kommen und wir hoffen, dass wir ihnen dann etwas von unserem Land zeigen können.
Posted in Mexiko by Ulli
Zurück in Mexiko-Stadt
27.12.2014-14.01.2015
Was wollen wir noch von Mexiko-Stadt sehen? Ein kurzer Blick ins Internet offenbart uns, das wir bei ausreichend Zeit einen Besuch von Teotihuacan nicht versäumen sollten.
50 km nordöstlich von D.F. liegt eine der bedeutendsten Ruinenstädte Mesoamerikas. Seit 200 v.Chr. wurde dieser Ort ungefähr tausend Jahre lang bewohnt und war mit bis zu 200.000 Einwohnern zu ihrer Glanzzeit ein dominierendes Zentrum und gilt als damals größte Stadt Amerikas. Wer die ursprünglichen Erbauer und Bewohner waren ist bis heute nicht geklärt. Die Azteken fanden die Stadt bereits verlassen vor.
Wir schlendern den 2,5km langen und 40m breiten Hauptweg entlang und lauschen dem Gebrüll der Jaguare. Das Fauchen, welches aus diesen Tonfiguren kommt, wenn man hineinbläst, wird zu allgegenwärtigem Geräusch. Jedes zweite Kind hat solch ein Ding. Die Verkäufer sind aufdringlich genug und nerven die Eltern wohl mehr als es die Kinder später mit ihren Jaguarfiguren können. Für uns wird es zum Dauerwitz und Roxana beweist uns das es auch mit den bloßen Händen geht. Da wir nun hier sind, können wir unmöglich nicht die 60m hohe Sonnenpyramide besteigen. Bei gefühlten 40 Grad im Schatten, den es aber hier leider nicht gibt, stellen wir uns an die Schlange, die sich vom Pyramidenboden über mehrere Windungen bis auf die Spitze zieht, an. Nach 45 Minuten haben wir schneller als erwartet (unter Auslassung einer Windung an der man sich theoretisch hätte anstellen müssen), die oberste Plattform erreicht. Nach dem obligatorischem Genuss der fantastischen Aussicht auf die Ruinenstadt und dem Schießen einiger Fotos begeben wir uns auf den 6-minütigen Abstieg.
Wieder versuchen wir uns vor dem inneren Auge vorzustellen was sich hier wohl vor 2000 Jahren abgespielt hat. Kurzzeitig gelingt es: Bauern verkaufen ihre Ernte, Töpfer stellen Tongefäße her, Tiere und Menschen laufen im Gedränge umher, bunt geschmückte Herrscher stehen auf den Pyramiden und sehen auf ihr Volk herab, auf den Tempel-Altären liegen die Reste der Blutopfer, … , nein manches will man sich doch nicht vorstellen. Man würde so gerne wissen wie es „wirklich“ ausgesehen hat und wird es doch nie erfahren. Das macht wohl die Faszination an solchen Orten aus. Sie sind da und begehbar, man stellt sich etwas vor, wird es aber nie bestätigt bekommen und so denkt sich der Geist immer neue Szenarien und Möglichkeiten aus. Man schaut sich immer mehr Relikte und Ausgrabungsgegenstände an, liest etwas darüber und fragt sich dann am Ende, warum es einen eigentlich interessiert, was irgendjemand am anderen Ende der Welt vor 2000 Jahren dort gemacht hat. Und trotzdem kann ich es kaum erwarten, später die Ruinen der Maya im Urwald von Guatemala zu sehen oder die der Inka in den Bergen von Peru.
Sylvester wird in Mexiko relativ unspektakulär gefeiert. Feuerwerk haben wir so gut wie keines gesehen. Wir verbringen den Abend mit Roxanas Familie, die ein großes Zusammentreffen geplant haben. Es gibt scharf gewürzte Tamales und später Garnelensuppe. Kurz nach 12 Uhr isst jeder seine 12 Weintrauben, von denen jede einen glücksbringenden Monat symbolisiert. Danach gratuliert jeder jedem mit einer Umarmung zum neuen Jahr, was in unserem Fall bei rund 40 Leuten einige Zeit in Anspruch nimmt.
Am das ersten Wochenende des Jahres fahren wir mit der Veronica, Sergio und Laura nach Morelia, doch dazu später mehr in einem anderen Beitrag.
Für den Abend des 8. Januar sind wir mit den Organisatoren des Projektes „amigos de los ninos“ verabredet, Venancio und Felipe. Bereits im Vorfeld unserer Reise standen wir mit „Der Stiftung für Helfer“ in Kontakt, die es Reisenden vereinfachen will, unterwegs an sozialen Projekten mitzuwirken beziehungsweise Spendengelder zu übergeben. Die „Amigos de los ninos“ sind eines dieser Projekte der weltweiten Datenbank, welches wir anfahren wollten. Im Verein werden Kinder aus sozial schwachen Familien unterstützt, damit sie am regulären Schulunterricht teilhaben können. Unsere aus Deutschland gesammelten Spenden investieren wir an diesem Abend in 11 neue Schulrucksäcke. Von dem Rest der 350€ kaufen Venancio und Felipe später Turnschuhe für die Kinder, da wir an diesem Abend die Größen noch nicht kennen. Einen ausführlicheren Bericht dazu gibt es hier.
Wir haben noch einen Tag, den wir gemeinsam mit Jorge und Roxana in der Stadt verbringen wollen, da wir aus Sightseeing-Sicht noch gar nicht viel von D.F. gesehen haben. Das Nationalmuseum für Anthropologie ist für seine umfangreiche Dauerausstellung über die indigenen Völker Mexikos bekannt und erscheint uns daher als guter Ausgangspunkt. Wir lernen einige erstaunliche Fakten über die Maya und Azteken (welche sich selbst als Mexica bezeichneten). Zuvor hatte ich zumindest noch nicht gewusst, dass die Maya ihre Schädel seit dem frühkindlichen Alter mit Hilfe von Holzklemmen zu einer konischen Form zwangen. Das „Juego de pelota mesoamericano“ war ein viel gespieltes Ballspiel, welches sowohl Sportveranstaltung als auch Ritual war. Nur durch Berührung mit Hüfte oder Oberarm musste versucht werden, einen Ball durch Zielringe oder an Markiersteine zu spielen. Der Ball war sehr schwer und hart, sodass gelegentlich Spieler an einer gebrochenen Hüfte oder anderen Verletzungen gestorben sind. Das Spiel wird auch oft mit Menschenopfern in Verbindung gebracht. Aus verschiedenen Quellen haben wir gehört das Verlierer oder Gewinner geopfert wurden, wobei es im zweiten Fall eine Ehre war. Mehr als 1000 solcher Ballspielplätze wurden bei den alten Ruinenstädten identifiziert. Ebenso sehen wir Opfersteine der Mexica (Azteken), auf denen Kinder im Alter von 6-7 Jahren geopfert wurden, um die Götter um Regen zu bitten. Kinder, die viel weinen, bringen nach der Opferung das Wasser vom Himmel.
Hier noch eine kurze Geschichte: Inmitten eines Sees im Tal von Mexiko, sahen die aztekischen Ankömmlinge einen Adler der auf einem Kaktus sitzend eine Schlange verschlingt. Dies sahen die Azteken als göttliches Zeichen und gründeten an dieser Stelle ihre Hauptstadt Tenochtitlán. Die Stadt wurde auf mehreren Inseln dieses Sees mit Dammwegen zum Festland hin erbaut. Heute befindet sich hier Mexiko-Stadt, den See gibt es bis auf kleine Überreste nicht mehr, da er von den Spaniern trocken gelegt wurde. Der Adler und die Schlange auf dem Kaktus bilden heute das Nationalwappen und finden sich auf der mexikanischen Nationalflagge wieder.
Im Anschluss an den Museumsbesuch schlendern wir zum Schloss Chapultepec und weiter durch die Stadt. Das Denkmal El Angel de la Independencia erinnert uns sofort an die Siegessäule in Berlin. Die umliegenden Hochhäuser in ihren Glasfassaden lassen das Stadtzentrum sehr modern erscheinen. Im Restaurantviertel gönnen wir uns einen amerikanischen Burger bevor wir zum Monumento Revolucion Mexicana weiter laufen. Man kann mit einem Fahrstuhl auf die Plattform unter der 67m hohem Kuppel fahren. Im Rundgang haben wir einen Blick nach allen Seiten auf die Stadt. Wir warten hier den Sonnenuntergang ab, auch wenn der kühle Wind uns hier oben zu schaffen macht.
Unsere letzenTage in D.F. verbringen wir mit Blog schreiben, Emails beantworten, einigen organisatorischen Dingen, Essen kochen, Motorölwechsel und verlieren uns ab und an im Internet. Das Internet hat natürlich auf solch einer Reise viele Vorteile, doch manchmal denke ich mir, dass ich ja meine Zeit eigentlich mit Reisen und nicht mehr mit dem Computer verschwenden wollte. Ansonsten geben wir bei Jorges Schwester Laura noch einen Vanillekipferl-Backkurs und lernen später im Gegenzug Salsa zu kochen (grüne Salsa besteht aus grünen Tomaten und grünem Chili, rote Salsa aus roten Tomaten und rotem Chili). Außerdem waren wir mit unseren Freunden im Kino, beim Billard spielen, haben Schokoladenfondue gemacht, waren Essen gehen usw., eben ganz normale Dinge, nur im „Mexican Style“. Nicht zu vergessen die abendliche Gesprächsrunde beim Tee, bei denen alle möglichen Gesprächsthemen aufkommen, wie zum Beispiel Bräuche in Deutschland. Besonders amüsant für Jorge und Roxana waren dabei das Maibaum stellen zum 1. Mai, Zuckertüten zum Schulanfang und der Männertag an Christi Himmelfahrt. Zur Geburtstagsfeier von Veronica sehen wir nochmal alle wieder und können mit unserem selbstgebackenen russischen Zupfkuchen eine kleine Freude bereiten.
Unsere Zeit in Mexiko-Stadt neigt sich nun dem Ende zu. Die Stadt hat besonders unseren Seh-, Riech- und Hörsinn gefordert, daher folgt hier nur eine kurze Zusammenfassung. Die Stadt ist so vielfältig, das man sie schwer beschreiben kann, am besten man hat sie selbst erlebt. Für das Auge gab es solch eine Vielfalt, das einem schon schlecht werden konnte: Moderne, verglaste Hochhäuser stehen im Kontrast zu heruntergekommenen Slums und Wellblechhütten. Monumente in Form von Statuen und Plattenbauten erinnern mich an Fotos aus der ehemaligen Sowjetunion. Archäologische Ausgrabungsstätten, Kirchen und Kathedralen, hübsche Plazas und Parks (z.B. Coyoacan), Bars, Clubs, Museen und Schlösser sind die Anziehungsmagnete für Touristen. Einzeln aneinandergereihte Geschäfte, kleine Verkaufsstände, Krimskramsläden, unglaublich viele Essbuden und Snack-Kioske aber auch schicke Einkaufsmalls sorgen für belebte Straßen. Werkstätten, einfache Hand-Autowaschanlagen und Bretterbuden aller Art formen ebenfalls das Stadtbild.
Sowohl kleine verschlafene Gassen als auch zwölfspurige oder mehr-etagige Straßen bilden das Verkehrsnetz. Ein Metrobus- und U-Bahnnetz sorgt für schnelle und relativ preiswerte Mobilität innerhalb der Stadt. Die Straßen werden befahren von ganz normalen Klein-, Mittel- und Oberklasse- Fahrzeugen, welche auch in Europa oder den USA zu finden sind, einigen Autos die scheinbar dem Schrottplatz entkommen sind, überdurchschnittlich viel gepanzerten Pickups, Taxis, unendlich vielen Bussen verschiedener Größen und vielen Roller- und Motorradfahrern ohne Helm. Straßenhindernisse sind unter anderem ungesicherte Baustellen, fehlende Gullideckel, vereinzelt liegengelassen Fahrzeuge, streunende Hunde, Händler auf Rädern oder einfach nur Stau. Offen herumliegender Müll jeglicher Art, selbstgemalte Werbeschilder, Plakate, Wand- und Bodenmalereien sowie Graffitis, welche die Kritik des Volkes an der Regierung zum Ausdruck bringen, runden das Stadtbild ab. So verschieden wie das äußere der Stadt sind auch die Menschen in dem unendlich großen Gewusel. Frauen tragen ihre Kinder in Decken gewickelt auf dem Arm (man sieht hier kaum Kinderwagen), Schuheputzer , Straßenkünstler an Ampeln, U-Bahnverkäufer (illegal), Geschäftsleute, Schulkinder, Studenten, Bauarbeiter, Bettler, Mariachis, Verkäufer aller Art und meistens ganz normale Leute… .
Für die Ohren sind besonders die Autos mit auf dem Dach angebrachten Lautsprechern auffällig, welche mit Melodien und Bandansagen auf ihre Ware (z.B. Wasser, Brot, Gasflaschen) auf sich aufmerksam machen. Wer keinen Lautsprecher hat schreit einfach seine Botschaft in die Gegend.
Die Nase hat mit Smog und Staub zu kämpfen. Aufgrund der Höhenlage von circa 2200m und dem ständigen Smog welcher die Stadt umhüllt, war uns öfter etwas schummrig. Der süße Duft von Churros ist verlockend, Fahrräder mit dampfenden Töpfen (Tamales usw.) fahren an uns vorbei. Die zahlreichen Comedores (Essbuden) verbreiten den Geruch von Fleisch, Tortilla und Salsa. Tote Hunde am Straßenrand, Müllberge und stinkende Gossen sind dann die weniger erfreulichen Geruchsquellen.
Die Liste an Eindrücken ließe sich unendlich fortsetzen und auch die Fotos können diese Welt nicht annähernd wiedergeben. Am besten man erlebt die Stadt selbst mit allen Sinnen.
Mit Unterbrechung durch die Ausflüge nach Oaxaca und Morelia, machen wir uns einen Monat nach unserer Ankunft in D.F. auf den Weg zu unserem nächsten Zwischenziel Puebla.
Ein großes Dankeschön an Jorge und Roxana und ihre Familien für diese einzigartige Zeit. Es hat uns großen Spaß gemacht mit Euch!
Posted in Mexiko by Ulli